1066 Prozent besser! Wer und was hinter dem neuen Geheimnis des HSV steckt

1066 Prozent besser! Wer und was hinter dem neuen Geheimnis des HSV steckt

Er ist einer der wenigen HSV-Profis, die nichts mit der neuen Offensivwaffe zu tun haben. Umso begeisterter war Matheo Raab nach dem 2:2 in Kaiserslautern, denn der Keeper hatte beobachtet: „Unsere Standards waren brutal.“ Aber wieso? Weshalb müssen die Gegner plötzlich zittern, wenn Miro Muheim zur Ecke antritt? Und weshalb war das unter Ex-Trainer Tim Walter noch ganz anders? Das Erfolgsrezept fußt auf Tricks, Namen und Zahlen – und ist sogar neben der HSV-Umkleide zu finden.

Der Kabinentrakt im Inneren des Volksparkstadions. Dort, wo die HSV-Profis so geschützt sind wie nirgendwo, gibt es eine Wand, an der es nur um Standards geht. Wenn Eckbälle oder Freistöße zu Toren führen, kommen Fotos dieser Spielszenen an diese Wand. Wieso? Erstens, um Anreize dafür zu schaffen, das Bildermeer weiter wachsen zu lassen.

HSV-Profis befassen sich täglich mit Ecken und Standards

Und zweitens? Das Zauberwort: Visualisierung. Zumal es neben der HSV-Kabine zwei weitere Gegenstände gibt. Auf einem großen Whiteboard sind diverse Standardsituationen aufgezeichnet – und auf einem Fernseher laufen permanent Videos von eigenen Ecken aus dem letzten Spiel, von Freistößen des nächsten Gegners oder von Standardübungen aus dem Training. Das Zauberwort hier: Vergegenwärtigung. Die Profis beschäftigen sich täglich mit der neuen Stärke, beim Vorbeilaufen selbst vor und nach dem Training, ganz automatisch – und mit Erfolg.


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In der neuen Saison haben die bisher 37 Eckbälle des HSV schon zu drei Zweitliga-Toren geführt. Das macht eine Erfolgswahrscheinlichkeit von 8,1 Prozent pro Ecke. Zum Vergleich: Bis zu Tim Walters Aus nach 21 Spieltagen hatte der HSV in der Vorsaison 132 Ecken zugesprochen bekommen – aber nur eine einzige endete in einem eigenen Tor. Die Erfolgswahrscheinlichkeit damals: mickrige 0,76 Prozent. Das bedeutet eine Steigerung um stolze 1066 Prozent.

Unter Ex-Co-Trainer Filip Tapalovic, Walters Standard-Experte, hieß die Vorgabe in der Vergangenheit meist, die Ecken kurz auszuführen, um dann in einen Zielraum hinein zu flanken. Jetzt, da erkannt wurde, nach Standards viel besser sein zu können, ja zu müssen, ist Merlin Polzin der HSV-Chef dieser Disziplin. Und der Assistent, der unter Walter noch als Analytiker innerhalb des Trainerteams galt, erhält Steffen Baumgarts volles Vertrauen. Polzin genießt Freiheiten in der Ausarbeitung, entwickelt völlig neue Standard-Ideen, die schon während des Sommer-Trainingslagers im Salzburger Land intensiv einstudiert worden sind, und er ist offen für die Einfälle der HSV-Profis.

Unter Polzin: HSV hat jetzt klare Zuteilungen bei Eckbällen

Der entscheidende Punkt: Alle Profis wissen inzwischen, was passiert, wenn der Schütze – vor allem Muheim – nach kurzer Absprache zum ruhenden Ball antritt. Es gibt klare Zuteilungen, wer bei welcher Variante möglicher Zielspieler ist, wer den Ball vielleicht verlängern soll, wer absichert oder wer Gegenspieler freiblockt. Ein Beispiel: Vor dem 1:2-Anschlusstreffer von Robert Glatzel in Kaiserslautern positionierte sich Ransford Königsdörffer direkt vor FCK-Keeper Julian Krahl, störte ihn so entscheidend und ganz bewusst. Das Resultat: ein Tor nach einer Ecke.

Hat viele neue Facetten in das Standard-Training unter Steffen Baumgart im Volkspark eingebracht: Co-Trainer Merlin Polzin
WITTERS

Hat viele neue Facetten in das Standard-Training unter Steffen Baumgart im Volkspark eingebracht: Co-Trainer Merlin Polzin

Wenn der HSV unter der Woche mal eine nicht-öffentliche Trainingseinheit im Stadion absolviert, soll es dabei hin und wieder auch, aber nicht exklusiv ums Einüben der Standards fürs kommende Spiel gehen. Vielmehr stehen bei diesen Einheiten in der Regel taktische Aspekte wie das Anlaufverhalten beim Pressing im Fokus.

HSV-Trainer schauen sich Standards von anderen Teams an

Nach MOPO-Informationen schauen sich die HSV-Trainer allerdings nach jedem Spieltag Standards aus den Top- und auch unteren Ligen an, um Inspirationen zu sammeln. Dann geht’s nicht ums Eins-zu-eins-Kopieren, sondern darum, die Varianten zielgenau anzupassen auf die jeweiligen Gegner und die Stärken der HSV-Profis. Hinzu kommt: Hinter Muheim gibt der Kader inzwischen weitere Standardschützen her. Etwa Jean-Luc Dompé oder Marco Richter.

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Oder Immanuel Pherai, dessen direkter Freistoß am 2. Spieltag gegen die Hertha (1:1) an der Latte landete. Oder Adam Karabec, der beim 7:1 in Meppen eine Ecke trat, die ein Tor hervorbrachte. Inklusive dieser DFB-Pokal-Partie hat der HSV in sieben Pflichtspielen der neuen Saison schon siebenmal mithilfe einer Ecke oder eines (direkten) Freistoßes geknipst. Was nicht zu unterschätzen ist: Diese Erfolgsausbeute macht etwas mit der Psyche des Gegners. Und sie soll zum neuen Standard werden, damit es im Kabinentrakt voller Bilder künftig noch bunter wird.

1066 Prozent besser! Wer und was hinter dem neuen Geheimnis des HSV steckt wurde gefunden bei mopo.de

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