Abgehängte Stadtteile: Ewiges Warten auf die S-Bahn – und jetzt stocken die Bus-Pläne

Abgehängte Stadtteile: Ewiges Warten auf die S-Bahn – und jetzt stocken die Bus-Pläne

Seit mehr als 50 Jahren warten die Menschen in Osdorf und Lurup schon auf eine Bahn-Anbindung. Vor dem Jahr 2040 wird die auch nicht kommen – und selbst das ist sehr optimistisch gerechnet. Als Alternative untersucht die Verkehrsbehörde deshalb bereits seit eineinhalb Jahren ein sogenanntes Hochleistungs-Bussystem nach französischem Vorbild. Doch auch da scheinen die Pläne ins Stocken zu geraten.

Die Hamburger Express-Bus Linie X3, die von Schenefeld über Lurup bis in die City zur U-Bahnstation Meßberg fährt ist eine praktische Verbindung – auf der Luruper Chaussee kommen die Fahrzeuge bei dichtem Verkehr allerdings nur sehr langsam voran.

Was ist überhaupt ein Hochleistungs-Bussystem?

Deshalb lässt die Verkehrsbehörde schon seit September 2022 ein Hochleistungs-Bussystem von Schenefeld aus über die Strecke Luruper Hauptstraße, Luruper Chaussee, Bahrenfelder Chaussee und Stresemannstraße bis nach St. Pauli untersuchen. Dieses System orientiert sich am „Bus à haut niveau de service“ (BHNS) – oder auf deutsch: „Bus von hoher Servicequalität“ – und ist in französischen Städten wie Metz oder Cannes bereits seit Jahren Realität.


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Das eindrucksvollste Beispiel ist der Boulevard Carnot in Cannes, der bis 2009 eine reguläre vierspurige Straße war. Dann entschied sich die Stadt, den Autofahrern auf jeder Seite eine Spur wegzunehmen, und diese in der Mitte in Bus-Fahrstreifen umzuwandeln. Diese sind sowohl farblich als auch baulich von den Autos getrennt. Laut französischen Medien wurde dadurch nicht nur die Fahrtzeit der Busse reduziert, seitdem seien auch viel mehr Fahrgäste damit unterwegs.

Google-Maps Bilder von April 2023: Die Boulevard Carnot in Cannes hat zwei Fahrspuren in der Mitte – nur für den Busverkehr.
Screenshot Google Maps

Google-Maps Bilder von April 2023: Die Boulevard Carnot in Cannes hat zwei Fahrspuren in der Mitte – nur für den Busverkehr.

Eigentlich, so kündigte es ein Behörden-Sprecher gegenüber der MOPO im vergangenen September an, sollte das Ergebnis der Studie bis Ende 2023 vorliegen. Eine Antwort des Senats auf die Anfrage von Linken-Politikerin Heike Sudmann zeigt jetzt allerdings: Das ist auch Ende Mai 2024 immer noch nicht der Fall. Sprecher Dennis Krämer geht auf MOPO-Anfrage inzwischen von Oktober bis Dezember in diesem Jahr aus.

Studie zu Hochleistungs-Bussystem für Lurup immer noch nicht fertig

Dazu kommt noch eine weitere schlechte Nachricht für die Luruper und Osdorfer: Selbst wenn die Studie grünes Licht für ein solches Bussystem geben sollte – es könnte auf sich warten lassen: Laut Sudmann kündigte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) im Verkehrsausschuss an, dass die Bauzeit dafür zehn bis 15 Jahre betragen könnte. Das ist deutlich länger als bei den französischen Vorbildern. Nach MOPO-Informationen handelt es sich dabei um eine erste Prognose des Planungsbüros. Da es sich um eine vielgenutzte und dicht bebaute Straße handelt, ist für einen kompletten Umbau dementsprechend Zeit eingeplant worden. Einen konkreteren Zeithorizont wird es erst bei Vorstellung der Studie geben.

S6 für Hamburger Westen auch noch in weiter Ferne

In weiter Ferne bleibt auch weiterhin die geplante S-Bahn-Linie S6, die aus dem Hamburger Süden kommend einmal Lurup und Osdorf ans Schienennetz anbinden soll. 120 Millionen Euro will die Stadt dafür in die weitere Planung investieren, kündigte Tjarks kürzlich an. Allerdings: Der Linie steht auch noch ein riesiger Tunnel mit dem sperrigen Namen „Verbindungsbahnentlastungstunnel“ (VET) im Weg. Dieser soll die S-Bahnen vom Hauptbahnhof über Dammtor mit dem zukünftigen Fernbahnhof Altona am Diebsteich verbinden – ein Milliardenprojekt, das noch in der Anfangsphase der Gutachten steckt.

Im Sommer 2023 baute das Künstlerkollektiv „Baltic Raw Org“ ein U-/S-Bahn-Mahnmal in Osdorf. Es steht symbolisch für die seit Jahrzehnten versprochene Schienenanbindung.
Florian Quandt

Im Sommer 2023 baute das Künstlerkollektiv „Baltic Raw Org“ ein U-/S-Bahn-Mahnmal in Osdorf. Es steht symbolisch für die seit Jahrzehnten versprochene Schienenanbindung.

Die S6 kann laut den Planungen allerdings nicht vor Inbetriebnahme dieses Tunnels fahren. Bevor wiederum der VET gebuddelt werden kann, muss erst einmal der neue Fernbahnhof Altona fertig werden, der sich wohl auch weiter verzögert. Einen genauen Zeitpunkt, ab wann die S6 fahren könnte, wollte die Behörde zuletzt nicht nennen. Klar ist aber: Vor Anfang bis Mitte der 40er Jahre wird auch das nicht der Fall sein. Heißt für Lurup und Osdorf also: Mindestens weitere 20 Jahre warten.

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