Ein Laster voller Koks: Hamburgs 100-Millionen-Schlag gegen Drogenkartelle

Ein Laster voller Koks: Hamburgs 100-Millionen-Schlag gegen Drogenkartelle

Im Hamburger Stadtteil Rothenburgsort wird am Mittwoch ein Lkw voller Drogen gestoppt – nun gibt die Polizei weitere Details bekannt: Demnach hatten Verbrecher 2,1 Tonnen Kokain in Bananenkisten versteckt, die Sicherheitsbehörden sollten ausgetrickst werden – doch die Ermittler waren der Bande da schon längst auf der Spur.

Im Juni kam im neuen Sicherheitszentrum im Hafen der Hinweis an: In einem Ermittlungsverfahren im Ausland war die Polizei gegen mehrere Verdächtige vorgegangen. Dabei verdichteten sich Erkenntnisse, dass es eine Verbindung in den Hamburger Hafen geben könnte: Abnehmer, die hier die Drogen weiter ins europäische Ausland verteilen sollen.

Tatsächlich sammelten die Ermittler der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift (GER) – ein Schulterschluss zwischen Drogenfahndern vom Zoll und der Polizei – weitere Erkenntnisse, die zu einer Hamburger Gruppierung führten. Mehrere Männer sollten arbeitsteilig die Einfuhr von Kokain im Hafen organisieren und ausführen.

Drogenschmuggel in Hamburg: Hafenarbeiter vereinfachen Planung

Mitentscheidend waren dabei die Rollen von drei Verdächtigen: ein Lkw-Fahrer, der Chef des Fahrers und der junge Mitarbeiter einer Spedition. Sie sollen es der Gruppe möglich gemacht haben, an sensible Informationen zu gelangen, die die Planung vereinfachten.

So soll der Fahrer den Kühlcontainer aus Ecuador aus dem Hafen geschafft und nach Rothenburgsort gefahren haben. Zuvor habe er laut Angaben der Polizei, der Staatsanwaltschaft und des Zolls das Buchungssystem für alle ausgehenden Fahrten aus dem Hafen genutzt und eine Fahrt storniert, um sich Zeit zu verschaffen. Die er auch brauchte, denn eigentlich sollte der Container nach der gängigen Risikoanalyse in der Prüfanlage kontrolliert werden. Doch statt nach Waltershof fuhr der Mann den Lkw vom Terminal Altenwerder in die Straße Mühlenhagen in Rothenburgsort.

Der Lkw wird von einer Spezialeinheit durchsucht.
Sebastian Peters

Der Lkw wird von einer Spezialeinheit durchsucht.

Was der Mann nicht wusste: Die Ermittler hatten ihn bereits im Visier, verfolgten ihn. Und stellten schließlich ihn und neun weitere Männer in der Lagerhalle. Dort war die Gruppe gerade dabei, das Kokain – in Folie gehüllt und mit Stickern (leicht bekleidete Frauen, „CR7“- und „Audi“-Schriftzügen) beklebt – umzulagern.

Dafür hatten sie bereits genau die passende Menge Bananen bereit, um das durch die entnommenen Drogen fehlende Gewicht auszugleichen. Damit, so der Plan, wären sie in der Prüfanlage nicht aufgefallen, weil im Container nur Bananen gelegen wären.

Die Drogen waren in Folie verpackt und teilweise mit Stickern versehen.
RUEGA

Die Drogen waren in Folie verpackt und teilweise mit Stickern versehen.

Die zehn Tatverdächtigen wurden festgenommen, ihre Wohnungen noch in der Nacht durchsucht. Dabei fanden Ermittler 45.000 Euro, Munition und eine scharfe Waffe, aber keine Drogen.

Am Donnerstag und Freitag gab es weitere Aktionen, bei denen zwei weitere Verdächtige ermittelt wurden. Zehn der zwölf Verdächtigen befinden sich mittlerweile in U-Haft. Zwei Männer kamen vorzeitig frei; sie sollen den Laster auf der Fahrt nach Rothenburgsort begleitet haben.

Kokain-Schmuggel in Hamburg: Spielt Mansour Ismail eine Rolle?

Ob die Bande zum derzeit gesuchten Hamburger Drogenboss Mansour Ismail gehört beziehungsweise ob dieser in irgendeiner Form beteiligt ist, ist unbekannt. Man wolle nun sichergestellte Beweise auswerten, sagte Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich. „Die Ermittlungen sind am Anfang und dauern an. Tiefergehende Fragen werden derzeit nicht beantwortet.“

Für Innensenator Andy Grote (SPD) ist mit dem Einsatz ein „relevanter, schmerzhafter Schlag gegen die organisierte Drogemkriminalität gelungen“. Man müsse sich nur mal vorstellen, dass im ganzen Jahr 2018 insgesamt 2,6 Tonnen sichergestellt worden sind, sagte er auf einer Pressekonferenz. Auch LKA-Chef Jan Hieber sprach von einer „Koks-Schwemme“ und von einem offensichtlich „noch nicht völlig gesättigten“ europäischen Markt, der beliefert werde.

Wünsche der Kunden haben sich verändert

Auch die Anforderungen änderten sich: So wollten viele Kunden heutzutage nur noch reines Kokain beziehen, dafür hätten sie bestimmte Dealer, zu denen sie Kontakt hätten. Daher sei es auch schwierig, den Gesamtwert der nun sichergestellten Drogen zu beziffern, da die Drogen, anders wie früher, oftmals nicht mal mehr gestreckt würde. „Mit über 100 Millionen sind wir auf der sicheren Seite“, so Hieber.

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Auch er betonte die Wichtigkeit des neuen Sicherheitszentrums im Hafen: Man müsse unbedingt verhindern, dass sich Verhältnisse wie in den Niederlanden und Belgien verfestigen, wo organisierte Strukturen zur Bedrohung der Gesellschaft werden. Dort sind südamerikanische Kartelle auch am Handel auf den Straßen beteiligt und agieren mit erbarmungsloser Gewalt. Neben Kriminellen, die direkt am Handel beteiligt waren, sind auch Politiker und Journalisten bereits hingerichtet worden.

Drogenhandel in Hamburg: Grotes Warnung

Grote kündigte an, weiter daran arbeiten zu wollen, den Druck auf die Täter zu erhöhen, vor allem auf die sogenannten Innentäter, die im Hafen arbeiten und von Drogenbanden angeworben, teils auch bedroht werden. „Es wird ungemütlicher für die organisierte Kriminalität, das Pflaster schlechter, die Zäune höher.“ Dann richtet er das Wort an die Verbrecher direkt: „Das Risiko, aufzufliegen, steigt stetig. Am besten, Sie werden erst nicht zum Täter.“

Ein Laster voller Koks: Hamburgs 100-Millionen-Schlag gegen Drogenkartelle wurde gefunden bei mopo.de

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