Die Vegan-Kolumne: „Heute schäme ich mich“

Die Vegan-Kolumne: „Heute schäme ich mich“

Fleischalternativen gibt’s so viele, dass Verbraucher den Überblick verlieren können. Und was ist mit Fisch? Den pflanzlich nachzuahmen, klappt bei veganen Fischstäbchen – wer aber Ersatz für Seezunge, Brathering oder Krabben sucht, wird bisher enttäuscht. Das mit dem fehlenden Fischgeschmack könnte sich aber bald ändern.

Pflanzliche Garnelen aus Weizen oder Reis, Vischfilet (ja, oft mit „V“ wie vegan) im Backteig, Lachsfilet, Sashimi, Fischburger aus Erbsenprotein. Vieles aus dem Meer hat eine pflanzliche „Schwester“ bekommen. Nicht alles ist gut, sage ich als leidenschaftlicher Ex-Fischesser.

Besonders panierte Fischalternativen sind beliebt, vorneweg Fischstäbchen. Bei Frosta aus Schwarzwurzel, Bohne und Blumenkohl, Iglo macht sie aus Reis und Vivera aus Weizenprotein. Allen gemein ist die schmackhafte Panade – und leider wenig bis gar kein Fischgeschmack.

Umsatz mit veganen Fischalternativen seit 2020 vervierfacht

Die meisten Räucherlachs-Alternativen bestehen – zugespitzt – aus gehärtetem Wasser, Aroma, ein bisschen Algengeschmack oder Ähnlichem. Das mag Leuten schmecken, mir kommt es nicht aufs Brötchen. Eine Alternative, die sich abhebt, kommt aus dem Osten der Republik: Möhrenlachs mit Leinöl, Algen und Dill (etwa bei herbasch.de). Der wird kaltgeräuchert und ist ziemlich lecker.

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Der Umsatz mit veganen Fischalternativen im deutschen Einzelhandel lag 2022 bei 38,7 Millionen Euro – „und hat sich seit 2020 vervierfacht“, sagt Mirjam Schmitt von „Veganuary“, die mit der FishWeek Tipps und Rezepte für eine maritime Pflanzenküche bieten. Schmitt: „Zum Vergleich: Mit pflanzlichen Fleischalternativen wurden 2022 Umsätze in Höhe von 643 Millionen erzielt.“

„Heute schäme ich mich“

Das mit dem fehlenden Fischgeschmack könnte sich bald ändern – zentrale Rolle spielen dabei Algen, ein Superfood, an dem kräftig geforscht wird. Veganen Kaviar aus Algen gibt es schon. Algen finden sich auch in einigen Sorten von pflanzlichem Thunfisch, etwa bei Bettafish. Mirja Schmitt ist sicher: Die Produktentwicklungen von Fischalternativen werden genauso rasant steigen wie die von Pflanzen-Fleisch. Irgendwann gibt’s vielleicht auch eine vegane Scholle. Wer weiß.

Fischstäbchen gibt es mittlerweile auch als vegane Variante.
picture alliance/dpa/iglo Deutschland | iglo Deutschland

Fischstäbchen gibt es mittlerweile auch als vegane Variante.

Das würde mir Kindheitserinnerungen zurückbringen. Als Jugendlicher war ich oft mit meinem Vater an der Eider in Dithmarschen angeln – ein dunkles Kapitel. Hecht, Zander, Aal holten wir da raus. Der Todeskampf an der Angelschnur dauerte oft ewig. Am Ende gab es einen Schlag mit dem Knüppel auf den Kopf. Heute schäme ich mich.

Fischindustrie: Ein unterschätzter Treiber der Klimakrise?

Wissenschaftler haben längst festgestellt, dass auch Fische Schmerzrezeptoren haben, wohl auch Schmerzen empfinden. Das sollte Konsequenzen haben – Fische müssten durch das Tierschutzgesetz geschützt werden. Dass das nicht zu erwarten ist, zeigt die von der Ampel beschlossene Novellierung des Gesetzes. Der grüne Agrarminister Cem Özdemir hat es nicht einmal geschafft, die grauenvolle Anbindehaltung von Milchkühen schnell und vollständig zu verbieten. Was können da Fische erwarten?

Riesige Fabrikschiffe plündern die Meere, viele Arten sind überfischt, gigantischer Beifang, zerstörte Meeresböden – die marinen Ökosysteme sind in größter Gefahr. Und wer glaubt, dass Aquakulturen irgendwie besser wären, der irrt. Sie sind nichts anderes als gigantische Massentierhaltung unter Wasser. Die Speisefische werden oft mit Futter aus ihren Artgenossen gemästet. Mirjam Schmitt von „Veganuary“ hat noch ein Argument: „Die Fischindustrie ist ein stark unterschätzter Treiber der Klimakrise.“

Die Vegan-Kolumne: „Heute schäme ich mich“ wurde gefunden bei mopo.de

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