Hamburgs neues Wahrzeichen, der Grüne Bunker an der Feldstraße, macht Rollstuhlfahrern Kummer: Zunächst konnten sie nur mit Mühe und Bitten den Dachgarten erreichen, inzwischen dürfen sie unter Security-Begleitung einen Hotelfahrstuhl nutzen. Dabei hat sich Investor Thomas Matzen vertraglich verpflichtet, einen Aufzug für die Allgemeinheit bis in den Dachgarten zu bauen. Die Stadt ist sauer, die Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Behinderten spricht von einem „Riesen-Ärgernis“. Auch die Öffnungszeiten sind kürzer als im Vertrag festgeschrieben.
Ein öffentlicher Dachgarten als Gratis-Attraktion für alle Hamburger, das war die Vorgabe der Stadt für die Erlaubnis, dass der Investor auf den mächtigen Weltkriegsbunker ein Hotel und Veranstaltungsräume bauen darf. Im Paragraph 4 des städtebaulichen Vertrages von 2017 steht: „Die Matzen KG verpflichtet sich, die Parkanlage auf Level 6 einschließlich der Zuwegungen, dazu gehören die Rampe, der Bunkerkragen, der Aufzug und der Bergpfad, der Allgemeinheit unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.“
Investor verweist auf Baugenehmigung
Rampe und Bergpfad gibt es, aber keinen Aufzug. Warum? Frank Schulze, der für Investor Matzen die PR-Arbeit macht, pocht auf MOPO-Nachfrage auf die Baugenehmigung: „Der Aufzug fährt bis Level 0, wie es die Baugenehmigung vorgibt. Nicht in den Stadtgarten. Weiter hoch bis zum Stadtgarten bedarf es Hilfe vom Servicepersonal, ebenso auf dem Weg zurück nach unten.“ Level 0 ist das Dach des alten Bunkers. Der Stadtgarten ist Level 6. „Freiwillig leisten wir alles, was im Rahmen des technisch Machbaren möglich ist“, lobt sich der Sprecher des Investors, als gäbe es keine Verpflichtung gegenüber der Stadt.
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Auch die Öffnungszeiten entsprechen nicht dem städtebaulichen Vertrag. Dort hat der Investor unterschrieben: Öffnungszeiten im Sommer von 7 bis 23 Uhr. Tatsächlich ist der Dachgarten derzeit nur von 9 bis 21 Uhr geöffnet – vier Stunden weniger.
Bunker an der Feldstraße: Kein Aufzug bis aufs Dach
Kann der Investor sich beim Thema Aufzug alleine auf die Baugenehmigung zurückziehen? Die Sprecherin des Bezirks Mitte zeigt klare Kante: „Der städtebauliche Vertrag ist bindend. Darüber hinaus hat das Bezirksamt zu Beginn der Woche nochmal auf die Pflicht zur Barrierefreiheit hingewiesen.“
Für Ulrike Kloiber, Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, ist der Zustand am Bunker ein „wahnsinniges Ärgernis“: „Es gibt einen städtebaulichen Vertrag, in dem steht, dass die Zuwegung zur Parkanlage auf dem Dach der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen ist – und zur Allgemeinheit zählen selbstverständlich auch Menschen mit Behinderungen.“ In der Drucksache, in der der Senat die Bürgerschaft im Mai 2017 über die Bunker-Pläne informiert hat, ist ebenfalls festgeschrieben, dass die Grünanlage auf dem Dach barrierefrei wird.
SKBM / privat
Ulrike Kloiber, Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen
Klaus Wicher, Hamburger Vorsitzender Sozialverband SoVD zeigt sich „ehrlich verärgert“: „Offensichtlich war die Frage nach Barrierefreiheit beim Umbau nicht besonders wichtig oder vertraglich verbindlich vereinbart. Dass jetzt an so prominenter Stelle ein Teil der Hamburger:innen ausgeschlossen ist, ist ganz klar ein Rückschritt und für die Betroffenen ein Schlag ins Gesicht“.
Rollstuhlfahrer können derzeit mit einem Lift bis auf das Dach des alten Bunkers („Level 0“) fahren, aber um auf den Dachgarten auf dem Neubau („Level 6“) zu gelangen, mussten sie nach der Eröffnung auf die gute Laune der Security hoffen, die ihnen vielleicht erlaubte, für die weitere Reise nach oben den Hotel-Fahrstuhl zu nutzen. Inzwischen sollen Rollstuhlfahrer begleitet von der Security nach oben kommen.
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Anita Engels vom Verein Hilldegarden hört weiterhin Klagen: „Uns erreichen immer wieder Meldungen von Menschen, die nicht in den Fahrstuhl gelassen wurden.“ Etwa eine Besucherin, die an Herzschwäche leidet und erfuhr, dass sie nicht mitfahren dürfe: „Als Begründung wurde ihr genannt, dass man für den Fahrstuhl im Rollstuhl sitzen müsse, einen Behindertenausweis vorzeigen oder über 80 Jahre alt sein müsse.“ Es ist nicht der erste Ärger für den Investor: Auch die versprochene Gedenkstätte für die Weltkriegsvergangenheit des Bunkers ist noch nicht fertig. Auch hier weist der Sprecher des Investors jede Verantwortung von sich.
Grüner Bunker: Zoff um Zugang für Rollstuhlfahrer wurde gefunden bei mopo.de