Kokain für 800 Euro pro Woche! Philipp (34) kokste sogar vor der Arbeit

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32 Tonnen Kokain haben die Fahnder im Hafen im vergangenen Jahr entdeckt. Ein Rekord-Wert. Und trotzdem nur die Spitze des Eisbergs. Das weiße Pulver flutet Europa, die Schwarzmarktpreise sind niedrig, der Reinheitswert hoch. Gekokst wird so viel wie nie zuvor. Aber was macht eigentlich den Reiz des illegalen Aufputschmittels aus? Die MOPO sprach mit Philipp (34, Name geändert), leitender Angestellter in Hamburg. Derzeit in Therapie. 

MOPO: Wann haben Sie das erste Mal Koks konsumiert?

Philipp: Das ist elf Jahre her. Damals, 2013, habe ich viel Party gemacht. Oft mit älteren Freunden. Durch die bin ich das erste Mal mit Kokain in Berührung gekommen, vorher hatte ich mit Drogen nichts am Hut. 

Wie fühlte sich das an?

Ich habe alles deutlicher wahrgenommen. Meine Sinne waren geschärft, ich war euphorisch. Es hat mir einen Ego-Push gegeben – und ich hab gebrabbelt wie ein Wasserfall.

Und dieses Gefühl wollten Sie immer wieder haben?

Das ist schwer zu beschreiben. Es war immer in Kombination mit Alkohol – Drogen waren für mich eigentlich eine Barriere. Ich habe nur auf Party gekokst und nur für ein paar Monate. Bis ich gemerkt habe, dass ich mich dadurch irgendwie verändere, dass mir das nicht guttut. 

Inwiefern?

Man kann dadurch Unmengen trinken. Stellen Sie sich das mal vor: Sie trinken richtig einen über den Durst und dann ziehen Sie eine Nase Koks und Sie sind wieder klar im Kopf. Aber das war nur eine Veränderung, die andere betraf meine Persönlichkeit: Ich bin eigentlich ein sehr emotionaler, empathischer Mensch, aber durch den Konsum wurde ich abgeklärt, cool, es hat mich alles nicht mehr gejuckt. Ich habe mich an meine eigenen Regeln nicht mehr gehalten, war frech und unfreundlich zu anderen Menschen. Etwa drei Jahre habe ich dann gar nichts mehr genommen, bis ich 2018 bei einem Festival wieder mit der Droge in Berührung kam.

Haben Sie nur auf Partys konsumiert?

Zunächst ja, es war für mich lange eine Party-Droge. Dann kam Corona und hat mir ziemlich den Stecker gezogen. Ich bin eigentlich ein sehr extrovertierter Typ, der gerne rausgeht, Sachen unternimmt – und sich so auch von seinen Problemen ablenkt. Durch Corona konnte ich das nicht mehr machen. Stattdessen saß ich zu Hause und traf vermehrt Freunde, die auch Koks genommen haben. Vor zwei Jahren habe ich dann herausgefunden, dass Kokain jenseits von Partys in einem normalen Umfeld beruhigend auf mich wirkt – ich hab ADHS, eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, da dreht sich die Wirkung um. Ich konnte damit abschalten und Dinge ausblenden, die mich stressen. Mein Konsum wurde exzessiv.

Wie sah der exzessive Konsum bei Ihnen aus?

Als Corona vorbei war, sind wir über Monate jedes Wochenende donnerstags, freitags, samstags losgegangen. Kokain war immer dabei. Anfang 2022 hab ich dann zum ersten Mal vor der Arbeit konsumiert. Ich hatte ein wichtiges Meeting, war aber vorher drei Tage wach, komplett fertig und musste das Meeting schaffen. Zusätzlich sind in dieser Zeit viele Dinge im privaten Umfeld passiert, mit denen ich überfordert war. Ich habe mich mit Kokain betäubt oder versucht, an etwas anderes zu denken. Saß dann zum Beispiel alleine zu Hause und hab sechs Stunden Musik gehört. Irgendwann wurde die Droge ein täglicher Begleiter.

Haben Sie da gemerkt, dass Sie die Kontrolle verlieren?

Das Perverse an der Droge ist, dass sie einem im Moment des Konsums vorgaukelt, dass alles okay ist. Was dazu führt, dass man sich extrem in die Scheiße reitet. Man belügt Familie, Freunde, Arbeitgeber. Ich habe mich extrem zurückgezogen, war nur noch für mich und habe konsumiert. Jetzt, mit ein bisschen Abstand betrachtet, schäme ich mich. 

Wie viel Kokain haben Sie in einer Woche konsumiert?

Etwa zehn Gramm die Woche, wenn ich auf Party war auf jeden Fall auch mehr. Ich habe immer 80 Euro pro Gramm gezahlt, weil ich da wusste, was ich bekomme.

Kauften Sie beim Ticker an der Ecke oder per Koks-Taxi?

Ich würde niemals bei jemandem Koks kaufen, den ich nicht kenne. Ich bin über Freunde an mehrere Kontakte herangekommen und habe da variiert. Das war meistens per Taxi – oder ich habe Freunden direkt etwas abgekauft. Es gibt natürlich auch die Gruppen auf Telegram mit teilweise mehr als 4000 Mitgliedern, und da wird wirklich alles angeboten. Ich selbst habe die Gruppen aber nie genutzt.

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Das hat sich wahnsinnig geändert, wenn man sich die Gesellschaft heute anschaut. Vor zehn Jahren war Koks noch ein Tabu-Thema, über das man nicht gesprochen hat. Ich kannte außer den Jungs niemanden, der konsumiert hat. Erst mit der Zeit bekam ich immer mehr Konsum auf Partys mit. Heute ist Koks eine Volksdroge. Man hat keine körperliche Abhängigkeit, aber man hat eine extrem hohe psychische Abhängigkeit. 

Welche Herausforderung bringt die Therapie mit sich? 

Die Ehrlichkeit zu mir selbst. Die Fehler in meinem Inneren zu finden. Die Akzeptanz, zu sagen, ich bin süchtig. Schwer ist auch der Umgang mit dem Suchtgedächtnis – das ist ein kleines Arschloch. Es gibt immer eine Begründung, warum man konsumiert. Außerdem muss ich mich mit der Frage beschäftigen: Was will ich wirklich? Die Droge ist ja eine Flucht aus der Realität.

Kokain für 800 Euro pro Woche! Philipp (34) kokste sogar vor der Arbeit wurde gefunden bei mopo.de

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