Die Vegan-Kolumne: Wie Käse mich um den Verstand brachte

Die Vegan-Kolumne: Wie Käse mich um den Verstand brachte

Meine große Schwäche auf dem Weg zur pflanzlichen Ernährung: Käse. Es gab einfach nichts, was auch nur annähernd an den Geschmack herankam (oder bis heute herankommt) – schon gar nicht, wenn man wie ich auf würzigen Hartkäse stand. Doch längst hat sich das Angebot geändert. Den besten veganen Weichkäse produziert ein Start-up im niedersächsischen Oldenburg.

Es war zum Ende meiner vegetarischen Zeit ein wöchentlicher Konflikt auf dem Flottbeker Wochenmarkt, Verzicht gegen Geschmack. Käse war mein großes Laster, am Käsestand wurde ich mit Namen begrüßt und beim Bergkäse-Spezialisten, der nur gelegentlich auf dem Markt war, kannte ich alle Verkaufstage im Jahr. Natürlich wusste ich, dass Kühe in der Milchindustrie leiden und für jedes Stück Käse Kälber geboren werden müssen, die in der Regel den schnellen Tod sterben. Aber irgendwie verdrängte der Geschmack bei mir lange Zeit die Erkenntnis.

Gute Käsealternativen: Darauf sollte man achten

Dass es nach endlosem Ringen für mich dann doch „Goodbye Gruyère“, „Tschüs Tilsiter“ hieß, hängt auch mit den immer besser werdenden Käsealternativen zusammen. Aber guter „Hartkäse ohne Kuh“ ist nach wie vor leider nicht zu finden – alles, was so angeboten wird, schmeckt wie ein fieser Fettblock. Deshalb mein persönlicher Tipp: Wenn die Hauptzutat bei festem Käseersatz Kokosfett ohne irgendeine hochwertige Zutat wie Nüsse, Kerne oder Getreide ist, dann lieber Finger weg! Dafür sind vegane Frischkäsealternativen geschmacklich vom Original nicht mehr zu unterscheiden.

Reichhaltig ist mittlerweile auch das Angebot an pflanzlichem Camembert, viele davon auf Basis von Cashewkernen. Damit die Cashew-Masse reift, braucht man unter anderem Schimmelpilz- und Fermentationskulturen. Und Zeit. Ich hab’s in der Küche mal selber ausprobiert. Es funktioniert. Nach zwei, drei Wochen konnte ich den selbst gemachten Käse probieren.

Favorit unseres Kolumnisten: Die Käsealternativen von „Veeze“ in Oldenburg

Deutlich besser als ich, nein, grandios viel besser, versteht Anna Lessing das vegane Käsehandwerk. Sie stellt seit Februar 2021 in ihrer Oldenburger Manufaktur Veeze den besten gereiften Camembert her, den es in Deutschland zu kaufen gibt. Alles ist Handarbeit, das hat seinen Preis. Der „Cammie“ kostet 9,50 Euro für 150 Gramm. Geschmacklich eine Offenbarung und ich frage mich, warum das andere Firmen eigentlich nicht annähernd so gut hinbekommen.

Der Favorit unseres Kolumnisten: „Cammie“ der Firma Veeze
Veeze

Der Favorit unseres Kolumnisten: „Cammie“ der Firma Veeze

Anna Lessing stellt auch Blauschimmelkäse und eine Mozzarella-Alternative aus Kokosöl und Cashews her (150g, 3,95 Euro) – und Nacho-Dip. Obwohl alle Käsesorten so schmecken wie das Original, und auch so hergestellt werden, dürfen die nicht Käse heißen – dann müsste Tiermilch drin sein. Das ist schon ziemlich gaga. Mittlerweile hat Anna sogar ein Ladengeschäft in Oldenburg – ausgerechnet in einer ehemaligen Fleischerei, die so zum Symbol für die Ernährungswende wird.

Gereifter veganer Käse traditionell hergestellt kommt auch von Jay & Joy (auf Basis von Mandelmilch und Cashew) und Petit Veganne (auf Cashewbasis) aus Frankreich. Sorten, die Camembert oder Blauschimmelkäse nachempfunden sind, kosten um die 7 Euro für 90 bis 120 Gramm. Den Käse gibt es leider nur online bei den Manufakturen.

Vermisst man als Veganer nicht auch mal Käse?

Die Firma Herbasch, bekannt für ausgezeichnete Wurstalternativen, bietet auch veganen Käse an. Die „Bauern Maid“ ist eine schnittfeste und leicht scharfe Käsealternative aus Cashew, die in Polen in Handarbeit in einer Manufaktur hergestellt wird. Für einen tollen Geschmack sorgen Kimchi, geräucherte Pflaume und weißer Rettich (145g, 8,45 Euro).

Die Manufaktur Jay & Joy setzt bei der Herstellung auf Mandelmilch und Cashew.
Jay & Joy

Die Manufaktur Jay & Joy setzt bei der Herstellung auf Mandelmilch und Cashew.

Neu im Herbasch-Sortiment ist Käse von Veghu aus Italien. Der halbfeste „Veghurì“ (14,95 Euro) – auf Tofubasis, der so ein bisschen was von Parmesan hat. Oder „Kubi“, der gewürfelte, leicht fermentierte Frischkäse in Olivenöl mit Kräutern und sardischen Beeren mariniert (380g/Abtropfgewicht 120g, 12,90 Euro), der ebenfalls auf Sojabasis hergestellt wird. Beide sind ziemlich gut – die Preise aber selbst für ein Manufakturprodukt zu teuer. Günstiger ist da „Soyananda“ aus dem Bioladen: Die griechische Käsealternative mit Kräutern und Olivenöl auf Tofubasis (200g, 3,99 Euro) von Soyana ist zwar etwas weicher als der „Kubi“, aber nicht weniger lecker.

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Aber mal ehrlich, vermisst man als Veganer nicht tollen Käse? Geschmacklich in jedem Fall, besonders wenn ich die großartig bestückte Auslage meines ehemaligen Flottbeker Käsehändlers sehe. Aber den Preis, den die Kühe für den Genuss von Käse bezahlen, ist mir zu hoch. Und ich bin sicher, dass es bald auch Hartkäse mit geilem Geschmack geben wird, der nicht im Wesentlichen aus fiesem Kokosfett besteht.

Die Vegan-Kolumne: Wie Käse mich um den Verstand brachte wurde gefunden bei mopo.de

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