„Täuschung der Öffentlichkeit“: Hamburgs Juden streiten um diese Rabbinerin

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Das gibt Ärger: Die liberale Jüdische Gemeinde Hamburg, Israelitischer Tempelverband, hat die Oldenburger Rabbinerin Alina Treiger zur neuen Landesrabbinerin für Hamburg ernannt. Nur: Es gibt bereits einen Landesrabbiner in Hamburg. Der heißt Shlomo Bistritzky und ist orthodox. Bei der Jüdischen Gemeinde sorgt die Ernennung für Empörung. Der Vorsitzende: „Unsere Geduld ist am Ende.“

Die 45-jährige Rabbinerin Alina Treiger stammt ursprünglich aus der Ukraine, lebt aber seit mehr als 20 Jahren in Deutschland und arbeitete zuletzt für die beiden jüdischen Gemeinden in Oldenburg und Delmenhorst.

Liberale Juden ernennen Landesrabbinerin – obwohl es schon einen Landesrabbiner gibt

Am 6. Dezember soll sie mit einem feierlichen Antrittsgottesdienst in ihr neues Amt in Hamburg eingeführt werden. Der Israelitische Tempelverband verkündete die Personalie mit dem Hinweis, Treiger sei „die erste Landesrabbinerin in der Geschichte Hamburgs und der Bundesrepublik Deutschlands”.

Was für den rund 340 Mitglieder starken liberalen Verein Anlass zur Freude ist, sorgt bei der Jüdischen Gemeinde mit Sitz am Grindelhof (Rotherbaum) für Empörung. Für den Vorsitzenden Philipp Stricharz ist die Ernennung Treigers geradezu eine Provokation.

„Für uns handelt es sich dabei um eine Täuschung der Öffentlichkeit“, so Stricharz zur MOPO. Denn aus Sicht der Jüdischen Gemeinde dürfte es den Israelitischen Tempelverband gar nicht geben. Dieser war 1817 als Wiege des Reformjudentums in Hamburg gegründet worden, wurde jedoch während des Nationalsozialismus vernichtet, als seine Mitglieder wie alle anderen Juden Hamburgs ermordet oder in die Emigration getrieben wurden.

Jüdische Gemeinde Hamburg erkennt Israelitischen Tempelverband nicht an

„Die Jüdische Gemeinde Hamburgs ist 1945 neu gegründet worden und hat die Rechtsnachfolge des Israelitischen Tempelverbands angetreten, genauso wie für den Deutsch-Israelitischen Synagogenverband und für die konservative Neue Dammtorsynagoge“, so Stricharz.

Die Gemeinde, die sich Einheitsgemeinde nennt, vertritt den Anspruch, die verschiedenen religiösen Strömungen unter einem Dach zu vereinen. Der Verein, der sich heute Israelitischer Tempelverband nennt, hatte sich 2004 von der Jüdischen Gemeinde abgespalten und fordert zuletzt verstärkt die Rückerstattung von durch die Nazis enteigneten Immobilien wie beispielsweise der Synagoge in der Poolstraße.

„Der Israelitische Tempelverband behauptet, etwas zu sein, was man nicht ist“, schimpft Philipp Stricharz. Die Jüdische Gemeinde hat dem Verein vor ein paar Wochen die Aufforderung zukommen lassen, genau das zu unterlassen. Und nicht nur das: Die Jüdische Gemeinde geht jetzt auch juristisch gegen den Tempelverband vor. „Unsere Geduld ist zu Ende“, sagt Stricharz.

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Doch auch der Tempelverband ist aktiv. Laut dem Vorsitzenden Eike Steinig lässt der Verein aktuell die historischen Körperschaftsrechte prüfen und hat beim Senat eine Bestätigung beantragt, auch um einen eigenen Staatsvertrag zu erhalten. Ziel sei die Bewahrung der kulturellen und baulichen Tradition des liberalen Judentums.

Für die neue Rabbinerin wird es ein Antritt unter schwierigen Vorzeichen in Hamburg. „Frau Treiger ist eine respektable Person“, betont Philipp Stricharz. „Sie weiß wahrscheinlich gar nicht, worauf sie sich einlässt.“

„Täuschung der Öffentlichkeit“: Hamburgs Juden streiten um diese Rabbinerin wurde gefunden bei mopo.de

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