„Er wird zulegen müssen!“ Darum sortierte Barbarez HSV-Profi Hadzikadunic aus

„Er wird zulegen müssen!“ Darum sortierte Barbarez HSV-Profi Hadzikadunic aus

Ein Spiel wie dieses hat er noch nicht erlebt. Stolze 571 Partien absolvierte Sergej Barbarez als Profi, vier kamen bislang als Bosniens Nationaltrainer dazu. Doch die Begegnung am Freitag in der Nations League gegen Deutschland (20.45 Uhr, live bei RTL) hat einen besonderen Stellenwert. „Etwas anderes zu behaupten, wäre Quatsch“, stellt die HSV-Legende fest, in deren Brust zwei Herzen schlagen.

Er hat nichts von all dem vergessen, was einst geschah. „Am 21. Dezember 1991 begann alles“, sagt Barbarez wie aus der Pistole geschossen, als er nach seinem ersten Tag in Deutschland gefragt wird. Ein kleiner Ferientrip zum Onkel nach Hannover sei das, dachte er damals, er hatte sogar Geschenke dabei. „Aber es wurde dann eine Reise in ein Land, das mir zur zweiten Heimat werden sollte.“

Vor 33 Jahren kam HSV-Star Barbarez nach Deutschland

Fast 33 Jahre ist all das nun her. Es sprudelt aus Barbarez hervor, wenn er zurückdenkt. „Ich bin von Sarajevo nach Hamburg geflogen“, erinnert er sich. „Wie sich zeigen sollte, war es war einer der letzten Flüge, die noch möglich waren. Kurz darauf begann dann auch bei uns in Bosnien der Krieg.“ Sein Onkel wusste das, er ließ den gerade 20 Jahre alt gewordenen Sergej nicht mehr zurückreisen. So war es mit Barbarez‘ Eltern abgesprochen. „Es war zuerst sehr schwer für mich“, erinnert er sich. „Zwei, drei Worte Deutsch habe ich gesprochen, es war eine harte Zeit. Aber sie hat mir sicherlich ein besseres Leben ermöglicht. Ich bin dankbar.“

Sergej Barbarez war Fanliebling und Torjäger beim HSV.
WITTERS

Sergej Barbarez war Fanliebling und Torjäger beim HSV.

Der Fußball half dem jungen Mann, der daheim bei Velez Mostar schon bei den Profis mitgespielt hatte. In Deutschland dann erste Schritte in Liga vier, bei der „Zwoten“ von Hannover 96. Der Rest ist Geschichte: zunächst Union Berlin, dann Hansa Rostock, danach der große BVB – und dann der HSV. Dort wurde Barbarez zum Publikumsliebling und im Sommer 2000 Torschützenkönig der Bundesliga. Sogar für Deutschland hätte er spielen können, doch der Angreifer widerstand vor der WM 1998 den Lockrufen des damaligen Bundestrainers Berti Vogts. Nein, bei aller Liebe zu Deutschland, aber das ging ihm dann doch zu weit.


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Barbarez bestritt 47 Länderspiele für Bosnien

Unterm Strich ganz schön viel für einen, der bei seiner Ankunft zunächst gar nicht wusste, dass er bleiben würde. Nun also die Partie gegen das DFB-Team. Erstmals, trotz seiner 47 Länderspiele als Aktiver. „Jeder kann sich vorstellen, dass das ein ganz besonderes Spiel für mich sein wird“, sagt der mittlerweile 53-Jährige. „Aber es geht für mich darum, mich auf meine Mannschaft zu konzentrieren und die Emotionen zu kontrollieren.“ Heißes Herz, klarer Kopf. So ist das als Trainer.

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Eine Devise, mit der Barbarez nicht allein ist. Um ihn herum wimmelt es von Menschen, die alle ihre eigenen deutschen Geschichten erzählen können. Emir Spahic (44), früher Profi in Leverkusen und beim HSV, nun Sportdirektor der bosnischen Nationalteams und Barbarez‘ rechte Hand. Zlatan Bajramovic (45), Ex-St. Pauli-Profi, Hamburger Junge und derzeit Co-Trainer des KSC und der Bosnier. Auch Mirko Hrgovic (45/früher u.a. Wolfsburg, Fürth) und Ninoslav Milenkovic (46/einst in Dresden) zählen zu Barbarez‘ Staff. „Für sie alle ist dieses Spiel etwas Besonderes“, weiß der Boss.

Barbarez verzichtet diesmal auf HSV-Profi Hadzikadunic

Das hätte ganz sicher auch für Dennis Hadzikadunic gegolten. Doch der HSV-Profi wurde erstmals seit eineinhalb Jahren nicht fürs Nationalteam nominiert, verpasst ausgerechnet die Partie gegen Deutschland. Ein Gerücht: Barbarez könnte womöglich das nötige Feuer bei dem 26-Jährigen vermissen, der in Malmö geboren wurde und in seiner Jugend für die Nationalteams der Schweden spielte. Der Trainer aber widerspricht entschieden: „Nein, es hat nichts mit seiner Einstellung zu tun. An Nationalstolz mangelt es keinem, der seine Wurzeln hier hat. Balkan ist Balkan, das bleibt. Ich bin einfach der Meinung, dass einige Innenverteidiger zurzeit besser drauf sind als Dennis.“ Und weiter: „Die Tür steht offen, aber er wird wieder zulegen müssen.“

HSV-Profi Dennis Hadzikadunic wurde von Sergej Barbarez nicht nominiert.
imago/Aleksandar Djorovic

HSV-Profi Dennis Hadzikadunic wurde von Sergej Barbarez nicht nominiert.

Diesbezüglich ist Barbarez rigoros und kehrt mit eisernem Besen. „Seit ich im April hier begonnen habe, wurde ungefähr die Hälfte der Mannschaft ausgetauscht“, sagt er. „Wir mussten die Rest-Taste drücken und sehr vieles erneuern, um nun richtig Gas geben zu können. Sonst hätte es keinen Sinn gemacht. Wenn wir etwas tun, dann auch richtig.“ Auffällig: Barbarez spricht nie von sich allein, sondern immer in der Mehrzahl. „Mein Staff gehört immer dazu. Allein könnte ich das gar nicht.“

Bosniens Nationalteam rutschte auf Platz 75 der Weltrangliste ab

Wie schnell aber kann es mit den Bosniern, die auf Rang 75 der FIFA-Weltrangliste abgerutscht sind, bergauf gehen? Erst einmal qualifizierten sich die „Zmajevi“ (Drachen) für ein Turnier, 2014 waren sie bei der WM in Brasilien dabei. „Wir werden Zeit brauchen“, sagt Barbarez, der einen Vierjahresvertrag besitzt und die Teilnahme an der EM 2028 als Ziel nennt. „In unserem Land gibt es immer große Erwartungen. Aber es ist eine meiner größten Aufgaben, dafür zu sorgen, dass die Dinge realistisch betrachtet werden. Wir hatten viele Jahre keine guten Ergebnisse, haben sehr oft den Trainer getauscht.“ Tatsächlich ist Barbarez der bereits siebte Nationaltrainer seit 2018. Deshalb sagt er: „Wir müssen geduldig sein, doch ich bin davon überzeugt, dass der Weg am Ende erfolgreich sein wird. Das versuche ich, meinen Landsleuten einzuimpfen.“

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Mit großen Augen blickt Barbarez diesbezüglich zum Gegner. „Ich bin begeistert davon, wie Deutschland es hinbekommen hat, das Nationalteam aus der Krise zu führen“, stellt er fest. „Rudi Völler und Julian Nagelsmann machen einen fantastischen Job. Die Grundstimmung um die Mannschaft hat sich komplett gedreht. Das hat sich gezeigt, als Deutschland gerade bei der Heim-EM im Viertelfinale ausgeschieden ist, was ja eigentlich recht früh ist. Und trotzdem wurde gefeiert. Das hat mich sehr beeindruckt.“

Zuletzt feierten Barbarez und Bosnien ein erstes Erfolgserlebnis

Ganz so weit sind Barbarez und seine Bosnier noch nicht. Nach zwei schweren Testspielen im Sommer in England (0:3) und Italien (0:1), folgte zum Auftakt der Nations League ein 2:5 in den Niederlanden. Das 0:0 in Ungarn wurde dann zum ersten Erfolgserlebnis.

Ein halbes Jahr hat es gedauert, bis Barbarez nun sein Heimdebüt feiern darf. Im rund 13.500 Plätze fassenden Stadion in Zenica erwartet Deutschland ein kleiner Hexenkessel. Barbarez, der zu gleichen Teilen in Mostar und Hamburg lebt, weilt bereits seit der Vorwoche in Bosnien. Auch das unterstreicht die Bedeutung der Partie für ihn.

Barbarez freut sich auf die Partie gegen Deutschland

Möglich, dass er sich ein Lächeln nicht verkneifen kann, wenn dann am Freitag die Hymnen ertönen werden. „Irgendwie schließt sich für mich jetzt der Kreis“, meint Barbarez. „So wie 1991, als ich aus Sarajevo nach Hamburg flog. Auch wenn ich zwischendurch mal weg war, bin ich ja eigentlich geblieben. Nun treffe ich auf das Land, das mir zur zweiten Heimat wurde.“ Könnte ein schöner Abend werden, wenn auch noch das Ergebnis passt.

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