Dem verrückten Titel zum Trotz: Der US-amerikanische Musiker spielt keine Rolle in Yasmina Rezas jüngstem Stück „James Brown trug Lockenwickler“. Stattdessen erzählt die in Paris lebende Autorin von einer französischen Familie, deren Sohn für jede Menge Verwirrung sorgt.
Als Fünfjähriger ist Jacob fasziniert von Céline Dions Stimme – und ein paar Jahre später davon überzeugt, sich selbst in die populäre Sängerin verwandelt zu haben. Er singt ihre Lieder, lädt zu Konzerten ein und trägt eine blonde Perücke. Jacobs Vater reagiert mit Verzweiflung, seine Mutter mit geheucheltem Verständnis; einig sind sich beide indes, dass ihr Sohn in eine psychiatrische Klinik gehört.
Stück bringt auch Publikum zum Nachdenken
Der dortige Therapieansatz akzeptiert die Wahnvorstellungen der Patienten: Jacob darf Céline sein, und als solche freundet sie/er sich mit einem hellhäutigen Jungen an, der davon überzeugt ist, schwarze Haut zu haben.
Diesen offensichtlichen Störungen stellt Reza in pointierten Dialogen die alltäglichen Macken der übrigen Charaktere gegenüber – und stellt fest, wie erstaunlich fließend der Übergang ist. Und schon bald fragt sich das Publikum: Was ist (noch) „normal“? Warum werden bestimmte Auffälligkeiten toleriert, andere hingegen als Krankheit behandelt?
Unter der Regie von Ulrich Waller agiert ein großartiges Ensemble mit Mechthild Großmann (bekannt als Frau Staatsanwalt aus dem „Tatort“ Münster) als Jacobs behandelnde Ärztin, deren Qualifikation nicht zuletzt in einer eigenwilligen Marotte besteht. Wen stört’s eigentlich, wenn sich alle gut fühlen in ihrer jeweiligen Verrücktheit und niemand zu Schaden kommt? (pst)
St. Pauli-Theater: 10.-13., 15./16., 18.-20.10., 19.30 Uhr, So 18 Uhr, Di-Do/So 22-64 Euro, st-pauli-theater.de
MOPO
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Was ist noch „normal“?: Neues Stück im St. Pauli Theater wurde gefunden bei mopo.de
