AfD-Schwindel: TikTok-Guru fälscht Werbe-Videos für die Partei

RMAG news

Ein vermeintlicher TikTok-Guru der AfD fordert dazu auf, Videos fremder Menschen für AfD-Werbebeiträge zu nutzen. Jetzt distanzieren sich AfD und “Identitäre Bewegung” von ihm. Neuer Ärger in der AfD : Im Netz fordert ein parteinaher Social-Media-Experte zum Fälschen von TikTok-Videos auf. Nutzer sollen Beiträge von Frauen und Mädchen, die eigentlich zu anderer Musik tanzen, mit einem AfD-Song hinterlegen. Das Ziel: das Vortäuschen eines Social-Media-Trends und Reklame für die Partei. Der Mann hinter der Idee war früher für Maximilian Krah tätig und gilt als überzeugter Unterstützer der Partei. Accounts der Parteijugend teilten die Videos der jungen Frauen in den vergangenen Tagen begeistert in den sozialen Medien. Eine britische Tänzerin ist eines der Opfer des Schwindels und reagiert empört: “Ich bin absolut angewidert und fühle mich verletzt.” Hinter der Aktion steckt ganz offensichtlich ein Mann, der als einer der Köpfe des Erfolgs der AfD auf TikTok gilt, aber mit seinen Aktivitäten jetzt auch der AfD zu viel wird: Erik Ahrens, eine Art TikTok-Guru, der sich auf eine Stufe stellt mit dem früheren Trump-Berater Steve Bannon. Ahrens leitet “TikTok-Guerilla” an Ahrens war früher für Maximilian Krah tätig, dem AfD-Spitzenkandidaten zur Europawahl, und hatte dafür eine selbst ernannte “TikTok-Guerilla” als Kanal in der Kurznachrichten-App Telegram gegründet. Aktivisten brachte er darin bei, wie sie Krah-Videos zu mehr Sichtbarkeit verhelfen können. Bis heute versorgt Ahrens so mehr als 2.000 Mitglieder des Kanals mit Tipps, wie sie Pro-AfD-Inhalte erstellen und damit Aufmerksamkeit erregen. Mit seinem jüngsten Anleitungsvideo hat er den Bogen jetzt aber womöglich überspannt: Darin erklärt er minutiös, wie sich beliebte TikTok-Tanzvideos anderer Nutzer umbauen und mit einem Lied versehen lassen, das für die AfD wirbt – und zwar ohne Rücksicht auf Urheber- und Persönlichkeitsrechte der TikToker, die die Tänze ursprünglich ins Netz gestellt haben. Konkret geht es darum, das Lied “Deutschland braucht die AfD” unter jungen Menschen populärer zu machen. Bereits seit Juni geistert der Song durch soziale Netzwerke. Mit entsprechenden Bildern unterlegt, soll das Werk von den Algorithmen der Netzwerke möglichst oft möglichen vielen Nutzern angezeigt werden. Ein Hintergedanke dabei sagt viel über das Frauenbild dabei: “Frauen werden stark von Gruppenzwang beeinflusst. Wenn Mädchen viele solcher Videos sehen, machen sie das am Ende wirklich”, steht unter Ahrens’ Video im Telegram-Kanal. Mithilfe gefälschter Videos soll ein Trend geboren werden. Ahrens zeigt deshalb, “wie man solche Videos selber fakt”. Weiter sagt er wörtlich: “Dann könnt ihr das Internet vollscheißen.” Zunächst rät er, sich dafür auf YouTube das “Video von irgendeinem tanzenden Mädchen” zu suchen. Etwas sicherer vor solchem Missbrauch sind offenbar Mädchen, die in ihren Videos nicht singen. Ahrens: “Wenn die singen würde, wäre es dumm mit den Lippen, dann merkt man eher, dass es Fake ist.” “Das reicht, das glauben die Leute” Er demonstriert dann, wie er einfach ein Kurzvideo einer tanzenden jungen Frau herunterlädt, mit minimalem Aufwand neu zuschneidet und den AfD-Song darüber legt. Fertig ist die AfD-Werbung mit einer attraktiven jungen Frau, die vermeintlich begeistert zu den AfD-Rhythmen tanzt. “Das reicht schon, das glauben die Leute”, sagt er. Er schrieb auf der Plattform X schon, “dass wir deutsche Jugendliche mit rechter Ideologie indoktrinieren und richtig Gänsehaut kriegen”. Für seine Anleitung nutzt er ein Video von Lizzie Clark aus dem englischen Leeds. Die erklärte t-online am Montag: “Ich bin absolut angewidert und entsetzt, dass die AfD meine Inhalte benutzt, um für sich zu werben.” Im Original tanzt sie zu einer ganz anderen Melodie – dem “Friendships Song” von Pascal Letoublon mit dem Refrain “I lost my love to you”. Die Influencerin berichtete, es mache sie “krank”, dass nun ihr Bild zusammen mit den “hasserfüllten Ansichten” der AfD verwendet werde. “Ich bin mit den Ansichten dieser rechtsextremen Faschisten absolut nicht einverstanden.” Weder Ahrens noch sonst jemand von der AfD habe sie gefragt. Lizzie Clark hat rund 650.000 Abonnenten auf YouTube, mit ihren Videos hat sie auch Fans in Deutschland. Am Freitag habe ihr ein Abonnent einen Link zu Ahrens’ Video im Telegram-Kanal geschickt. Sie sagt: “Ich habe das Konto bei Telegram gemeldet, obwohl ich bezweifle, dass sie etwas unternehmen werden.” Mit Diebstahl ihrer Videos hat sie Erfahrung und war deshalb auch unlängst Interviewgast in der BBC-Verbraucherschutz-Sendung “Rip Off Britain” über Betrug und Täuschung. Sie kenne es, dass ihre Inhalte gestohlen und für unethische Zwecke verwendet würden. t-online sagte sie: “Ich bin sehr traurig, dass so etwas immer noch passiert, und noch empörter, dass eine politische Partei so etwas tut.” AfD will Unterlassungserklärung schicken Dabei gilt: Formal ist es gar nicht “die” AfD, die hinter der Kampagne und der “TikTok-Guerilla” von Ahrens steckt. Ahrens sei weder Parteimitglied noch Mitarbeiter eines Mandatsträgers, sagte Martin Renner, medienpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, t-online. Die Partei will jetzt gegen Ahrens aktiv werden. “Das geht gar nicht”, so Renner. Die AfD sei zwar froh, wenn Menschen helfen wollten, “aber die Hilfe muss legal sein und legitim”. Das Thema sei nach der Anfrage von t-online in der Fraktionssitzung am Montag besprochen worden. “Er bekommt jetzt eine Unterlassungserklärung”, so Renner. Man wolle Ahrens die Nutzung von Name und Logo der Partei verbieten lassen. Renner betont, dass nicht alle Videos Fake seien: “Es gibt auch echte Videos von echten Nutzerinnen.” Ahrens beantwortete auf X Fragen von t-online nicht, für wie viele Fake-Videos er bereits verantwortlich ist und was sein Schwindel über die Glaubwürdigkeit des angeblichen Trends sagt. Den Unterstützersong gibt es seit Juni, einige Videos, auf denen dazu getanzt wird, sind auch bereits verschwunden. Auch Ahrens löschte gerade ein Video, “damit ich keinen Urheberrechtsverstoß bekomme”. Zuletzt war Ahrens auch aufgefallen mit Aussagen wie “Wer sich 2024 nicht mit Rasseforschung beschäftigt, lebt hinterm Mond.” Der Verfassungsschutz in Brandenburg stuft ihn als Rechtsextremisten ein. Am Montag distanzierte sich sogar Martin Sellner, Gallionsfigur der “Identitären Bewegung”, von Ahrens: “Ich will nicht, dass man mir das zurechnet oder als Strategie und Ausrichtung des neurechten Lagers darstellt.” Zugleich gibt es jetzt von Ahrens-Anhängern bereits erste Kritik an “Distanzierungen im eigenen Lager”.

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