Alice Cooper in Hamburg: Grusel-Show im Nieselregen – mit Gummipuppe und Guillotine

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Alice Cooper mag den Schockrock auf den Weg gebracht haben, aber eines ist der disziplinierte Musikarbeiter eigentlich nie: zu spät! Backstage sorgt ein medizinischer Notfall innerhalb der Band am Mittwoch beim Deutschland-Auftakt der „Too Close For Comfort“-Tour im Stadtpark dafür, dass das Publikum 25 Minuten länger auf den Priestersohn warten muss. Aber dann geht es gleich richtig los mit dem Gruseltheater!

Auf der Bühne liefert ein XL-Titelblatt vom „The German Chronicle“ die Schlagzeilen dazu: „In Deutschland verboten“, steht da über Alice Cooper geschrieben. Und weiter: „Angeklagt wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Doch die US-amerikanische Musiklegende kann sich zum Opener „Lock Me Up“ mit einem treffsicheren Säbelschnitt befreien. Und 3800 Fans sind beim ersten Konzert seiner Deutschlandtour aus dem Häuschen!

Das wirkt ganz schön politisch für einen, der immer wieder darauf besteht, Rock’n’Roll und Politik zu trennen. Pünktlich zur Deutschlandtour hatte Cooper jedoch eine neue Webseite mit dem Titel aliceforpresident.com auf den Weg gebracht. In einem dazu passenden Kurzvideo erklärt er, warum er zum neuen Präsidenten gewählt werden sollte: „Ich bin ein aufgewühlter Mann für aufgewühlte Zeiten. Ich habe keinen blassen Schimmer davon, was ich tue, also sollte ich gut reinpassen.”

Es ist zwar nicht das erste Mal, dass der Mann mit dem dunklen Augen-Make-up mit der Teilnahme an den US-Präsidentschaftswahlen kokettiert, passend zu seinem Song „Elected“ von 1972, den er allerdings erst später am Abend spielt. Aber das Thema scheint im Jahr 2024 eine andere Dringlichkeit für den Altrocker zu haben. 

Alice Cooper in Hamburg: Nur ein Song vom neuen Album

Erstmal heißt es aber „Welcome To The Show“! Der Song ist von seinem aktuellen, von der Kritik gepriesenen Album „Road“ und soll das einzige neue Stück bei seinem Hamburg-Gastspiel bleiben. Das ist auch deshalb schade, weil Cooper die zottelige Band um sich schart, mit der er das Werk eingespielt hat. Die Herren beackern ihre Saiteninstrumente als gäbe es kein Morgen. Der amerikanischen Gitarristin Nita „Her Majesty“ Strauss, die immer wieder vorne auf dem Grün ihr Können demonstriert, stiehlt allerdings nur Alice die Show, der mit „No More Mr. Nice Guy“ den ersten Hit des Abends zum Besten gibt.

76 ist er jetzt und kann den Zylinder auf dem Kopf und die schwarze Lederhose am Körper immer noch gut tragen. Eine unbändige Energie bringt er an den Tag, während er mit dem Zeremonien-Stab oder Mikrofonständer auf einem Minipodest bei kurzem Nieselregen posiert. Amüsant wirkt es trotzdem, wenn er seinen Klassiker „I’m Eighteen“ singt. Wie lange kann man 18 sein?

Alice Cooper in Hamburg: Gummipuppe und Guillotine

Johnny Depp und die Hollywood Vampires hat er nach gemeinsamen Stadtpark-Konzerten in den Jahren 2018 und 2023 diesmal nicht dabei, aber immerhin ein Bandmitglied, dass ein bisschen so aussieht wie der Pirat der Karibik. Wenn dieser Abend eines beweist, dann dass Cooper es mindestens genauso gut ohne die All-Star-Band kann. Und das ist ziemlich unterhaltend: Zu „Cold Ethyl“ kuschelt er mit einer Gummipuppe, bei „Go To Hell“ haucht seine Ehefrau Sheryl der Puppe Leben ein, zu „Ballad Of Dwight Fry“ trägt Cooper Zwangsjacke, zu „I Love The Dead“ kommt die Guillotine ins Spiel – dabei ist es noch nicht mal ganz dunkel! Diese Utensilien kennt man seit den 1970ern von seinen Live-Shows, aber Spaß macht es trotzdem immer wieder, besonders den Fans, die ein Golden-Circle-Ticket direkt vor der Bühne ergattert haben.

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In der Zugabe schickt Cooper die Menschen mit „School’s Out“ nach Hause, unter das er Pink Floyds „Another Brick In The Wall“ mischt. Jubel total. Coopers Wahl als Präsident dürfte nichts mehr im Wege stehen.

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