Alt und marode: Darum bleibt das Kraftwerk Wedel trotzdem länger am Netz

Alt und marode: Darum bleibt das Kraftwerk Wedel trotzdem länger am Netz

Das Kohleheizkraftwerk in Wedel versorgt Hamburg mit Fernwärme. Alt und marode soll es durch den neuen Energiepark Hafen ersetzt werden. Doch so schnell wie geplant geht es nicht.

Das Kohleheizkraftwerk Wedel wird die Fernwärmekunden im Hamburger Westen noch länger mit Wärme versorgen müssen als geplant.

Grund sind Verzögerungen beim Bau des neuen Energieparks Hafen auf der Dradenau, der das in die Jahre gekommene Kraftwerk kurz hinter der Landesgrenze in Schleswig-Holstein eigentlich bereits Ende 2025 ablösen und in den Reservebetrieb schicken sollte, wie Christian Heine, Sprecher der Geschäftsführung der Hamburger Energiewerke, der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Wir haben Bauverzögerungen von zurzeit vier Monaten. Aber der Zeitplan, Ende 2025 mit der Inbetriebnahme zu starten, steht.“


MOPO

Die WochenMOPO – jeden Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:
– Polizei mit Uralt-Technik auf Verbrecherjagd: „Wir malen auf Höhlenwände“
– Ups! Warum es in diesem Blumenladen plötzlich Drogen zu kaufen gab
– Ausgehmeilen: Essen, trinken, tanzen? Geht nicht nur auf dem Kiez, sondern auch hier!
– Wahlen im Osten: „Nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird“
– 20 Seiten Sport: Welche Folgen das schockierende Vuskovic-Urteil für den HSV und den Spieler hat
– 24 Seiten Plan7: Bald ist wieder Reeperbahn-Festival: Da kommt Großes auf uns zu! Außerdem: Kultur-Tipps, Ausflüge und Genießer-Hotspots

Kraftwerk in Wedel bleibt bis 2026 aktiv

Eine Übernahme der Wärmeversorgung durch den Energiepark in der dann bereits laufenden Heizperiode 2025/2026 sei aufgrund der Bauverzögerungen aber nicht mehr möglich, da zunächst der störungsfreie Betrieb der neuen, hocheffizienten Anlage sichergestellt sein müsse. „Im Anschluss werden wir mit dem Kraftwerk Wedel dann in die Reserve gehen können.“

Blick auf die Baustelle des neuen Energieparks Hafen auf der Dradenau.
picture alliance/dpa/Georg Wendt

Blick auf die Baustelle des neuen Energieparks Hafen auf der Dradenau.

Der Reservebetrieb sei nötig, um im Falle von Nachjustierungen im Energiepark die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. „Eine Außerbetriebnahme Wedels kann erst erfolgen, wenn im Energiepark Hafen alles verlässlich läuft“, sagt Heine. Wann genau das Kohleheizkraftwerk ganz abgeschaltet werden kann, lasse sich noch nicht sagen.

Bislang hatte der Senat das Frühjahr 2026 in Aussicht gestellt. Bis 2030 will Hamburg den Kohleausstieg bei der Wärmeversorgung schaffen. Bis dahin soll auch das Heizkraftwerk Tiefstack im Hamburger Osten abgelöst sein.

Energiepark Hafen ist Herzstück der Hamburger Wärmewende

Der Energiepark Hafen, der verschiedene Wärmequellen zusammenführt, ist das Herzstück der Wärmewende. Genutzt wird Abwärme aus nahegelegenen Industriebetrieben, der Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm und der Abwasserverwertung des Klärwerks Dradenau.

Gespeichert werden soll die Wärme in einem 50 Meter hohen Thermotank mit 98 Grad heißem Wasser. Eine hocheffiziente Gas- und Dampfturbinen-Anlage (GuD) soll bei Bedarf zusätzliche Wärme und mittels Kraft-Wärme-Kopplung auch Strom erzeugen. 55 Prozent der Fernwärme sollen so künftig aus klimaneutralen Quellen kommen.

„Dieses Projekt Energiepark Hafen hat eine durchaus große Komplexität“, sagt Heine. „Es arbeiten hier unglaublich viele Gewerke zeitgleich. Und in der Orchestrierung all dieser Baumaßnahmen liegt die Verzögerung begründet.“

Krisen und Inflation lassen Kosten auch für Energiepark steigen

Krisenbedingte Lieferkettenstörungen und Inflation hätten auch die Kosten für das ehrgeizige Projekt steigen lassen. Allein für die KWK-Anlage auf der Dradenau seien ursprünglich 600 Millionen Euro veranschlagt gewesen. „In diesem Kostenblock ist bereits eine sehr hohe Risikovorsorge enthalten.

Die ist aber bereits aufgezehrt – bedingt durch Ukrainekrise und Inflation, die sowohl zu höheren Personalkosten, aber auch zu höheren Materialkosten im Bereich Stahl geführt haben.“ Bis 2028 will Hamburg alles in allem rund 2,85 Milliarden Euro in die Wärmewende investieren.

Baufortschritt auf der Dradenau wird deutlich

Der Baufortschritt auf der Dradenau lässt sich nach 28 Monaten deutlich sehen – vor allem, wenn man auf der Autobahn von Süden in den Elbtunnel fährt: Am auffälligsten ist der braun-rostige Wärmespeicher, der dort 50 Meter in die Höhe ragt – inzwischen fast ganz voll mit vollentsalztem Wasser.

„Zur Zeit ist er mit rund 47.000 Kubikmetern befüllt“, sagt der Planungsleiter der Anlage, Andreas Buchheim. „Aus einem einfachen Grund: Bevor man anfängt, den Tank zu isolieren, will man sicherstellen, dass die Schweißnähte dicht sind. Und er ist dicht.“ Komplett befüllt mit 50 Millionen Liter Wasser könne er 2000 Megawattstunden Wärmearbeitsmenge speichern.

Mehr als 20.000 Kubikmeter Beton wurden schon verbaut und knapp 1500 Tonnen Baustahl montiert – bis zu 400 Tonnen kommen seinen Angaben zufolge in nächster Zeit pro Woche hinzu. In der Maschinenhalle stehen bereits die beiden großen Gasturbinen und ein Dampferzeuger.

Rund ein Drittel des neuen Fernwärme-Elbtunnels fertig

Um die Wärme aus dem Energiepark im Hafen in das Fernwärmenetz am nördlichen Elbufer zu bringen, bohrt sich bereits seit November vergangenen Jahres „Hermine“ durch den schlammigen Untergrund. „Hermine“ steht für „Hamburger Energiewerke Röhre Mit Neuer Energie“.

Inzwischen befinde sich die Tunnelbohrmaschine bei Tunnelmeter 380. „Das ist kurz hinter Seemannshöft“, sagt Projektleiter Dirk Lassen-Petersen. Damit sei in Drittel der Strecke geschafft und der Tiefpunkt der Tunnelbohrung überwunden. „Ab jetzt fahren wir aufwärts“, sagte er.

Das könnte Sie auch interessieren: Diese beiden Brüder wollen aus einem Milchhof einen veganen Vorzeigehof machen

Ziel der Bohrung ist der Hindenburgpark in Othmarschen. „Momentan schafft Hermine etwa acht bis zehn Meter am Tag. Ende dieses Jahres sind wir hier“, sagt Lasse-Petersen auf der Baustelle an der Elbchaussee, wo ein 34 Meter tiefer Zielschacht mit 13 Meter Durchmesser in den Elbhang gegraben wurde. „Für die beiden Leitungen bräuchten wir keinen so großen Schacht. Aber die Tunnelbohrmaschine muss hier durch, weil die nicht rückwärtsfahren kann.“

Ist der Energiepark einmal angeschlossen, soll auch der Zielschacht im Hindenburgpark unsichtbar werden, verspricht er. „Da kommt am Ende ein Deckel drauf und diese ganzen Sandhaufen, das alles kommt weg. Dann werden wir Mutterboden auftragen und den Park wiederherrichten – und dann ist alles wieder schick.“ (dpa)

Alt und marode: Darum bleibt das Kraftwerk Wedel trotzdem länger am Netz wurde gefunden bei mopo.de

Please follow and like us:
Pin Share