Baugigant schenkt Brennpunktschule einen Kiosk – das steckt dahinter

Baugigant schenkt Brennpunktschule einen Kiosk – das steckt dahinter

Applaus, Jubel und Andrang: Im Gegensatz zur pompösen Westfield-Shoppingmall im Überseequartier konnte der neue Kiosk der Stadtteilschule Veddel am Dienstag wie geplant eröffnet werden. Der gläserne Kubus wurde den Schülern von dem Milliardenkonzern gratis überlassen. Die Kinder freuen sich und auch Schulbehörde, Bezirkschef und Westfield zeigten sich zufrieden mit der PR-Aktion. Wie es zu dem ungewöhnlichen Geschenk kam, und als was der Glas-Würfel bisher diente.

Tue Gutes und rede drüber: Ohne das Schulprojekt hätte Westfield den transparenten Pavillon entsorgen müssen, so aber gab es lobende Worte vom Hamburger Landesschulrat („großzügige Spende, Dank an Westfield“), vom Bezirksamtsleiter Mitte, Ralf Neubauer („der Pavillon macht echt was her“), und ein Ständchen vom Kinderchor für die edlen Spender – großer Bahnhof auf dem Schulhof. Der ausrangierte Glaskubus, erklärte eine Westfield-Vertreterin, war ein Prototyp für kleine Stände, die auf der Ladenstraße des XXL-Einkaufstempels aufgebaut werden sollen.

Schulleiterin Bianka Petri, eine Grundschülerin, Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer und Landesschulrat Thorsten Altenburg-Hack eröffneten den Kiosk
Florian Quandt

Schulleiterin Bianka Petri, eine Grundschülerin, Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer und Landesschulrat Thorsten Altenburg-Hack eröffneten den Kiosk

In dem Pavillon, von den Schülern nach einer Abstimmung „Flossenfutter-Kiosk“ getauft, werden nun in den Pausen kleine Snacks verkauft, von Berlinern über Süßigkeiten bis zu Äpfeln und Bananen. Das Sortiment wird vom Kiosk-Team in einem nahen Discounter eingekauft und mit kleinem Aufschlag an die Mitschüler weiterverkauft. Im Rahmen eines berufsvorbereitenden Projekts sollen die Jungen und Mädchen lernen, den Schulhofkiosk wie ein kleines Handelsunternehmen zu führen, inklusive Ermittlung der Nachfrage, Buchhaltung und Preiskalkulation.

Westfield-Eröffnung musste zwei Mal verschoben werden

„Ihr macht in dem Pavillon Umsatz, wie wir im Westfield Überseequartier“, so die Westfield-Vertreterin. Allerdings musste das Überseequartier seine Eröffnung gerade erst zum zweiten Mal verschieben, oder, wie die Sprecherin es ausdrückte: „Wir haben die Vorfreude bewusst verlängert.“

Der gläserne Kubus (re.) dient der Schule auf der Veddel nun als Kiosk
Florian Quandt

Der gläserne Kubus (re.) dient der Schule auf der Veddel nun als Kiosk

Im vergangenen Jahr hatte es einen schweren Unfall auf der Westfield-Baustelle gegeben, mit mehreren Toten. Da haben es die jungen Kioskbetreiber von der „Schule auf der Veddel“ am Slomanstieg besser: Band durchschneiden und das Geschäft kann losgehen. „Wir überlegen uns, was sich gut verkauft“, erklärt Schulsprecherin Laila (17), „aber wir gucken auch, was gesund ist.“ Zur Eröffnung rennen die Mitschüler dem Kiosk-Team die gläserne Bude ein: Sonderpreise! Alles für nur 50 Cent!

Schulleiterin dankt Westfield

Schulleiterin Bianka Petri ist begeistert: „Bisher haben die Jugendlichen ihre Waren von Tischen aus im Treppenhaus verkauft, wir freuen uns sehr über die Spende.“ Das angestammte Gebäude der Stadtteilschule Veddel wird gerade saniert, darum sind die 460 Kinder und Jugendlichen ein paar Straßen weiter gezogen, werden nun bis zum Jahr 2025 in einem früheren Zollgebäude und zahlreichen Container-Klassenzimmern unterrichtet. „Schule auf der Veddel 2.0“, steht am Zaun.

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Hinter dem Schulhof fällt der Blick auf die Ruine des Elbtowers. Ob die Veddel-Kinder je durch die Luxus-Flagshipstores im Überseequartier bummeln werden? Der französische Immobilienkonzern Unibail-Rodamco-Westfield hat im vergangenen Jahr 2,3 Milliarden Euro Umsatz vermeldet. Auf der Veddel beträgt das Jahreseinkommen im Schnitt kaum 16.000 Euro. Laila jedenfalls hat durch die Arbeit im Kiosk-Projekt Lust bekommen auf Einzelhandel: „Vielleicht mach ich in dem Bereich meine Ausbildung.“

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