„Blutsbrüder“ Union Berlin und St. Pauli? So sieht ihr Verhältnis wirklich aus

„Blutsbrüder“ Union Berlin und St. Pauli? So sieht ihr Verhältnis wirklich aus

Die beiden (einstmals) Kleinen in den großen Städten: Vor zwanzig Jahren waren der FC St. Pauli und Union Berlin ganz dicke. Dick in den Miesen vor allem, weshalb der Hauptstadtklub zur Aktion „Bluten für Union“ aufrief, um doch noch eine Regionalliga-Lizenz zu erhalten: Blutplasma-Spenden, die je zehn Euro für den klammen Klub einbrachten und an denen sich auch viele St. Pauli-Fans beteiligten. Ihr Verein, der erst ein Jahr zuvor eine ähnlich prekäre Lage mit „Retter“-T-Shirts bewältigt hatte, trat außerdem zu einem Benefizspiel an der Alten Försterei an. Schnell war von einer „Blutsbrüderschaft“ beider Vereine die Rede. Was ist davon nach zwei Jahrzehnten geblieben? Und sind die beiden Klubs wirklich so eng verbunden, wie man immer glaubt?

Von einer Fanfreundschaft zu sprechen, sei maßlos übertrieben, sagt ein Insider der braun-weißen Fanszene, der das Verhältnis der Anhängerschaften als „mittlerweile neutral“ bezeichnet. Das liegt auch daran, dass die Fanszene von „Eisern Union“ extrem heterogen ist. Neben kommerzkritischen Anhängern und „Normalos“ gibt es auch die Ultra-Gruppe „HammerHearts“, die sich politisch weit rechts positioniert.

St. Pauli und Union Berlin stehen sich neutral gegenüber

Zwar berichteten viele St. Pauli-Fans in der Vergangenheit von einem angenehmen Stadionerlebnis an der Alten Försterei, es sind aber auch schon braun-weiße Gruppen im Stadionumfeld verprügelt worden. Union Berlin ist nicht Hansa Rostock, aber auch kein völlig ungefährliches Pflaster.


MOPO

Die WochenMOPO – jeden Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:
– Polizei mit Uralt-Technik auf Verbrecherjagd: „Wir malen auf Höhlenwände“
– Ups! Warum es in diesem Blumenladen plötzlich Drogen zu kaufen gab
– Ausgehmeilen: Essen, trinken, tanzen? Geht nicht nur auf dem Kiez, sondern auch hier!
– Wahlen im Osten: „Nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird“
– 20 Seiten Sport: Welche Folgen das schockierende Vuskovic-Urteil für den HSV und den Spieler hat
– 24 Seiten Plan7: Bald ist wieder Reeperbahn-Festival: Da kommt Großes auf uns zu! Außerdem: Kultur-Tipps, Ausflüge und Genießer-Hotspots

Und was die Freundschaft betrifft: Mehr als Kontakte kleinerer Gruppen zwischen St. Pauli und Berlin-Köpenick gab es nie. Anders als etwa bei der einstigen Fanfreundschaft zwischen St. Pauli und dem 1. FC Köln Ende der 1980er-Jahre, als regelmäßig Hunderte Fans in der Kurve den jeweils anderen Klubs standen. St. Pauli-Anhänger etwa in der Ostkurve des alten Volksparkstadions, wenn die Kölner dort antraten.

Sportlich sind beide Vereine im Aufwind: Der Kiezklub spielt zum ersten Mal eine Liga über dem HSV. Union Berlin stieg 2019 in die Bundesliga auf und hat Hertha BSC weit hinter sich gelassen. Während St. Pauli jahrzehntelang immer den HSV vor sich hatte, arbeitete sich Union vor dem Mauerfall am Stasi-Klub Dynamo Berlin ab. Den zu überholen, war staatlich verboten.

St. Pauli-Coach Blessin warnt vor Entwicklung wie Union

Ihr Underdog-Image haben die „Schlosserjungs“ erfolgreich in die Gegenwart transportiert. „In der Summe ist es bemerkenswert, was Union aufgebaut hat“, würdigt St. Pauli-Coach Alexander Blessin die Entwicklung der Berliner. Auch wenn die Verpflichtung von Stars wie Robin Gosens oder Leonardo Bonucci nach der Champions-League-Qualifikation das Gefüge ins Wackeln brachte und beinahe mit dem Abstieg bestraft worden wäre. „Da sieht man, was passieren kann, wenn Erfolg zu schnell kommt“, sagt Blessin.

Der Auswärtsblock an der Alten Försterei wird abermals komplett mit St. Pauli-Fans gefüllt sein.
WITTERS

Der Auswärtsblock an der Alten Försterei wird abermals komplett mit St. Pauli-Fans gefüllt sein.

Der Höhenflug der vergangenen Jahre wurde auch durch Millionen-Investitionen des Luxemburger Fonds „Quattrex German Opportunities“ ermöglicht. So etwas würde bei St. Paulis Mitgliedern kaum durchgehen. Weshalb Präsident Oke Göttlich, der wie sein Union-Pendant Dirk Zingler der Fanszene entstammt, eine Genossenschaft plant.

Fazit: Es gibt eher Ähnlichkeiten als Gemeinsamkeiten – aber eben auch größere Unterschiede. Und entscheidend ist auf dem Platz – dort, wo sich beide Vereine derzeit am ehesten spiegeln. Sowohl St. Pauli-Trainer Blessin als auch Union-Coach Bo Svensson setzen auf eine 3-5-2-Formation mit einem kompakten Mittelfeld. „Es wird nicht so viele Chancen auf beiden Seiten geben“, mutmaßt Kiez-Kapitän Jackson Irvine.

Das könnte Sie auch interessieren: Kemlein im Fokus? St. Pauli-Trainer Blessin über mögliche Last-Minute-Transfers

Auch deshalb dürfte sich das Ergebnis des ersten Treffens nicht wiederholen: Am 18. Juli 1948 zog St. Paulis „Wunderelf“ durch ein 7:0 gegen Union im Berliner Olympiastadion ins Halbfinale der deutschen Meisterschaft ein.

„Blutsbrüder“ Union Berlin und St. Pauli? So sieht ihr Verhältnis wirklich aus wurde gefunden bei mopo.de

Please follow and like us:
Pin Share