CDU-BSW-Koalitionen in Sachsen und Thüringen: Wobei es haken könnte

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In Sachsen und Thüringen bleibt der CDU wohl kaum eine andere Möglichkeit, als eine Koalition mit dem BSW einzugehen. Doch programmatisch gibt es deutliche Unterschiede. Ein Überblick. Glücklich sind in der CDU gerade nicht alle. “Die CDU steuert auf einen Abgrund zu, wenn wir uns vor den Karren von Sahra Wagenknecht spannen lassen”, sagte etwa der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke dem “Tagesspiegel”. Gemeinsam mit 40 Parteimitgliedern hat sich Radtke einer Initiative angeschlossen, die einen Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU mit dem BSW fordert. Einen solchen Beschluss gibt es bereits seit 2018 mit der Linkspartei und der AfD . Doch angesichts der jüngsten Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen stehen die Christdemokraten vor einem Dilemma. Denn wenn die Partei in beiden Ländern künftig die Regierung anführen will, ist sie auf das BSW angewiesen: Da Koalitionen mit AfD und den Linken ausgeschlossen wurden, braucht Sachsens Noch-Ministerpräsident Michael Kretschmer das BSW für eine Mehrheit. Bei dem dritten Regierungspartner könnte Kretschmer zwischen SPD und Grünen wählen. Im Wahlkampf hatte der Ministerpräsident sich aber deutlich gegen eine Regierungsbeteiligung der Grünen ausgesprochen. Noch schwieriger ist die Lage in Thüringen: Dort sind neben der CDU, dem BSW und der SPD lediglich die Linken und die AfD in den Landtag eingezogen. Aufgrund des Unvereinbarkeitsbeschlusses bleibt CDU-Landeschef Mario Voigt also nur eine Koalition mit BSW und SPD. Doch selbst diese Koalition verfehlt hauchdünn eine Mehrheit im Landtag. Doch wie kompatibel wären CDU und BSW überhaupt programmatisch – und wo gibt es die größten Unterschiede? t-online hat die Wahlprogramme überprüft und gibt Ihnen einen Überblick: Außenpolitik Obwohl die deutsche Außenpolitik in einem Landtagswahlkampf für gewöhnlich keine Rolle spielt, ist sie für Wagenknechts Partei ein so zentrales Thema, dass sie in beiden Wahlprogrammen als erster Punkt genannt wird. Das BSW setzt sich auch auf Landesebene für einen Waffenstillstand und sofortige Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine ein – ohne jegliche Vorbedingungen. Den Angriff Russlands auf die Ukraine nennt die Partei völkerrechtswidrig und verurteilt ihn. Gleichzeitig fordert das BSW eine “Friedensarchitektur für Europa”, in der die Sicherheitsinteressen aller Seiten, und damit auch die von Russland, berücksichtigt werden sollen. Diese Interessen hätten die Nato und Russland dagegen “jahrzehntelang missachtet”. In dem sächsischen Programm des BSW wird zudem die Politik des Ministerpräsidenten Kretschmer gelobt, ohne ihn dabei explizit zu erwähnen. Es sei zu begrüßen, dass es Bemühungen um Frieden gebe, wie von Papst Franziskus oder von “führenden Politikern in Sachsen”, heißt es vielsagend in dem Programm. Kretschmer hatte sich in den vergangenen Monaten entgegen vieler Stimmen in seiner Partei häufig für eine Friedensinitiative und gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. Gleichzeitig zweifelt das BSW daran, wie glaubwürdig Kretschmers Einlassungen seien, wenn man die Programmatik der Bundes-CDU betrachte: “Eine Stimme für die CDU bei der Landtagswahl in Sachsen ist auch Rückenwind für Friedrich Merz im Bund, der uns durch die Lieferung von Taurus-Raketen noch tiefer in den Ukraine-Krieg hineinziehen möchte”, heißt es etwa wortwörtlich im Wahlprogramm. Zudem hat die Partei mehrfach die Bedingung gestellt, man werde nur in Koalitionsverhandlungen gehen, wenn die Koalitionspartner die Stationierung neuer US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland ablehnen. Themen wie militärische Unterstützung der Ukraine, Friedensverhandlungen oder andere außenpolitische Aspekte des Kriegs tauchen in den Programmen der CDU nicht auf. Kretschmers und Voigts öffentliche Äußerungen lassen allerdings einige Parallelen zum BSW erkennen. Kretschmer brachte etwa eine Volksabstimmung zur Frage der Stationierung der US-Raketen in Deutschland ins Gespräch. Voigt betonte hingegen, dass die Weltpolitik nicht in Thüringen entschieden werde. Er würde aber den direkten Bürgergeldbezug von ukrainischen Flüchtlingen in Deutschland beenden. Migration und innere Sicherheit Bei beiden Themen gibt es zahlreiche Schnittmengen: Einig ist man sich etwa im BSW und in der CDU, dass die Polizei grundsätzlich gestärkt werden solle. Die sächsische CDU verspricht etwa, die Zahl der Bürgerpolizisten zu verdoppeln, in Thüringen sollen künftig pro Jahr 350 neue Polizeianwärter ausgebildet werden. Das BSW spricht davon, dass die Behörde über eine “angemessene Personalausstattung” verfügen solle. Im Thüringer Wahlprogramm wird dabei auch von mehr Stellen und einer besseren Ausstattung gesprochen, in Sachsen wird lediglich betont, dass eine Fachkommission regelmäßig den Personalbedarf überprüfen soll. Weitere Gemeinsamkeiten gibt es bei der Migration: Beide Parteien sprechen sich dafür aus, künftig Asylverfahren an den EU-Außengrenzen oder in Drittstaaten stattfinden zu lassen. Abschiebungen sollen zudem beschleunigt werde. Die CDU in Thüringen möchte eigene Rückführungszentren aufbauen. Die Christdemokraten in Sachsen wollen zudem eine Obergrenze für Asylbewerber einführen. Beim BSW ist davon keine Rede. Unterschiede gibt es bei der Rolle des Verfassungsschutzes: Die CDU strebt danach, in beiden Ländern die Position des Inlandsnachrichtendienstes zu stärken. Das lehnt das BSW indes ab. Soziales und Arbeitsmarkt In beiden Bereichen sind deutliche Unterschiede erkennbar: Während die Wagenknecht-Partei einen Mindestlohn von 14 Euro und Steuerfreiheit für Renten unter 2.000 Euro fordert, klingt das bei der CDU deutlich anders. Weder in Thüringen noch in Sachsen sind die Landesverbände große Freunde des Bürgergeldes: In Thüringen will man sich etwa dafür einsetzen, es durch eine Grundsicherung zu ersetzen. Die CDU fordert daneben Steuerfreiheit bei Überstunden . In Sachsen will sich Kretschmer für eine Initiative auf Bundesebene einsetzen, die Rentnern steuerliche Freibeträge und Zuverdienst ermöglichen soll. Die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland lehnt keine der Parteien ab. Die CDU-Landesverbände sprechen allerdings davon, aktiv um neue Arbeitskräfte im Ausland werben zu wollen. In den Programmen des BSW heißt es lediglich, die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland könne “bei echten Engpässen hilfreich sein”. Finanzen Auch bei der Finanzpolitik tun sich deutliche Unterschiede auf. Das BSW setzt sich etwa für die Einführung einer Vermögenssteuer für Spitzenverdiener ein. Der sächsische Landesverband kritisiert in seinem Programm zudem die Schuldenbremse: Die sei in der aktuellen Form unflexibel und habe sich als “Entwicklungsbremse” herausgestellt, während die CDU das Instrument bisher immer vehement verteidigt hat. Steuererhöhungen sind für die CDU sowohl in Sachsen als auch Thüringen kein Thema. In Kretschmers Programm heißt es, dass man kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabeproblem habe. In Thüringen will die CDU Steuern senken.

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