CDU-Mann Ploß schreibt Beitrag für rechtes Portal – sogar Parteifreunde sind genervt

CDU-Mann Ploß schreibt Beitrag für rechtes Portal – sogar Parteifreunde sind genervt

Christoph Ploß eckt gerne an. Immer ein bisschen lauter als seine CDU-Parteikollegen ist er, immer ein bisschen steiler sind seine Thesen. Bundesweite Aufmerksamkeit bekam er durch sein Lieblings-Hass-Thema, das Gendern. Jetzt ist der Hamburger Bundesabgeordnete Gastautor beim rechtspopulistischen Medium „Nius“. In der CDU sorgt das für Ärger.

Am 30. Juni um 17.55 Uhr ging ein Beitrag mit der Überschrift „Demokratie kann man nicht kaufen!“ bei „Nius“ online. Der Autor: Christoph Ploß. Der 38-Jährige kritisiert in dem Text das Demokratiefördergesetz, das Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) auf den Weg bringen will – so weit, so gut.

„Nius“ – ein rechtspopulistisches Nachrichtenportal

Doch das Nachrichtenportal, auf dem Ploß seinen Gastbeitrag veröffentlicht, steht nicht gerade für Qualitätsjournalismus. Wenn man auf die Internetseite von „Nius“ geht, dann wird man regelrecht angeschrien: „Frauen verlieren Lust an Multi-Kulti und fürchten um ihr Leben“, „Die lebensgefährliche Politik der Nancy F.“, „Dieses Video schockt das ganze Land: Arabische Jugendgang verprügelt deutschen Jungen und keinen stört’s.“

Der Gastbeitrag von Christoph Ploß ging am Abend des 30. Juni online.
Screenshot / nius.de

Der Gastbeitrag von Christoph Ploß ging am Abend des 30. Juni online.

Das ist nur eine Auswahl an Überschriften, die in großen Lettern dort stehen. Der Ton von „Nius“ ist eindeutig: Gegen Migranten, gegen die Grünen, gegen die Öffentlich-Rechtlichen. „Ich stelle bei dem Portal eine gewisse Radikalisierung fest“, sagte der Politikwissenschaftler Markus Linden von der Uni Trier gegenüber dem „Deutschlandfunk“. Die Macher von „Nius“ seien alle Profis, die ganz genau wüssten, was sie tun müssten, um Stimmung gegen bestimmte Gruppen zu erzeugen, so Linden.

Eine zentrale Rolle bei „Nius“ nimmt der ehemalige Chef der „Bild“-Zeitung, Julian Reichelt, ein. So ist er das Gesicht des Formats „Achtung, Reichelt!“ und wird im Impressum als der geschäftsführender Direktor der Betreiberfirma „Vius“ genannt. Reichelt musste die „Bild“ verlassen, nachdem Machtmissbrauchs-Vorwürfe gegen ihn publik geworden waren.

Ex-„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt nimmt bei „Nius“ eine zentrale Rolle ein. (Archivbild)
IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Ex-„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt nimmt bei „Nius“ eine zentrale Rolle ein. (Archivbild)

Texte mit rassistischem Unterton, Reichelt als „Nius“-Chef – all das scheint Christoph Ploß offenbar nicht zu stören. Auf MOPO-Anfrage antwortet der CDU-Mann: „Pressefreiheit und Medienvielfalt sind in unserer Demokratie hohe Güter, die gefährdet würden, wenn Politiker sich den Fragen von Journalisten nicht mehr stellen würden. Ich bin überzeugt, dass unserer Demokratie gerade in Zeiten, in denen Parteien an den politischen Rändern an Zustimmung gewinnen, eine starke, offene Debattenkultur braucht.“

Deshalb bemühe er sich, Presseanfragen grundsätzlich zu beantworten und auch Gastbeiträge in verschiedenen Medien zu veröffentlichen. Außerdem verweist Ploß darauf, dass auch der SPD-Politiker Ralf Stegner und sogar Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) „Nius“ Interviews gaben.

Fest steht allerdings: Ein Interview zu geben und einen Gastbeitrag zu schreiben sind zwei Paar Schuhe – schließlich agiert ein Gastautor als Sprachrohr für das jeweilige Medium.

Experte: „Akteure werden normalisiert, wenn Konservative zu ,Nius‘ gehen“

Politikwissenschaftler Markus Linden sagt, dass es gefährlich sei, wenn Politikerinnen und Politiker bei „Nius“ auftreten. „Bei ,Nius‘ läuft zum Beispiel Eva Vlaardingerbroek als Expertin auf, eine niederländische Rechtsradikale, die sehr eng mit der Neuen Rechten verbandelt ist. Oder Silke Schröder, die auch bei dem sogenannten Geheimtreffen in Potsdam dabei war. Solche Akteure werden normalisiert, wenn Konservative zu ,Nius‘ gehen und denken, dort gäbe es irgendetwas zu gewinnen.“

Fakt ist: Gerade vor Wahlen versuchen Politiker, prominent in der Öffentlichkeit aufzutauchen. Und als Gastautor bei einem Medium in Erscheinung zu treten, bietet die Chance, sich direkt an ein bestimmtes Publikum zu wenden. Und Ploß dürfte bei „Nius“ eine Chance gewittert haben, auf Wählerfang am rechten Rand gehen zu können.

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In der Hamburger CDU sorgt Ploß‘ Gastbeitrag für Unmut – zumindest hinter vorgehaltener Hand. „Nius“ sei kein Medium, das zur Hamburger CDU passe, sagt ein prominenter Parteikollege. Es gebe genug andere Medien, in denen Gastbeiträge veröffentlicht werden könnten. Als Politiker solle man genau prüfen, mit wem man zusammenarbeite – „Aufmerksamkeit um jeden Preis“ sei nicht die richtige Herangehensweise. Jeder, der in der CDU Verantwortung trägt, müsse die geistige Reife und den Charakter mitbringen, das für sich zu beurteilen.

Der Landeschef der Hamburger CDU, Dennis Thering, möchte sich zur Gastautoren-Tätigkeit von Christoph Ploß bei „Nius“ übrigens nicht äußern – hier gilt wohl: Keine Antwort ist auch eine Antwort.

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