„Dieses Emotions-Gedusel!“ DFB-Star Müller hebt trotz Super-Sieg den Zeigefinger

„Dieses Emotions-Gedusel!“ DFB-Star Müller hebt trotz Super-Sieg den Zeigefinger

Den Lohn der Mühen strichen sie bereits wenige Stunden nach ihrer Rückkehr im Teamquartier ein. Um kurz vor drei Uhr in der Nacht zu Samstag war der Mannschaftsbus mit Deutschlands glücklichen Elitekickern wieder in Herzogenaurach eingefahren, das berauschende 5:1 gegen Schottland sorgte überall für Glücksgefühle. Ein paar Stunden lang verkrochen sich die Profis in ihre Betten, ehe anschließend ihre Liebsten auf sie warteten. Nach dem großartigen Start gönnte Bundestrainer Julian Nagelsmann seinem Team einen Tag mit der Familie. Erfolg kann so süß schmecken, noch dazu bei einer Heim-EM.

Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, was das DFB-Team mit seinem Auftritt gegen Schottland losgetreten hat. Der Großteil der Bevölkerung mag vor dem Turnierstart – trotz aller bestehenden Hoffnung – noch mit Skepsis auf diese Mannschaft geschaut haben. Doch die Art und Weise, wie der auch in der Höhe verdiente Sieg gegen Schottland gelang, reißt das Land mit und sorgt für Euphorie. Mannschaft und Fans könnten die so oft beschworene Einheit werden, die es für den Titel oder zumindest einen weiten Turnierweg braucht.

DFB-Star Havertz lobt die deutschen Fans

Kai Havertz hatte direkt nach dem Triumph in München lobende Worte an die Fans verloren. „Man hat gemerkt, dass das ganze Land Kopf steht“, merkte der Elfmeterschütze an, der das 3:0 erzielt hatte. „Man merkt, wie verrückt die Fans sind und wie sehr sich alle wünschen, dass wir diesmal wieder ein erfolgreiches Turnier spielen.“   

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Havertz‘ Lob wird dem Publikum gefallen. Solche Worte kommen an. Einen Teil der Wahrheit behielt der 24-Jährige allerdings für sich: Es war in erster Linie die Leistung der Mannschaft, die das Publikum begeisterte und es mitnahm. Nicht umgekehrt. Das macht die Ovationen noch wertvoller. Denn diese Mannschaft ist an guten Tagen so stark, dass sie mitreißt. Ein Team mit Klasse. Eines, das zu Großem im Stande ist.

Das DFB-Team zerlegte Schottlands Nationalmannschaft

Wie groß das alles wird, bleibt natürlich abzuwarten. Bei allem Respekt vor den Schotten: Die „Bravehearts“ hatten ihre Herzen offenbar in der Kabine vergessen, agierten eher wie „toothless tigers“. Es schien eine Frage der Zeit zu sein, wann sie im deutschen Kombinationswirbel untergehen würden. Eine Frage, die Florian Wirtz (10.), Jamal Musiala (19.) früh und später auch Havertz (45.+1), Niclas Füllkrug (68.) und Emre Can (90.+3) entsprechend beantworteten.

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„Die Fans haben sich so eine Explosion gewünscht, weil man so ein Spiel dann einfach nur genießen kann“, wusste Thomas Müller. „Ich glaube, dieser ganze Tag in München war ein Genuss.“ Der Routinier, der mit 34 Jahren bereits sein siebtes Turnier spielt, weiß allerdings bei aller Freude auch genau, dass Euphorie und Atmosphäre nicht alles sind. „Es geht nicht ums Gefühl, es geht um die Punkte“, erklärte der Bayern-Stürmer, blickte plötzlich ernst aus der Wäsche und erinnerte an Probleme nach Auftaktsiegen bei vorangegangenen Turnieren: „Wir hatten immer tolle Gefühle und dann haben wir 2014 gegen Ghana unentschieden gespielt und 2010 gegen Serbien verloren.“ So sei das, „mit diesem Emotionsgedusel. Es liest sich nett, aber es trägt dich nicht durchs Turnier.“

Seit März ist beim DFB-Team wieder alles anders

Es wird Fans und Mannschaft aber auf dem gemeinsamen Weg helfen. Ein Zusammenspiel, das bis vor wenigen Monaten nicht absehbar war und im März – mit neuem, aufgefrischtem Kader und den Siegen in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1) – seinen Ursprung fand.

Deutschland lechzte vor der EM nach einer Mannschaft, mit der es sich identifizieren kann. Bitte sehr, da ist sie. Mit bärenstarken jungen Wilden (Wirtz, Musiala), gereifter Weltklasse (Havertz, Kimmich, Rüdiger), großartigen Lenkern (Kroos, Gündogan), frischem, unverbrauchtem Blut (Mittelstädt, Andrich) und Routiniers wie Müller oder Füllkrug, die jederzeit in der Lage sind, zuzustechen. Es passt. Eine feine Mischung, eine die Hoffnung macht, dass dies ein langer, schöner deutscher Fußball-Sommer werden kann.

War das der Auftakt zu einem neuen Sommermärchen?

„Wir können uns alle tierisch darüber freuen, Deutschland repräsentieren zu dürfen und machen das auch mit sehr viel Stolz“, sagte Füllkrug, als er nach dem Sieg noch immer etwas aufgekratzt und mit leuchtenden Augen vor die Presse trat. „So wird es bleiben.“ Draußen, vor dem Stadion versammelten sich derweil Fans und bejubelten die Profis, als sie München wenig später per Bus verließen. Der Anfang ist gemacht.

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