„Eskalation“, „untragbare Zustände“: Hamburger Kita-Eltern verzweifelt

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Mit „größter Besorgnis, Empörung und Verzweiflung“ haben die Eltern der Kita „Zu den 12 Aposteln“ ihren Brandbrief verfasst. Grund: Ausgerechnet in der „Sternchengruppe“, in der speziell Kinder mit Behinderungen und Entwicklungsstörungen betreut werden, haben zwei Pädagoginnen gekündigt und nun kommt es immer wieder zu kurzfristigen Schließungen – was berufstätige Eltern vor Riesenhürden stellt. Besonders harte Vorwürfe erheben die Eltern gegen den kirchlichen Träger, der ihnen in einer ohnehin schwierigen Lage noch weitere Bürden auflade.

Seit Wochen, schreiben die Eltern, herrschen „untragbare Zustände“ in der Kita an der Elbgaustraße: „Teilweise erfahren wir am Morgen, dass wir die Kinder um 13 Uhr abholen müssen“, sagt Mutter Miriam Dogan. Für berufstätige Eltern bedeutet dies: Der ganze Tag muss ungeplant werden. Wenn Mütter und Väter aber etwa in der Pflege tätig sind, sei das oft gar nicht möglich. „Und auch für die Kinder ist das schwierig“, so die Mutter weiter: „Autistische Kinder etwa brauchen feste Strukturen und werden dort immer herausgerissen.“ Mehrere Beschwerden landeten bei der Kita-Aufsicht der Sozialbehörde.

Kita in Lurup: Eltern sprechen von „Eskalation“ am 26. Juni

Am 26. Juni sei es dann zu einer „Eskalation“ gekommen: Um 16.55 Uhr sei eine Mail gekommen, in der den Eltern mitgeteilt worden sei, dass die „Sternchengruppe“ an den folgenden beiden Tagen komplett geschlossen bleibe, ohne jede Notbetreuung – für die Eltern eine Katastrophe ohne Vorwarnung. Die Kinder der „Sternchengruppe“ können im Notfall nicht mal eben von Müttern in der Nachbarschaft mitbetreut werden.

Diese Maßnahme treffe „ausnahmslos Familien, die ohnehin stark belastet sind durch die Betreuung eines chronisch kranken, behinderten oder stark entwicklungsverzögerten Kindes“, schreiben die Eltern.

Eltern erheben Vorwürfe gegen kirchlichen Kita-Träger

Mit den Nerven am Ende wenden sie sich mit ihrem Brandbrief an Sozialsenatorin Melanier Schlotzhauer (SPD), Pröpstin Anja Botta vom evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein und Karl-Heinz Bacher, Geschäftsführer des evangelisch-lutherischen Kita-Werks Hamburg West-Südholstein. Besondere Vorwürfe erheben sie gegen das kirchliche Kita-Werk: Die Verantwortlichen hätten in der Kommunikation „keinerlei Empathie und Verständnis für unsere oft herausfordernde Situation“ gezeigt, den Eltern stattdessen zusätzliche Bürden aufgeladen.

Laut der Eltern haben die beiden langjährigen Heilerziehungspflegerinnen sich neue Jobs gesucht, weil das kirchliche Kita-Werk intern angekündigt habe, die Luruper „Sternchengruppe“ zu schließen: „Die beiden Mitarbeiterinnen sahen sich ihrer beruflichen Perspektive beraubt“, so die Eltern. Diesen Vorwurf weist der Sprecher des Kita-Werks, Gunnar Urbach, gegenüber der MOPO zurück: „Das ist an den Haaren herbeigezogen.“ Es gebe keine Pläne, die „Sternchen“-Gruppe zu schließen. Dass pädagogisches Personal die Einrichtung wechsele, sei „völlig normal.“

Keine Perspektive? Zwei Mitarbeiterinnen haben gekündigt

Seit die beiden Mitarbeiterinnen ihre Kündigungsabsicht verkündet habe, suche die Kita mit Hochdruck nach Ersatz, sagt der Sprecher: „Aber der Markt ist komplett leer.“ Dass die Eltern verzweifelt sind, sei verständlich, aber: „Auf der anderen Seite steht eine Kita-Leitung, die tut, was sie kann und sogar hohe Kosten durch teures Zeitarbeitspersonal in Kauf nimmt.“ Jeden Monat gehe die Kita ins Minus, auch, weil die zusätzlichen Kosten für die Betreuung von Integrationskindern nicht mehr vom Kita-Gutschein der Sozialbehörde gedeckt sind. Seit 2018 wurden die Zuschläge nicht mehr erhöht, seitdem sind die Gehälter für Heilpädagoginnen in Kitas aber gestiegen und auch externe Therapeuten bekommen höhere Honorare.

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Dass Kitas mehr Geld für Therapien brauchen, sei bei der Sozialbehörde bekannt, sagt Sprecher Wolfgang Arnhold: „Aktuell laufen Verhandlungen zwischen der Sozialbehörde und der Anbieterseite hinsichtlich der besseren Berücksichtigung der Therapiekosten in den Kita-Entgelten.“

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