Ex-HSV-Coach Zinnbauer ist Fan von Kuntz – und denkt an Deutschland-Rückkehr

Ex-HSV-Coach Zinnbauer ist Fan von Kuntz – und denkt an Deutschland-Rückkehr

Von September 2014 bis März 2015 trug sich Joe Zinnbauer in die lange Liste der HSV-Trainer in diesem Jahrtausend ein. Bei 24 Spielen saß er auf der Bank. Siege gegen Dortmund, Bremen und Leverkusen wurden mit ihm gefeiert. Die ganz große Erfolgsgeschichte war es am Ende trotzdem nicht. Diese gab es für Zinnbauer dafür nun in Marokko. Die MOPO hat mit ihm über eine außergewöhnliche Saison, die letzten Jahre im Ausland und den HSV gesprochen – und dabei deutet Zinnbauer nicht nur an, dass er großer Fan des neuen Hamburger Sportvorstands Stefan Kuntz ist, sondern auch eine mögliche Rückkehr nach Deutschland.

MOPO: Herr Zinnbauer, Sie haben gerade mit Raja Casablanca die Meisterschaft in Marokko gewonnen und sind die gesamte Saison ungeschlagen geblieben. Wie wurde der Erfolg gefeiert?

Joe Zinnbauer: Wir haben im kleinen Kreis angestoßen. Mein Team und ich konzentrieren uns jetzt darauf, die Saison ohne Niederlage zu beenden und mit dem Pokal des marokkanischen Königs auch das Double zu gewinnen. Deshalb bleibt momentan wenig Zeit zum Feiern, aber das holen wir sicher nach. Casablanca war nach dieser epischen Meisterschaft ohne Niederlage natürlich im Ausnahmezustand und hat auch ohne mich ausgiebig gefeiert.

Ex-HSV-Trainer Zinnbauer wurde in Marokko zur Legende

Wie kann man sich das vorstellen?

Raja hat in den letzten Jahren nicht viele Titel gewonnen, daher war die Freude über diese unerwartete Meisterschaft riesig. Ich versuche aktuell, die Straßen zu meiden. Es ist der pure Wahnsinn. Ein einfacher Weg zum Bäcker dauert plötzlich 20 statt drei Minuten. Sonnenbrille und Cap helfen da auch kaum noch. Im Restaurant kann ich nicht mehr in Ruhe essen, was schon mal schwierig ist, wenn man mit Freunden unterwegs ist. Aber was soll ich sagen: Ich bin selbstverständlich gerne ungeschlagener marokkanischer Meister.


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Wie ist der Fußball in Marokko im Vergleich zu Deutschland?

Individuell sind viele Spieler dieser Liga top. Es gibt hier jede Menge sehr talentierte Straßenkicker. Bei den Basics, der Taktik, der Ausbildung und Organisation konnten wir bereits viel in unserem Klub optimieren und verbessern. Natürlich kann man es nicht mit Deutschland vergleichen und es gibt noch viel Luft nach oben. Das Land und die Liga sind jedoch auf einem sehr guten Weg, wie die WM in Katar bereits gezeigt hat. Wenn hier noch professioneller gearbeitet wird, kann man sicher auch diese Lücke bis zur WM 2030 in Marokko, Spanien und Portugal schließen.

Gilt das auch für die Atmosphäre in den Stadien?

Die Fans in Marokko sind unglaublich und extrem fußballverrückt. Die Fans von Raja sind hier noch mal ein ganz anderes Kaliber und weltweit berühmt und berüchtigt. Sie sorgen bei den Spielen für eine Stimmung, die ich vorher noch nie erlebt habe. Das ganze Stadion bebt mehr als 90 Minuten lang. Es ist so laut, dass ich mich kaum atmen höre oder meinen Herzschlag spüre. Das muss man einfach erlebt haben, sonst glaubt man es nicht.

Joe Zinnbauer zog es nach dem HSV in viele Länder

Und wie ist für Sie das Leben in Marokko? Mussten Sie sich als Europäer groß umstellen?

Marokko allgemein hat ein friedliches und unglaublich gastfreundliches Volk. Casablanca ist eine dynamische Industriestadt mit einem besonderen Flair. Mir gefällt der Mix unglaublich gut. Die schöneren Städte sind allerdings Marrakesch und die Hauptstadt Rabat.

Für Sie ist es nicht das erste Abenteuer im Ausland. Nach Ihrer Zeit beim HSV waren Sie auch schon in der Schweiz, Südafrika und Russland tätig. Warum immer wieder neue Länder?

Bis gestern lag noch kein Angebot eines deutschen Klubs vor, welches mich überzeugen konnte (lacht). Die Wertschätzung, die ich in Marokko oder auch zuvor in anderen Ländern erfahren habe, ist von einer anderen Qualität, die ich aus Deutschland bisher so nicht kannte. Da ist man schon ein wenig verwöhnt. Auch wenn es manchmal gewöhnungsbedürftig ist. Ein Beispiel: Bei meinem ersten Spiel in Marokko waren in der Halbzeitpause plötzlich nur noch drei Spieler da. Ich habe gefragt, wo die anderen sind, und mir wurde gesagt, dass sie alle beim Beten sind. So etwas kannte ich vorher nicht. Aber ich habe alles angepasst und jetzt sind wir ungeschlagener Meister.

Wie lassen sich die vielen Wechsel mit der Familie vereinbaren?

Meine Familie ist mein unerschütterlicher Rückhalt und erlaubt mir das. Sie lebt weiterhin in der schönsten deutschen Stadt, Hamburg. Aber wir besuchen uns gegenseitig, so oft es geht.

Ex-HSV-Coach Zinnbauer: Deutschland-Rückkehr möglich

Ist die Rückkehr als Trainer nach Deutschland ein Ziel?

Ich bin Deutscher und würde natürlich sehr gerne wieder ein wettbewerbsfähiges Profi-Team in meiner Heimat trainieren.

Zu einer Ihrer Stationen im Ausland gehörte vor zwei Jahren auch Russland. Dafür gab es aufgrund des Angriffskrieges auf die Ukraine viel Kritik. War dieser Wechsel im Nachhinein ein Fehler?

Ich bin kein Politiker, sondern ein Trainer, und das mit Leidenschaft. Lok Moskau war für mich ein Verein mit einer unglaublich guten sportlichen Perspektive. Die Herausforderung habe ich damals angenommen, ohne die kausalen Zusammenhänge zu verstehen. Ich denke, es war ein Fehler, diese rückwirkend unterschätzten Punkte zu vernachlässigen.

Wie verfolgen Sie Ihren deutschen Ex-Klub, den HSV?

Hamburg ist meine Wahlheimat. Mein Herz schlägt für den HSV, und ich drücke der Stadt, dem Verein, seinen Spielern und Steffen Baumgart die Daumen, dass sie es endlich wieder in die erste Liga schaffen. Ich glaube, dass der HSV mit Stefan Kuntz einen guten Fang gemacht hat. Das Team braucht fußballverrückte Menschen mit Top-Kompetenz. Die Stadt kann zwei Klubs in der ersten Liga vertragen und hat das auch verdient. Ich glaube, mit den beiden wird es der HSV nächstes Jahr schaffen und endlich aufsteigen. Ich drücke als Fan und Freund der HSV-Familie die Daumen.

Ex-HSV-Coach Zinnbauer ist Fan von Kuntz – und denkt an Deutschland-Rückkehr wurde gefunden bei mopo.de

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