Geständnis von HSV-Zugang Richter: „Ich habe es mir leichter vorgestellt“

Geständnis von HSV-Zugang Richter: „Ich habe es mir leichter vorgestellt“

Er stammt aus Bayern, fühlt sich aber schon nach wenigen Wochen „brutal wohl“ in der neuen Heimat. Hamburg hat es Marco Richter (26) angetan – und der HSV auch. Es läuft noch nicht alles glatt, das aber kennt die Mainz-Leihgabe aus den Vorjahren. Und darüber spricht er in der MOPO offen. Richter erzählt von einem persönlichen Makel, von Kritik des eigenen Vaters, von einem wütenden Erling Haaland – und von einem Highlight-Erlebnis mit Lothar Matthäus.

MOPO: Drei Siege, ein Remis: Der HSV hat noch nicht verloren, wenn Sie auf dem Platz standen. Sind Ihr noch fehlendes Tor und der fehlende Assist daher verkraftbar?

Marco Richter: Ein bisschen (lacht). Die Statistik mit den ungeschlagenen Spielen gefällt mir besser. Nein, Spaß beiseite: Mir fehlen zwar noch Tor und Assist, aber ich hoffe, es dauert nicht mehr lange. Solange wir die Spiele gewinnen, auch mit mir auf dem Platz, ist alles gut. Der Erfolg der Mannschaft steht über allem. Wir wollen oben dranbleiben.

HSV-Leihgabe Richter wartet noch auf sein erstes Tor

Ein Torschuss gegen Preußen Münster, zwei gegen Jahn Regensburg, zwei in Kaiserslautern und zuletzt fünf beim 3:0 in Düsseldorf – Ihr erster HSV-Treffer wäre schon möglich gewesen.

Das stimmt. Der Trainer hat gesagt, dass ich ein bisschen ruhiger vor dem Tor bleiben muss. Ich glaube, ich mache mir manchmal selbst zu viel Stress, wenn ich vorm Tor auftauche. Ich spüre Vertrauen und will daher mit Toren und Assists helfen. Deshalb ist vermutlich noch eine kleine Blockade in meinem Fuß (lacht).

In der Rückrunde der Vorsaison spielten Sie für Mainz 05 nur 182 Minuten, beim HSV kommen Sie schon jetzt auf 201. Zufrieden?

Zu 100 Prozent. Nicht nur die Rückrunde, sondern das ganze Jahr in Mainz lief für mich nicht wie erhofft. Aber jetzt, die Stadt, Mannschaft und Trainerteam, das Vertrauen, das ich beim HSV spüre: Die Wechsel-Idee ist komplett aufgegangen.

Nach dem 5:0 gegen Regensburg, Ihrem Startelf-Debüt, sagten Sie: „Nächstes Mal darf der Trainer mich gerne länger spielen lassen.“ Danach wurden Sie wieder zweimal mit als erstes ausgewechselt, spielten einmal gar nicht. Gibt es bei Ihnen, was verständlich wäre, noch Mini-Defizite bei der Fitness?

Nein. Auch wenn ich in der vergangenen Saison weniger als erhofft gespielt habe und der Wettkampfmodus in der Bundesliga ein anderer ist, habe ich mit der Fitness keine Probleme. Der Trainer hätte mir schon gesagt, wenn es daran oder an der Leistung gelegen hätte. In Düsseldorf bin ich in 63 Minuten mehr als acht Kilometer gelaufen. Das war mit das anstrengendste Spiel, das ich je hatte – auch, weil ich gemeinsam mit Noah (Katterbach; d. Red.) auf außen mit mehr Defensivaufgaben zu tun hatte. Das war eine neue Rolle für mich. Der Rest, die Spielpraxis, der Rhythmus, wird sich immer mehr einpendeln.

Richter über HSV: „Ich habe es mir leichter vorgestellt“

Wiegt eine Saison, in der man so wenig spielt wie Sie zuletzt bei Ihrem Stammklub Mainz 05, doch schwerer, als Sie bei Ihrem Wechsel zum HSV zuerst dachten?

(überlegt kurz) Ja, doch. Ich habe es mir leichter vorgestellt. Ich wusste, wie groß die Qualität im HSV-Kader ist. Aber ich wusste auch, was auf mich zukommt und dass ich nicht als unersetzbarer Ex-Bundesliga-Spieler hierher komme, der immer spielt. Ich musste mich reinbeißen und muss weiterhin jeden Tag Gas geben.

Sie haben allein 176-mal in der Bundesliga gespielt, zudem achtmal in der U21-Nationalelf. Sie haben also sehr viel Erfahrung. Wie gehen Sie damit um, wenn es von außen nun kritisch heißt, Sie haben noch Luft nach oben?

Natürlich schnappt man Kritik auf, aber die gehört dazu. Ich bin ein Kopfmensch, kann aber gut mit Kritik umgehen. Und die kommt auch von meinem eigenen Papa. Sogar meine Freundin sagt mir mittlerweile, wenn ich nicht so gut gespielt habe (lacht). Und es stimmt ja auch: Bei mir ist noch Luft nach oben.


Die WochenMOPO – ab Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:
Handy-Verbot an Gymnasium: Schulleiter greift durch – morgens verschwinden die Smartphones im Schrank. Die Wirkung: erstaunlich
– Altersarmut: Rentner Jens lebt von 200 Euro im Monat. Kein Einzelfall
– 50 Jahre Hexenberg-Siedlung: Bewohnerin Edeltraut Schwarzkopf über Dealer und Polit-Promis
– 20 Seiten Sport: St. Pauli bangt: Das große Torhüter-Problem des Kiezklubs, HSV pokert: Wieso es immer noch kein Vertragsangebot für Flügel-Star Jean-Luc Dompé gibt
– 28 Seiten Plan7: Michi Beck von Fanta 4 übers Älterwerden und Schlussmachen & Veranstaltungstipps für jeden Tag

Ruft Ihr Papa nach jedem Spiel an?

So kann man sich das vorstellen. Er sagt mir immer ehrlich die Meinung – und langsam pocht er auch auf mein erstes Tor hier (lacht).

Stefan Kuntz riet Ihnen als U21-Nationaltrainer, professioneller leben zu müssen, damit Sie eine Chance im Profi-Fußball haben. Kam er in Hamburg auch schon mit einem Rat auf Sie zu?

Er hat mich nach einem Spiel schon mal gepackt und gesagt: „Bitte setz dich nicht unter Druck!“ Wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Wenn ich schlecht spiele, sagt er es mir auch. Ich war ihm schon damals sehr dankbar und bin es jetzt auch, weil er mich mit zum HSV gelotst hat.

HSV-Coach Baumgart sucht oft das Gespräch mit Richter

Und wie geht Steffen Baumgart mit Spielern wie Ihnen um, wenn er erklären muss, dass es diesmal nicht für die Startelf reicht?

Ich würde bei der Qualität, die wir im Kader haben, ungern in seiner Haut stecken. Er sucht oft Einzelgespräche, auch mit mir, als ich gegen Paderborn nicht gespielt habe. So wie er es macht, kann man ihm nicht böse sein. Als Luki (Lukasz Poreba; d. Red.) nicht im Kader stand, hat der Trainer vor allen gesagt, dass Luki trotzdem immer dabei ist. Diesen Zusammenhalt braucht es. In meinen Ex-Teams war auch mal ein Stinkstiefel dabei. So einen Teamspirit wie beim HSV habe ich noch nie erlebt. Und der Trainer händelt die Kadersituation sehr gut.

Wurden Sie als langjähriger Erstliga-Profi überrascht von der Qualität in der Zweiten Liga?

Schon. In der Zweiten Liga gibt es Namen, die hier nicht hergehören. Die Qualität ist top, die Stadien sind immer voll und die Fans top. Das habe ich aber auch nicht unterschätzt. Ich wusste: Es wird brutal in dieser Liga.

Maxi Mittelstädt, Kevin-Prince Boateng, Dodi Lukébakio: Sie haben mit vielen aktuellen oder Ex-Nationalspielern zusammengespielt. Wie ist im Vergleich dazu die technische Qualität von Jean-Luc Dompé, Adam Karabec oder Miro Muheim einzuordnen?

Das kann man schon miteinander vergleichen. Ob Dompé oder Lukébakio auf der linken Seite steht – das macht keinen großen Unterschied. Wir können uns glücklich schätzen, was für Spieler wir haben. Der breite Kader kann uns durch die Saison tragen.

Richter wurde von Lothar Matthäus live bei Sky gelobt

Erinnern Sie sich an den Abend, an dem Sie bei Lothar Matthäus am Sky-Tisch standen und in den höchsten Tönen gelobt wurden?

Das war im Olympiastadion, gegen Dortmund. Ich habe für Hertha zwei Tore gemacht. Danach dann am Tisch zu stehen, war geil.

Es war am 18. Dezember 2021, Sie waren der Matchwinner beim 3:2 gegen den BVB. Und Lothar Matthäus hat gesagt, dass Sie ein Kandidat für die A-Nationalelf sind, wenn Sie so weitermachen.

Kann gut sein (schmunzelt). Ich erinnere mich sehr gut an die Tore, meine Kumpels waren im Stadion und ich war zu der Zeit richtig gut drauf. Das Spiel lief optimal, sogar Erling Haaland war sauer (lacht). Mit Lothar anschließend zu sprechen – das war ein Highlight.

Ist das Level, auf dem Sie bei Hertha und davor beim FC Augsburg performten, nun Ihr Maßstab?

Für mich ist noch mehr drin, ganz klar. Egal, bei welchem Verein: Es lief nie optimal. Es ging bei mir nie nur bergauf. Ich dachte, ich kann mit Mainz wieder in der Bundesliga angreifen, das hat gar nicht geklappt. Jetzt will ich im Hier und Jetzt leben, alles aus mir rausholen.

Auch Freundin von HSV-Leihgabe Richter mag Hamburg

Wie heimisch fühlt es sich in Hamburg schon an? Sie stammen aus Bayern, haben ansonsten bisher nur in Berlin und Rheinland-Pfalz gespielt.

Ich lüge nicht: Wir fühlen uns brutal wohl, haben jetzt auch eine super Wohnung gefunden. Wenn ich früher in meiner Karriere mal gewechselt bin, habe ich immer viel länger im Hotel gewohnt. Meine Freundin fühlt sich in Hamburg echt wohl, wir haben hinter unserer Wohnung einen Park, wo wir mit unserem kleinen Hund spazieren können. Bis jetzt ist alles top.

Und was fehlt Ihnen noch zum restlosen sportlichen Glück? Das Debüt-Tor für den HSV?

Genau, es fehlt nur noch das Tor … Ich will die Torhymne auch mal hören, wenn ich ein Tor mache. Die ist schon wirklich sehr geil, muss ich sagen. Im Auto würde ich Scooter nicht hören, aber wenn Bobby (Robert Glatzel; d. Red.) oder Davie (Selke; d. Red.) mal wieder ein Ding reinschweißen und dann dieser Song läuft – das ist unglaublich. Meine Freundin und ich hatten sofort einen Ohrwurm (lacht).

Geständnis von HSV-Zugang Richter: „Ich habe es mir leichter vorgestellt“ wurde gefunden bei mopo.de

Please follow and like us:
Pin Share