Hamburger Millionär packt aus: „So kann jeder reich werden“

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Dirk Kessemeier (69) hat das geschafft, wovon viele träumen: Er wurde vom Tellerwäscher zum Millionär. Er wuchs als Arbeiterkind im sozialen Brennpunkt in Hannover auf, heute hat er ausgesorgt, lebt in Hamburg und auf Mallorca. Der Unternehmer hat vor Kurzem das Buch „Lieber neureich als nie reich“ veröffentlicht. Er vertritt die These: Jeder kann reich werden. Ein Gespräch über zehn entscheidende Jahre, Selbstständigkeit und das Potential der Jugend.

Zum Interview lädt Dirk Kessemeier in sein Büro am Ballindamm, einen Steinwurf vom Jungfernstieg entfernt. Mit dem Aufzug geht es in die siebte Etage. Es öffnet ein Mann mit Glatze und Hemd im Leoparden-Muster. „Kommt rein“, sagt Kessemeier. In dem Raum stehen zwei Schreibtische. An dem einen sitzt ein junger Mann am Computer, ebenfalls ein Glatzkopf. „Mein ältester Sohn“, sagt Kessemeier. In der Ecke ist eine Bar mit drei Hockern im Lamborghini-Sportsitz-Style. An der Wand hängt ein Bild mit dem Spruch „Money never sleeps.“ Wir nehmen auf einem roten Sofa am Fenster Platz. Im Hintergrund ertönt das Pfeifen eines Alsterschiffes.

MOPO: Herr Kessemeier, kann jeder reich werden?

Dirk Kessemeier: Theoretisch ja. Man muss in jungen Jahren eine gewisse Disziplin haben und auf Konsum verzichten. Aber irgendwann zahlt sich das aus.

Was heißt das konkret?

Es kommt auf die Jahre zwischen 20 und 30 an. Wenn du dich da gut aufstellst, musst du nicht 50 Jahre lang schuften. Wenn du in diesen Jahren ein bisschen Gas gibst, verzichtest, sparst und dein Geld richtig anlegst, kann man sich das Leben wirklich einfacher machen.

Was meinen Sie mit „Gas geben“?

Zum Beispiel nebenbei arbeiten gehen. Wenn du jung bist, bist du doch belastbar. Wenn ich zum Beispiel Ihren Job hätte (zeigt auf den MOPO-Reporter, der vor ihm sitzt) und Lust hätte, Kapital anzusammeln, dann würde ich am Wochenende noch als Barkeeper arbeiten.

Wie sind Sie Millionär geworden?

Ich habe zehn Jahre lang Gas gegeben: Ich war Hauptschüler, habe eine Lehre zum Kfz-Mechaniker gemacht. Dann habe ich als Croupier im Casino gearbeitet. Roulette und Blackjack. Und gleichzeitig habe ich Autos vermietet. So habe ich innerhalb von zehn Jahren eine Million Mark angespart. Die Autovermietung wurde dann immer größer, ich habe meine eigene Firma gegründet und war irgendwann einer der größten Lkw-Vermieter Europas. Die Firma habe ich an VW verkauft und seitdem habe nie wieder richtig gearbeitet. Ich bin von Haus aus faul. Ganz ehrlich. Aber ich habe mich früh mit Geld beschäftigt. Die Zinseszins-Tabelle, die hier in meiner Schublade liegt, habe ich seit 45 Jahren.

Für viele ist es ja aber gar nicht möglich, in jungen Jahren „Gas zu geben“. Nehmen wir mal das Beispiel eines 16-jährigen Hauptschülers aus Steilshoop, der mit fünf Geschwistern in einer Vierzimmerwohnung lebt. Der wird wohl nicht mit ein wenig Anstrengung innerhalb von zehn Jahren zum Millionär werden können.

Das ist richtig. Aber dieser junge Mann kann trotzdem eine Lehre anfangen und seinen Meister. Dafür musst du ja nicht hochbegabt sein. Und dann spart er etwas an, weil er noch einen Nebenjob hat und übernimmt den Betrieb. Und wenn es gut läuft, dann übernimmt er vielleicht noch einen Betrieb und dann noch einen. Und er investiert in Indexfonds und verdient so gutes Geld.

Dafür muss er ja aber auch erstmal wissen, was ein Indexfonds ist.

Richtig. Deswegen fordere ich ja auch, dass Wirtschaft als Pflichtfach in der Oberstufe eingeführt wird. Ich finde es schade, wenn die Jugend ihr Potential nicht nutzt.

Unsere Gesellschaft ist ja aber gar nicht darauf ausgerichtet, dass alle selbstständig werden. Wir brauchen ja Krankenschwestern, Friseure, Müllmänner…

Es sollen ja auch nicht alle in die Selbstständigkeit gehen. Aber auch als junge Krankenschwester kann ich nebenbei arbeiten, um etwas zusammenzusparen.

Mit Verlaub, man kann doch nicht einer Krankenschwester sagen, dass sie bitte noch einen Nebenjob anfangen soll.

Das ist jetzt natürlich ein Extrembeispiel. Aber als Croupier musste ich auch zehn Stunden am Tag, sechs Tage in der Woche hochkonzentriert arbeiten. Nach der Schicht war ich echt fertig, aber ich bin trotzdem morgens losgegangen, hatte 50 Wagen am Eppendorfer Marktplatz stehen und habe die vermietet. Wenn man will, geht das alles. Natürlich kann man jetzt sagen: Ach, der Kapitalist! Aber wäre es besser, wenn ich Mechaniker geblieben wäre? Dann könnte ich jetzt keine Sozialwohnungen bauen. Und ich hätte nicht mehrere Hunderttausend Euro Steuern nachgezahlt. Zu sagen, dass der Kapitalismus unsozial ist, finde ich falsch.

Wie kommen Sie darauf?

Für mich ist sozial, wenn man wirklich etwas für die Gemeinschaft tut. Und das mache ich, indem ich Sozialwohnungen baue. Immer nur zu fordern, den oberen zehn Prozent etwas wegzunehmen, bringt niemandem etwas. Man muss diesen Kapitalismus gar nicht lieben, aber man muss ihn doch wenigstens nutzen.

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Gibt es in Ihren Augen soziale Ungerechtigkeit?

Nein, es gibt eine soziale Ungleichheit. Aber ungerecht ist das nicht. Es ist doch nicht ungerecht, dass ich früh hart gearbeitet habe und ich deswegen jetzt finanziell unabhängig bin.

Naja, aber zur sozialen Ungerechtigkeit gehört ja auch, dass viele Menschen von Geburt an gar nicht die Chance haben, diesen Weg zu gehen.

Doch, in Deutschland hat jeder diese Chance. Klar, wer Eltern hat, die zu Hause kein Deutsch sprechen, der hat es natürlich schwerer. Aber das sind ja Einzelfälle. Grundsätzlich kann jeder in Deutschland Gas geben, sich etwas zusammensparen und finanziell unabhängig sein. Aber natürlich gehört auch immer ein bisschen Glück dazu.

Haben Sie noch Sorgen?

Nö. „Deine Kinder machen dir Sorgen!“, ruft der älteste Sohn vom Schreibtisch aus rein. Oder eine Ehefrau, die ab und zu zickt. (lacht) Aber finanzielle Sorgen habe ich schon ewig nicht mehr.

Wird das Leben dann nicht langweilig?

Nein. Ich beschäftige mich ja mit vielen Dingen. Ich lese viel. Immer ein Fachbuch und einen Roman parallel.

Was lesen Sie gerade?

Ich lese mal wieder „Die Psychologie des Geldes“ und so ein Ritterbuch, wo die sich ein bisschen auf den Schädel hauen.

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Wenn Sie jetzt hier über den Dächern Hamburgs sitzen und ihren Blick über die Binnenalster schweifen lassen: Denken Sie dann „Ich hab’s geschafft“?

Nee, nicht mehr. Das habe ich mal mit Ende 30 gedacht. Wenn ich hier bin, dann kriege ich gute Laune. Mein Sohn hat einen großen Freundeskreis und ich freue mich, wenn viele junge Leute in mein Büro kommen und sie von ihren Firmen erzählen. Das ist hier eine Begegnungsstätte, deswegen haben wir auch die Lamborghini-Bar. Wir gucken dann auch manchmal Fußball zusammen. Das ist das Leben.

Das ist das Leben?

Ja, wenn man zusammenkommt, Zeit mit jungen Leuten verbringt. Das ist doch toll.

Wären Sie gerne nochmal jung?

Wahrscheinlich wäre jeder gerne nochmal jung. Aber ich bin froh, dass man mir meine schönen Jahre nicht mehr nehmen kann. Und irgendwann muss man ja auch mal Platz machen für die, die nach dir kommen. Du kannst ja nicht immer den Oberlehrer machen.

Hamburger Millionär packt aus: „So kann jeder reich werden“ wurde gefunden bei mopo.de

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