Hamburger Verein engagiert sich für queere Familien und hat Forderung an die Stadt

RMAG news

Vater, Mutter, Kind? Familie kann auch ganz anders aussehen. Und dann wird es selbst in einer vielfältigen Stadt wie Hamburg manchmal erstaunlich schwer. Die „Queeren Familien Hamburg“ wollen das ändern – und haben sich viel vorgenommen.

Dortje Schirok kann sich genau an den Moment erinnern, als ihr bewusst wurde, dass es so wie bisher nicht weitergehen konnte. Die 39-jährige Physikerin und ihre Frau haben vier Kinder, schon seit vielen Jahren engagiert Schirok sich für queere Familien. Eine Herzensangelegenheit, klar.

Schirok hat dafür gesorgt, dass eine Gruppe lesbischer Mütter im Stadtteilzentrum „Schorsch“ in St. Georg zum Frühstück zusammenkommen kann – und sie organisiert das Regenbogenkinderfest mit, das seit 14 Jahren im Schanzenpark gefeiert und ehrenamtlich gestemmt wird und wo Kinder aus den unterschiedlichsten Familienkonstellationen zusammen spielen und Eltern sich austauschen können.

Doch im Frühjahr 2022, nach zwei Jahren Corona, nach zwei Jahren ohne Fest, fiel die Planung dafür plötzlich schwer. „Ich glaube, wir machen das zum letzten Mal“, so damals eine der Beteiligten. Auf keinen Fall, denkt Schirok, lieber setze ich mir den Hut auf. Aber sie fragt sich auch: „Was passiert, wenn ich ausfalle? Es kann doch nicht sein, dass so was an Einzelpersonen und ehrenamtlichen Strukturen hängt.“

„So was“, das meint Angebote wie den Frühstückstreff, der längst über die befreundeten Mütter hinausgewachsen ist. Einmal im Monat treffen sich schwule Väter, queere Pflege- und Adoptiveltern, es kommen trans* Väter und Co-Eltern, die kein Paar sind, aber trotzdem Familie. All diese Konstellationen gibt es in Hamburg – und jeder und jede ist willkommen.

„So was“, das meint auch verlässliche Beratungsangebote für Familien, die nicht der angenommenen Norm entsprechen. Es meint etwas vermeintlich Kleines wie eine Bücherkiste, in der ein Buch wie „Hallo, Teckel Tom“ zu finden ist, in dem es um einen Dackel und die kleine Sofie und nur am Rande um Sofies zwei Väter geht.

Es meint für Schirok vor allem einen Ort, der nicht gleich in Gefahr ist zu verschwinden, weil einer oder eine nicht mehr die Zeit hat oder die Kraft, sich ins Zeug zu legen.

Verein fordert ein queeres Familienzentrum für Hamburg

Solche Orte gibt es, auch für Regenbogenfamilien. Es sind queere Familienzentren. Berlin hat drei davon, München eins, in Stuttgart ist eins zu finden, gefördert von der jeweiligen Stadt. Dass die doppelt so große Hauptstadt etwas anbietet, was Hamburg nicht leistet, okay. Aber Stuttgart mit seinen 630.000 Einwohnern? Das will Schirok nicht in den Kopf.

Sie sucht nach Mitstreiterinnen – und findet Julia Holz und Ann-Kathrin Kaiser. Gemeinsam überlegen sie: Wie können wir die Leerstellen füllen, die es in Hamburg derzeit gibt für Familien wie unsere? Schnell steht fest: Wir gründen einen Verein. Die „Queeren Familien Hamburg“ wollen die Politik in die Pflicht nehmen. Und selbst gestalten. „Ich möchte einen Platz schaffen, an dem mein Sohn mit anderen Kindern darüber sprechen kann, wie es ist, wenn man zwei Mamas hat“, sagt Holz. „Wo er Kinder trifft, die so leben wie er.“ Kaiser nickt. „Es ist wichtig, dass ein solches Zentrum aus unserer Community heraus entsteht.“

Die drei schreiben zum ersten Mal in ihrem Leben eine Vereinssatzung, sie legen Nachtschichten ein, wenn die Kinder im Bett sind. Eine Homepage entsteht, ein Instagram-Account, Infobroschüren. Sie lernen viel, auch über politische Lobbyarbeit. „Es reicht nicht, uns überall einmal vorzustellen“, sagt Schirok.

Ehrenamtlich organisiert: Regenbogenkinderfest in Hamburg

45 Mitglieder hat der Verein mittlerweile, mehr als 70 Familien gehören zur Frühstücksgruppe, ein neuer, größerer Vorstand ist gewählt. Für das Regenbogenkinderfest, das der Verein nun ausrichtet, gibt es von der Stadt mehr Geld. Immerhin. Es tut sich was.

Doch das Ziel ist noch lange nicht in Sicht. Der nächste Stopp: die CSD-Demo am Samstag und das CSD-Straßenfest am Sonntag mit einem Info-Stand. Damit es anderen Eltern nicht ergeht wie noch Ann-Kathrin Kaiser vor wenigen Jahren, als sie nach einem Angebot für queere Familien suchte und nichts fand. Und beim Frühstückstreff können Eltern und Kinder jetzt in einer Bücherkiste stöbern und den Dackel Tom kennenlernen. Irgendwann soll die Kiste in Hamburgs erstem queerem Familienzentrum ihren Platz finden.

Transparenzhinweis: Die Autorin engagiert sich seit Anfang dieses Jahres selbst ehrenamtlich bei den „Queeren Familien Hamburg“.

Hamburger Verein engagiert sich für queere Familien und hat Forderung an die Stadt wurde gefunden bei mopo.de

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