Hitlers erbittertste Feinde: Diese Hamburger riskierten ihr Leben für die Freiheit

Hitlers erbittertste Feinde: Diese Hamburger riskierten ihr Leben für die Freiheit

Führerhauptquartier Wolfsschanze, Ostpreußen, 20. Juli 1944: Es ist 12.42 Uhr, als eine Bombe die Besprechungsbaracke in Stücke reißt, in der Diktator Adolf Hitler mit seinen Offizieren und Generälen die Lage an der Front erörtert. Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der Attentäter, sieht im Vorbeifahren die Explosion und ist überzeugt, der Führer sei tot. Er eilt zurück nach Berlin, um von dort den Umsturz, die „Operation Walküre“, zu vollenden. Doch wie durch ein Wunder hat Hitler den Anschlag überlebt – der Putsch, der sich am Samstag zum 80. Mal jährt, scheitert. Stauffenberg, der Attentäter, wird noch am selben Tag im Bendler-Block in Berlin standrechtlich erschossen.

Der 20. Juli 1944 ist zum Symbol des deutschen Widerstands gegen die NS-Diktatur geworden. Während sich die nationalkonservativen Kreise rund um von Stauffenberg allerdings erst zum Attentat entschließen konnten, als sich die Niederlage bereits deutlich abzeichnete, bekämpften andere Gruppen den NS-Staat schon von Anfang an: vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter. Aber auch Intellektuelle, Studenten, Christen und Zeugen Jehovas lehnten sich auf. Anlässlich des 80. Jahrestags des Attentats auf Hitler gibt die MOPO einen Überblick über die wichtigsten Hamburger Widerstandsgruppen und ihre Protagonisten.

20. Juli 1944: das misslungene Attentat auf Adolf Hitler. Zufällig ist am selben Tag Italiens „Duce“ Benito Mussolini im Führerhauptquartier Wolfsschanze in Ostpreußen zu Gast. Gemeinsam mit Hitler besichtigt er hier den zerstörten Konferenzraum.
Keystone/Hulton Archive/Getty Images

20. Juli 1944: das misslungene Attentat auf Adolf Hitler. Zufällig ist am selben Tag Italiens „Duce“ Benito Mussolini im Führerhauptquartier Wolfsschanze in Ostpreußen zu Gast. Gemeinsam mit Hitler besichtigt er hier den zerstörten Konferenzraum.

Sabotage für den Frieden: Die Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe

Plötzlich laufen auf den Werften und in den Fabriken die Maschinen nicht mehr. Wichtige Schrauben sind mit einem Mal verschwunden, Schläuche durchtrennt, es kommt zu unerklärlichen Kurzschlüssen …

Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg
Bernhard Bästlein, 1894 geboren, wurde im Mai 1933 festgenommen. Nach der Entlassung aus dem KZ Sachsenhausen 1940 fand er Arbeit als Feinmechaniker und nahm erneut Kontakt zu Gesinnungsfreunden auf, mit denen er eine Widerstandsgruppe aufbaute. Bernhard Bästlein wird am 5. September zum Tode verurteilt und am 18. September 1944 in Brandenburg-Görden ermordet.

Bernhard Bästlein, 1894 geboren, wurde im Mai 1933 festgenommen. Nach der Entlassung aus dem KZ Sachsenhausen 1940 fand er Arbeit als Feinmechaniker und nahm erneut Kontakt zu Gesinnungsfreunden auf, mit denen er eine Widerstandsgruppe aufbaute. Bernhard Bästlein wird am 5. September zum Tode verurteilt und am 18. September 1944 in Brandenburg-Görden ermordet.

Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg
Franz Jacob war von Beruf des Maschinenschlossers, wurde 1933 verhaftet.Nach seiner Entlassung 1940 aus dem KZ Sachsenhausen organisierte er 1941 zunächst in Hamburg mit Bernhard Bästlein und Robert Abshagen die kommunistische Widerstandsgruppe Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe). Am 18. September 1944 wurde Franz Jacob im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet.

Franz Jacob war von Beruf des Maschinenschlossers, wurde 1933 verhaftet.Nach seiner Entlassung 1940 aus dem KZ Sachsenhausen organisierte er 1941 zunächst in Hamburg mit Bernhard Bästlein und Robert Abshagen die kommunistische Widerstandsgruppe Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe). Am 18. September 1944 wurde Franz Jacob im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet.

VVN-BdA
Paul Thürey war Schlosser und Maschinenbauer, arbeitete im Rüstungsbetrieb Conz-Elektromotoren-Werke in Hamburg-Bahrenfeld, wo er Widerstand leistete. In der Nacht vom 20. zum 21. Oktober 1942 wurde er von der Gestapo verhaftet. Im Hamburger Kommunistenprozess wurde er zum Tod verurteilt und am 26. Juni 1944 im Hamburger Untersuchungsgefängnis enthauptet.

Paul Thürey war Schlosser und Maschinenbauer, arbeitete im Rüstungsbetrieb Conz-Elektromotoren-Werke in Hamburg-Bahrenfeld, wo er Widerstand leistete. In der Nacht vom 20. zum 21. Oktober 1942 wurde er von der Gestapo verhaftet. Im Hamburger Kommunistenprozess wurde er zum Tod verurteilt und am 26. Juni 1944 im Hamburger Untersuchungsgefängnis enthauptet.

VVN-BdA
Wilhelm Stein arbeitete bei den Harburger Eisen- und Bronzewerken und baute dort u.a. mit Richard Gohert eine kommunistische Betriebszelle auf. Während des Zweiten Weltkriegs leisteten Richard Gohert und Wilhelm Stein Widerstand. Er ließ sich zum Luftschutzwart ernennen, daher wurde ihm ein abschließbarer Raum im Betrieb zugewiesen, in dem die Widerstandsgruppe ausländische Sender hören und Flugblätter produzieren konnte. 1944 wurde er im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis enthauptet.

Wilhelm Stein arbeitete bei den Harburger Eisen- und Bronzewerken und baute dort u.a. mit Richard Gohert eine kommunistische Betriebszelle auf. Während des Zweiten Weltkriegs leisteten Richard Gohert und Wilhelm Stein Widerstand. Er ließ sich zum Luftschutzwart ernennen, daher wurde ihm ein abschließbarer Raum im Betrieb zugewiesen, in dem die Widerstandsgruppe ausländische Sender hören und Flugblätter produzieren konnte. 1944 wurde er im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis enthauptet.

VVN-BdA
Ernst Mittelbach war Schiffsmaschinenbauer und Konstrukteur. Nach einem Studium an der Hamburger Universität arbeitet er als Gewerbelehrer an der Gewerbeschule für Kraftfahrzeug- und Flugzeugtechnik. Dort war er für die Lehrlinge der Klöcknerwerke zuständig. Er gehört einer Widerstandszelle der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe an. Als er im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis 1944 enthauptet wurde, war er 39 Jahre alt.

Ernst Mittelbach war Schiffsmaschinenbauer und Konstrukteur. Nach einem Studium an der Hamburger Universität arbeitet er als Gewerbelehrer an der Gewerbeschule für Kraftfahrzeug- und Flugzeugtechnik. Dort war er für die Lehrlinge der Klöcknerwerke zuständig. Er gehört einer Widerstandszelle der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe an. Als er im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis 1944 enthauptet wurde, war er 39 Jahre alt.

VVN-BdA
Hein Bretschneider war Mitglied der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe. Nach Verhaftung und Folter wartete er im Untersuchungsgefängnis auf den Prozess. Als die Widerstandskämpfer wegen der Bombenangriffe Hafturlaub bekamen, tauchte er unter und leistete weiter Widerstand gegen Faschismus und Krieg, aber die Gestapo fand ihn und er wurde zum Tode verurteilt. Als er 1944 enthauptet wird, ist er 40 Jahre alt.

Hein Bretschneider war Mitglied der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe. Nach Verhaftung und Folter wartete er im Untersuchungsgefängnis auf den Prozess. Als die Widerstandskämpfer wegen der Bombenangriffe Hafturlaub bekamen, tauchte er unter und leistete weiter Widerstand gegen Faschismus und Krieg, aber die Gestapo fand ihn und er wurde zum Tode verurteilt. Als er 1944 enthauptet wird, ist er 40 Jahre alt.

VVN-BdA
Hans Köpke war gelernter Maschinenbauer, ließ sich für den Flugzeugbau umschulen und arbeitete beim Klöckner-Flugmotorenwerk als Motorenschlosser. Als Mitglied der KPD arbeitete er dort als Betriebsvertrauensmann nach 1940 eng mit dem Kommunisten Gustav Bruhn zusammen, der in der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe für den Aufbau der Industriegruppe „Metall” verantwortlich war und u.a. die Betriebszelle Klöckner-Flugmotoren leitete. Köpke wurde 1944 im Hamburger Untersuchungsgefängnis Holstenglacis mit dem Fallbeil enthauptet.

Hans Köpke war gelernter Maschinenbauer, ließ sich für den Flugzeugbau umschulen und arbeitete beim Klöckner-Flugmotorenwerk als Motorenschlosser. Als Mitglied der KPD arbeitete er dort als Betriebsvertrauensmann nach 1940 eng mit dem Kommunisten Gustav Bruhn zusammen, der in der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe für den Aufbau der Industriegruppe „Metall“ verantwortlich war und u.a. die Betriebszelle Klöckner-Flugmotoren leitete. Köpke wurde 1944 im Hamburger Untersuchungsgefängnis Holstenglacis mit dem Fallbeil enthauptet.

VVN-BdA
Karl Kock baute im Krieg in den Phoenix-Gummiwerken zusammen mit Willi Milke und dem Sozialdemokraten Herbert Bittcher eine Widerstandszelle der Bästlein-Jacob-Abshagen-Organisation auf. Im Oktober 1942 wurden Willi Milke und Herbert Bittcher an ihrem Arbeitsplatz verhaftet. Karl Kock wurde rechtzeitig gewarnt und konnte untertauchen. Die Gestapo suchte ihn im ganzen Land steckbrieflich. Sechs Monate konnte sich Karl Kock mit Hilfe vieler mutiger Menschen in Hamburg verstecken, bevor die Gestapo ihn im März 1943 aufspürte. Als Karl Kock 1944 enthauptet wurde, war er 36 Jahre alt.

Karl Kock baute im Krieg in den Phoenix-Gummiwerken zusammen mit Willi Milke und dem Sozialdemokraten Herbert Bittcher eine Widerstandszelle der Bästlein-Jacob-Abshagen-Organisation auf. Im Oktober 1942 wurden Willi Milke und Herbert Bittcher an ihrem Arbeitsplatz verhaftet. Karl Kock wurde rechtzeitig gewarnt und konnte untertauchen. Die Gestapo suchte ihn im ganzen Land steckbrieflich. Sechs Monate konnte sich Karl Kock mit Hilfe vieler mutiger Menschen in Hamburg verstecken, bevor die Gestapo ihn im März 1943 aufspürte. Als Karl Kock 1944 enthauptet wurde, war er 36 Jahre alt.

VVN-BdA
Richard Heller arbeitete im Baugewerbe und bekam Anschluss an die Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe. Nach seiner Verhaftung kam er ins KZ Sachsenhausen. Als er zum Tode verurteilt wurde, machte er – angekettet in der Todeszelle – anderen verurteilten Kampfgefährten Mut und prophezeite seinen Henkern das baldige Ende ihrer Herrschaft. Als er am 6. Juli 1944 auf im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis enthauptet wurde, war er 35 Jahr alt.

Richard Heller arbeitete im Baugewerbe und bekam Anschluss an die Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe. Nach seiner Verhaftung kam er ins KZ Sachsenhausen. Als er zum Tode verurteilt wurde, machte er – angekettet in der Todeszelle – anderen verurteilten Kampfgefährten Mut und prophezeite seinen Henkern das baldige Ende ihrer Herrschaft. Als er am 6. Juli 1944 auf im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis enthauptet wurde, war er 35 Jahr alt.

VVN-BdA
Robert Abshagen arbeitete mit Hein Bretschneider und Hans Christoffersen er bei einer Hamburger Baufirma, wo sie bald als die „ABC-Kolonne“ bekannt wurden. In Abshagens Wohnung wurde im Dezember 1941 die Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe gegründet. Er übernahm die Leitung der illegalen Betriebsgruppe in den Vereinigten Deutschen Metallwerken (VDM) in Groß Borstel. Als Robert Abshagen am 10. Juli 1944 im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis enthauptet wurde, war er 33 Jahre alt.

Robert Abshagen arbeitete mit Hein Bretschneider und Hans Christoffersen er bei einer Hamburger Baufirma, wo sie bald als die „ABC-Kolonne“ bekannt wurden. In Abshagens Wohnung wurde im Dezember 1941 die Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe gegründet. Er übernahm die Leitung der illegalen Betriebsgruppe in den Vereinigten Deutschen Metallwerken (VDM) in Groß Borstel. Als Robert Abshagen am 10. Juli 1944 im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis enthauptet wurde, war er 33 Jahre alt.

VVN-BdA
Kurt Vorpahl baute als Mitglied der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe eine Widerstandsgruppe bei Blohm+Voss mit auf. Als er 1944 im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis enthauptet wurde, war er 53 Jahre alt.

Kurt Vorpahl baute als Mitglied der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe eine Widerstandsgruppe bei Blohm+Voss mit auf. Als er 1944 im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis enthauptet wurde, war er 53 Jahre alt.

Hinter diesen Sabotage-Aktionen steckt die mit rund 300 Mitgliedern größte Hamburger Widerstandsgruppe im Zweiten Weltkrieg, die benannt ist nach ihren wichtigsten Protagonisten: Bernhard Bästlein und Franz Jacob waren vor der Machtergreifung Hitlers KPD-Bürgerschaftsabgeordnete. Robert Abshagen, ebenfalls KPD-Mitglied, hat vor 1933 als Versicherungsangestellter, Seemann und Bauarbeiter gearbeitet.

Alle drei sind gleich zu Beginn des NS-Regimes eingekerkert worden. Als Bästlein und Jacob 1940 entlassen werden und 1941 auch Abshagen freikommt, legen sie los. Jahrelange KZ-Haft und Folter haben ihren Widerstandsgeist nicht brechen können. Im Gegenteil.

Bästlein erarbeitet den Plan: Durch langsames und qualitativ schlechtes Arbeiten soll die Kriegsführung sabotiert werden. „Kameraden, ihr müsst wissen: Hitlers Niederlage ist nicht unsere Niederlage, sondern unser Sieg“, so die Losung.

In mehr als 30 Hamburger Großbetrieben und vor allem in den Werften entstehen Widerstandszellen, die jeweils nur aus maximal drei Personen bestehen. Aus Sicherheitsgründen dürfen die „Dreierzellen“ untereinander keinen Kontakt haben. Andernfalls wäre, wenn die Nazis auch nur einen Genossen fassen, die ganze Organisation in Gefahr – die Gestapo hat schließlich Foltermethoden, die fast jeden zum Reden bringen.

Bästlein ist Chef der Widerstandsorganisation. Abshagen und später Jacob sind für Agitation und Propaganda zuständig – sie organisieren Schreibmaschinen, Kohlepapier und Vervielfältigungsapparate. Abshagen, ein Organisationstalent, kümmert sich darum, Verbindungen zu anderen Widerstandsgruppen in Kiel, Flensburg, Lübeck und Rostock herzustellen.

Ein Kiosk auf dem Rathausmarkt diente zum Informationsaustausch

Alle paar Wochen treffen sich die Chefs zu einer Lagebesprechung, mal in der Wohnung eines Genossen, mal in einem Atelier über dem Restaurant „Tusculum“ am Rödingsmarkt. Ein Kiosk auf dem Adolf-Hitler-Platz (heute heißt er wieder Rathausmarkt) dient als Informationsaustauschzentrale: Dort arbeitet ein Genosse als Verkäufer und übermittelt geheime Botschaften.

Die Widerstandstätigkeit der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe beschränkt sich nicht auf Sabotage. Ihre Mitglieder versuchen daneben, die Lebens- und Arbeitsbedingungen ausländischer Zwangsarbeiter in den Hamburger Rüstungsbetrieben zu verbessern, indem sie sie mit Lebensmitteln, Zigaretten und Kleidung versorgen. Auch um politische Gefangene und deren Familien kümmern sie sich.

Wichtiger Bestandteil der Arbeit ist das Abhören „feindlicher“ Sender. Anschließend werden Flugblätter mit Informationen über den tatsächlichen Kriegsverlauf unter die Leute gebracht.

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Darüber hinaus bemüht sich die Gruppe Wehrmachtssoldaten zum Nachdenken zu bringen. Ein Postbeamter beschafft heimlich die Adressen – und plötzlich bekommen Gefreite, Feldwebel und Unteroffiziere an der Front Briefe, in denen ihnen Unbekannte die Sinnlosigkeit des endlosen Mordens vor Augen führen.

Die Gestapo sucht mit großer Energie nach den „Hochverrätern“ – und wird fündig: Rund 100 Genossen werden im Oktober 1942 in Hamburg verhaftet. Etwa 70 Frauen und Männer, darunter Abshagen, Bästlein und Jacob, werden entweder zum Tode verurteilt und hingerichtet, von der Gestapo ermordet oder sterben auf andere Weise in Haft.

In den Fußstapfen der Geschwister Scholl: Die Hamburger „Weiße Rose“

Das einzige Vergehen der drei ist es, Flugblätter verteilt und darin das deutsche Volk aufgefordert zu haben, sich gegen die Hitler-Diktatur zu erheben. Am 22. Februar 1943 werden Hans und Sophie Scholl sowie Christoph Probst in München hingerichtet. „Es lebe die Freiheit!“ sind Hans Scholls letzte Worte.

Die Protagonisten der Münchner „Weißen Rose“: Hans (l.) und Sophie Scholl sowie Christoph Probst.
dpa

Die Protagonisten der Münchner „Weißen Rose“: Hans (l.) und Sophie Scholl sowie Christoph Probst.

Die „Weiße Rose“ – es gibt sie nicht nur in München. Auch in Hamburg stehen Studenten und Intellektuelle in Opposition zum Dritten Reich, wobei es sich dabei nicht um eine homogene Gruppe handelt, sondern  um ein loses Netzwerk. Erst nach dem Krieg wird ihnen der Name „Hamburger Zweig der Weißen Rose“ verliehen – ihre Mitglieder haben sich selbst so nicht genannt.

Einer der herausragenden Protagonisten ist Hans Leipelt aus Wilhelmsburg. Er wird wegen einer jüdischen Mutter als „Halbjude“ von den Nazis behandelt wie ein Mensch zweiter Klasse. Er studiert Chemie zuerst in Hamburg, dann in München. Nach der Ermordung der Geschwister Scholl tritt er in ihre Fußstapfen und schreibt deren letztes Flugblatt ab und sorgt dafür, dass es weiter verbreitet wird – auch in der Hansestadt.

Ein zweites wichtiges Verbindungsglied zwischen der Münchner „Weißen Rose“ und dem Hamburger Zweig bildet die angehende Medizinerin Traute Lafrenz, die aus Hamburg stammt und ebenfalls in München studiert, wo sie sich mit Hans Scholl und Christoph Probst anfreundet. Auch sie bringt Flugblätter der „Weißen Rose“ mit nach Hamburg und verbreitet sie.

Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Reinhold Meyer war Buchhändler und Juniorchef der Buchhandlung „Agentur des Rauhen Hauses“ am Jungfernstieg in Hamburg, Student der Philosophie und der Germanistik an der Universität Hamburg und gehörte zu den zentralen Personen der Hamburger Weißen Rose im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Am 12. November 1944 starb er unter ungeklärten Umständen im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel.

Reinhold Meyer war Buchhändler und Juniorchef der Buchhandlung „Agentur des Rauhen Hauses“ am Jungfernstieg in Hamburg, Student der Philosophie und der Germanistik an der Universität Hamburg und gehörte zu den zentralen Personen der Hamburger Weißen Rose im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Am 12. November 1944 starb er unter ungeklärten Umständen im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel.

Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Die 1919 in Hamburg geborene Traute Lafrenz aus Hamburg studierte in München Medizin, kam dort in Kontakt zu Hans Scholl und Christoph Probst und verbreitete das dritte Flugblatt der Weißen Rose in Hamburg. Am 15. April 1945
wurde sie von US- Truppen aus dem Gefängnis Bayreuth befreit.

Die 1919 in Hamburg geborene Traute Lafrenz aus Hamburg studierte in München Medizin, kam dort in Kontakt zu Hans Scholl und Christoph Probst und verbreitete das dritte Flugblatt der Weißen Rose in Hamburg. Am 15. April 1945
wurde sie von US- Truppen aus dem Gefängnis Bayreuth befreit.

hfr
Hans Leipelt aus Wilhelmsburg schrieb das letzte Flugblatt der Münchner „Weißen Rose“ ab und verbreiten es auch in Hamburg. Er wurde 29. Januar 1945 im Strafgefängnis München-Stadelheim ermordet.

Hans Leipelt aus Wilhelmsburg schrieb das letzte Flugblatt der Münchner „Weißen Rose“ ab und verbreiten es auch in Hamburg. Er wurde 29. Januar 1945 im Strafgefängnis München-Stadelheim ermordet.

Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Rudolf Geussenhainer, der seit 1943 im Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf als Assistenzarzt tätig war, schloss sich dort einem Kreis oppositioneller Mediziner an. Geussenhainer wurde ins Konzentrationslager Mauthausen in Österreich gesperrt, wo er im April oder Mai 1945 ums Leben kam.

Rudolf Geussenhainer, der seit 1943 im Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf als Assistenzarzt tätig war, schloss sich dort einem Kreis oppositioneller Mediziner an. Geussenhainer wurde ins Konzentrationslager Mauthausen in Österreich gesperrt, wo er im April oder Mai 1945 ums Leben kam.

Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Hannelore Willbrandt fand 1943 Kontakt zur Hamburger „Weißen Rose“ gehören. Sie schrieb Flugblätter der Münchner „Weißen Rose“ ab und verbreitete sie in Hamburg. Hannelore Willbrandt wurde am 14. April 1945 in Bayreuth durch die US-Armee befreit.

Hannelore Willbrandt fand 1943 Kontakt zur Hamburger „Weißen Rose“ gehören. Sie schrieb Flugblätter der Münchner „Weißen Rose“ ab und verbreitete sie in Hamburg. Hannelore Willbrandt wurde am 14. April 1945 in Bayreuth durch die US-Armee befreit.

Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Margaretha Rothe gehörte zum sogenannten Hamburger Zweig der „Weißen Rose“: Am 9. November 1943 verhaftete die Gestapo Margaretha Rothe zusammen mit ihrem Freund Heinz Kucharski. Rothe starb am 15. April 1945 in Leipzig an den Folgen der Haft.

Margaretha Rothe gehörte zum sogenannten Hamburger Zweig der „Weißen Rose“: Am 9. November 1943 verhaftete die Gestapo Margaretha Rothe zusammen mit ihrem Freund Heinz Kucharski. Rothe starb am 15. April 1945 in Leipzig an den Folgen der Haft.

Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Der 1919 in Hamburg geborene Karl Ludwig Schneider hat enge Verbindungen zum Freundeskreis um Hans Leipelt. Im Spätherbst 1942 erhält er das dritte Flugblatt der Weißen Rose. Er kommt in das Konzentrationslager Neuengamme, später in das Landgerichtsgefängnis Stendal. Als amerikanische Truppen näher rücken, wird Karl Ludwig Schneider am 12. April 1945 aus der Haft entlassen.

Der 1919 in Hamburg geborene Karl Ludwig Schneider hat enge Verbindungen zum Freundeskreis um Hans Leipelt. Im Spätherbst 1942 erhält er das dritte Flugblatt der Weißen Rose. Er kommt in das Konzentrationslager Neuengamme, später in das Landgerichtsgefängnis Stendal. Als amerikanische Truppen näher rücken, wird Karl Ludwig Schneider am 12. April 1945 aus der Haft entlassen.

Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Der 1919 in Hamburg geborene Heinz Kucharski studiert in Hamburg Philologie, Völkerkunde und Orientalistik. Er organisiert Leseabende, auf denen politische Schriften diskutiert werden. Zusammen mit Margaretha Rothe macht er auf Flugzetteln die Sendezeiten des Deutschen Freiheitssenders bekannt. Am 9. November 1943 nimmt die Gestapo Heinz Kucharski, seine Mutter Hildegard Heinrichs und seine Freundin Margaretha Rothe fest. Nach dem Todesurteil des „Volksgerichtshofs“ vom 17. April 1945 kann Heinz Kucharski während des Transports zur Hinrichtungsstätte Bützow-Dreibergen entkommen.

Der 1919 in Hamburg geborene Heinz Kucharski studiert in Hamburg Philologie, Völkerkunde und Orientalistik. Er organisiert Leseabende, auf denen politische Schriften diskutiert werden. Zusammen mit Margaretha Rothe macht er auf Flugzetteln die Sendezeiten des Deutschen Freiheitssenders bekannt. Am 9. November 1943 nimmt die Gestapo Heinz Kucharski, seine Mutter Hildegard Heinrichs und seine Freundin Margaretha Rothe fest. Nach dem Todesurteil des „Volksgerichtshofs“ vom 17. April 1945 kann Heinz Kucharski während des Transports zur Hinrichtungsstätte Bützow-Dreibergen entkommen.

Eine zentrale Rolle spielt Reinhold Meyer, dessen Vater Inhaber der „Buchhandlung der Agentur des Rauhen Hauses“ am Jungfernstieg ist. Der Laden wird zum geheimen Treffpunkt des Widerstands. Dort versorgen sich die Gleichgesinnten mit verbotener Literatur und diskutieren miteinander, wie es mit Deutschland weitergehen könnte nach Hitler.

Im Sommer 1943 gelingt es einem gewissen Maurice Sachs, Kontakt mit den Oppositionellen aufzunehmen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Er nimmt auch an Treffen in der Buchhandlung teil. Niemand ahnt, dass der französische Schriftsteller, Jude und Homosexuelle als Agent G 117 für die Gestapo tätig ist.

Jungfernstieg 50: In diesem Gebäude befand sich im Erdgeschoss die Buchhandlung „Agentur des Rauhen Hauses”, das dem Hamburger Zweig der „Weißen Rose“ als geheimer Treffpunkt diente.
Olaf Wunder

Jungfernstieg 50: In diesem Gebäude befand sich im Erdgeschoss die Buchhandlung „Agentur des Rauhen Hauses“, das dem Hamburger Zweig der „Weißen Rose“ als geheimer Treffpunkt diente.

Im Spätsommer 1943 beginnt die Verhaftungswelle, die bis Januar 1944 andauert. Am 29. Januar 1945 wird Hans Leipelt hingerichtet. Sieben weitere Angehörige der Hamburger „Weißen Rose“ kommen in der Haft ums Leben. Traute Lafrenz überlebt mit großem Glück.

Opposition durch Mode und Musik: Die „Swing-Jugend“

Benny Goodman statt Blasmusik, Swing statt Stechschritt. Die Anhänger der sogenannten „Swing-Jugend“ sind im Grunde unpolitisch. So wie Jugendliche zu allen Zeiten wollen sie sich von den Erwachsenen abgrenzen. Die Jungs tragen lange Jacketts mit großem Karomuster und weit geschnittene Hosen. Bei den Mädchen sind kurz geschnittene Kleider, Lippenstift und Nagellack angesagt. Sehr beliebt ist es, sich englische Spitznamen zu geben und einander mit „Swing Heil“ statt „Heil Hitler“ zu grüßen.

Benny Goodmann statt Blasmusik, Swing statt Stechschritt, langes Haar statt rasiertem Nacken: die Hamburger Swing-Combo „Die Spatzen“.
privat

Benny Goodmann statt Blasmusik, Swing statt Stechschritt, langes Haar statt rasiertem Nacken: die Hamburger Swing-Combo „Die Spatzen“.

Die Angehörigen dieser Bewegung stammen vornehmlich aus der Mittelschicht und dem gehobenen Bürgertum. Wer reiche Eltern hat, besucht im „Café Heinze“ an der Reeperbahn oder im „Alsterpavillon“ Konzerte von Swingorchestern. Teddy Stauffer ist damals sehr populär.

Der Führung der Hitler-Jugend (HJ) und der Gestapo sind diese aufsässigen jungen Leute ein Dorn im Auge. In einem geheimen Brief an Propagandaminister Joseph Goebbels vom 18. August 1941 heißt es: Die „Swing-Demonstrationen anglophiler Kreise“ hätten in der Hansestadt „inzwischen staatsfeindliche Formen angenommen“. Es handele sich hier „um degenerierte Jugendliche, die sich zu musikalischen Gangsterbanden zusammengeschlossen haben und die gesund empfindende Bevölkerung durch die Würdelosigkeit ihrer musikalischen Exzesse terrorisieren“.

Dann greift die NS-Führung durch. In Hamburg werden bis 1944 rund 400 Jugendliche verhaftet. Viele von ihnen werden vom Polizeigefängnis Fuhlsbüttel in die Jugendkonzentrationslager Moringen und Uckermark sowie ins KZ Neuengamme überstellt.

Flugblätter gegen den Krieg: Die Helmuth-Hübener-Gruppe

Der Vollstreckungsbeamte notiert, der Delinquent sei „ruhig und gefasst“ gewesen. Er habe nicht um sein Leben gefleht, sich nicht gewehrt. Am 27. Oktober 1942 abends um exakt 20.13 Uhr waltet der Scharfrichter seines Amtes, das Fallbeil rauscht in die Tiefe.

Drei von vier Mitgliedern der Helmuth-Hübener-Gruppe: Malergeselle Karl-Heinz Schnibbe (l.), Helmuth Hübener, Schlossergeselle Rudolf Wobbe
VVN-BdA

Drei von vier Mitgliedern der Helmuth-Hübener-Gruppe: Malergeselle Karl-Heinz Schnibbe (l.), Helmuth Hübener, Schlossergeselle Rudolf Wobbe

17 Jahre alt ist Helmuth Hübener, als die Nazis ihn in Berlin-Plötzensee enthaupten. Damit ist der Hamburger der jüngste Widerstandskämpfer der NS-Zeit, an dem ein Todesurteil vollstreckt wurde. 

Anfangs besteht die Widerstandsgruppe nur aus Hübener selbst und seinen beiden Freunden Rudolf Wobbe und Karl-Heinz Schnibbe, die genau wie er Mormonen sind. Später schließt sich noch Gerhard Düwer an, der wie Hübener Verwaltungslehrling bei der Hamburger Sozialverwaltung ist.

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Der Widerstand der Vier besteht darin, dass sie ausländische Sender, sogenannte „Feindsender“, abhören. Die dabei gewonnenen Informationen, etwa über den Kriegsverlauf, schreiben sie mit der Schreibmaschine nieder und kleben sie anschließend als Flugblätter an Litfaßsäulen, legen sie in Telefonzellen aus, stecken sie bei Festlichkeiten den Gästen heimlich in die Manteltasche oder – besonders dreist – heften sie auf die öffentlichen Anschlagtafeln der NSDAP. Immer produktiver werden Hübener und seine Freunde. Ab August 1941 wird alle acht bis 14 Tage ein Flugblatt produziert.

Am 5. Februar 1942 nimmt die Gestapo Hübener und Düwer fest. Am 10. Februar 1942 wird Karl-Heinz Schnibbe, am 18. Februar Rudolf Wobbe verhaftet. Hübener nimmt im Prozess alle Schuld auf sich. Er wird zum Tode verurteilt, die drei anderen kommen mit Gefängnisstrafen zwischen vier und sechs Jahren davon.

Hitlers erbittertste Feinde: Diese Hamburger riskierten ihr Leben für die Freiheit wurde gefunden bei mopo.de

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