Hysterie nach Sylt-Video: Kommt mal wieder runter

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Im Suff „Deutschland den Deutschen“ zu grölen und den Arm zu heben, ist strafbar, egal, ob man sich mit Schampus oder Korn das Hirn erweicht hat. Sich dabei zu filmen (oder die Straftat vor den Ohren anwesender Lehrer zu begehen), ist maximal dämlich, hilft den Zuständigen aber bei der Strafverfolgung. Und die Zuständigen, das sind die Gerichte. Oder die Lehrer.

Jedenfalls nicht das Heer von Hobby-Strafverfolgern, die die Identitäten der Sylt-Spacken herausfinden und deren Arbeitgeber und Unis auffordern, die moralisch verwahrlosten Krakeeler sofort zu feuern. Dieser Eifer, Menschen an den Internet-Pranger zu stellen und ihre Existenz möglichst nachhaltig zu vernichten, hat jede Verhältnismäßigkeit verloren. Kommt mal wieder runter, möchte man den Jägern zurufen. Das ist keine Verteidigung der Demokratie, das ist Mittelalter.

SPD fordert „Höchststrafe“

Da stellt die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sich hin und fordert die „Höchststrafe“ für die Pulloverträger im Video. Das wären fünf Jahre Haft. Forderungen aus der Politik an die unabhängige Justiz sind eigentlich nie gut, aber in diesem Fall fragt man sich: Mal angenommen, das Gericht folgt der SPD-Empfehlung und schickt die stumpfe Schampus-Crew fünf Jahre (!!) wegen Volksverhetzung in Haft. Das wäre die Höchststrafe. Was ist dann mit den Rechtsradikalen, die nicht „nur“ besoffen nachgrölen, was auf TikTok offenbar rauf und runter läuft, sondern die tatsächlich die Möglichkeiten und das Ziel haben, das Volk zu verhetzen? Sollen die genauso bestraft werden?

Die Frau, die das Video gedreht hat, ist ihren Job los, außerdem hat die Hochschule für Angewandte Wissenschaften ein zweimonatiges Hausverbot verhängt und will sie exmatrikulieren – das wird ein Gericht vermutlich und zu Recht strafmildernd werten, weil das bereits eine Strafe wäre, außergerichtlich verhängt. Der Anmelder der Kalifats-Demo darf übrigens weiter an der Uni Hamburg studieren.

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Der Bundeskanzler äußert sich zum Gröl-Video, spricht von einer „Schande für Deutschland“. Eine wohlfeile Einschätzung, das weiß er natürlich, da kann man nichts falsch machen. Wäre nur schön, wenn er sich bei anderen Themen ebenso flott zu Wort melden würde. Zur der Elbtowerruine etwa.

Wir erleben einen hochkochenden Hexenkessel, wo wir eigentlich einen kühlen Gerichtssaal bräuchten. Nicht zum ersten und garantiert nicht zum letzten Mal. Leider.

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