Keine Reaktion, falsche Adresse: Phantom-Behörde lässt arme Familien im Stich

Keine Reaktion, falsche Adresse: Phantom-Behörde lässt arme Familien im Stich

Für Eltern mit wenig Geld gibt es in Hamburg die Möglichkeit, Zuschüsse für Freizeitangebote ihrer Kinder zu bekommen. Eigentlich eine tolle Sache, und eine echte Entlastung für Familien, die knapp bei Kasse sind. Über das Bildungs- und Teilhabepaket gibt es vom Amt 15 Euro monatlich für den Sportverein, den Musikunterricht, die Theatergruppe. Doch der Weg zum Zuschuss ist steinig, wie der Fall einer Mutter aus Steilshoop zeigt. Monatelang warten Betroffene auf die Bewilligung der Gelder, das zuständige Amt stellt sich tot – und ist nicht mal unter der offiziellen Adresse zu finden. Die MOPO spürte die Verwaltungsmitarbeiter auf.

Anika G. (37) wollte auf Nummer sicher gehen. Die Mutter brauchte dringend Unterstützung für den Kickboxunterricht ihrer elfjährigen Tochter. Damit ihr Antrag nicht verloren geht, fuhr sie im März 2023 eigens von Steilshoop zum Bezirksamt Eimsbüttel am Grindelberg (Harvestehude), um das Dokument bei der zuständigen Abteilung (Bildung und Teilhabe) abzugeben.

Hamburg: Phantom-Behörde lässt arme Familien im Stich

Da sie die Stelle dort nicht fand, warf sie das Dokument in den Hausbriefkasten. Dann begann das Warten – wochenlang. „Ich habe bestimmt 20 Mal angerufen, doch es kam immer nur eine automatische Bandansage“, berichtet Anika G. Sie schickte eine E-Mail hinterher, doch das Amt reagierte nicht. Der Austausch in einer Facebook-Gruppe ergab, dass andere Eltern ähnliche Erfahrungen machten, Anträge monatelang nicht bearbeitet wurden.

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Vergangene Woche versuchte Anika G. es abermals beim Bezirksamt. Dort stieß sie auf einen Aushang, auf dem die tatsächliche Adresse der Abteilung vermerkt war. Das Rathaus Stellingen am Basselweg (Stellingen), und nicht am Grindelberg, wie online und auf dem Antragsdokument vermerkt. Wie kann das sein?

Mit diesem Aushang wies die Abteilung für Kinderbetreuung darauf hin, dass Bürger für die Abteilung Bildung und Teilhabe nach Stellingen fahren müssen.
hfr

Mit diesem Aushang wies die Abteilung für Kinderbetreuung darauf hin, dass Bürger für die Abteilung Bildung und Teilhabe nach Stellingen fahren müssen.

Als die MOPO am Mittwoch am Grindelberg vorbeischaut, bietet sich das gleiche Bild. Die fragliche Abteilung gibt es dort nicht. „Hier kommt jeden Tag jemand vorbei und fragt“, sagt eine Sachbearbeiterin aus dem Bereich Kinderbetreuung in resigniertem Ton, und drückt dem MOPO-Reporter routiniert einen Zettel mit der Stellinger Anschrift in die Hand. Warum die Adresse auf der Website nicht aktualisiert wird, vermag sie nicht zu sagen. „Wir sind halt eine Behörde“, sagt sie.

„Jeder Anruf hält uns von der Antragsbearbeitung ab“

Das Rathaus Stellingen bietet kein einladendes Bild. Einen Empfang gibt es nicht, der rechte Korridor liegt abgesperrt hinter einer Tür. Doch etwas den linken Gang hinunter hängt ein Schild: „Bildung und Teilhabe“. Die Phantom-Abteilung ist gefunden. Endlich. Eine Mitarbeiterin will gerade hinein. Ihr zufolge ist der zehnköpfige Bereich massiv unterbesetzt, ans Telefon zu gehen sei da schwer. „Jeder Anruf, den wir entgegennehmen, hält uns von der Antragsbearbeitung ab.“

Wenn keiner ans Telefon geht und Anträge monatelang nicht bearbeitet werden, verwundert es kaum noch, dass am Grindelberg täglich verzweifelte Bürger aufschlagen. Wieso ausgerechnet der Standort in Harvestehude auf dem Formular steht, erklärt der Abteilungsleiter: Dies sei das Funktionspostfach, die Briefe würden dann nach Stellingen weitergeleitet. Wieso so umständlich, fragt man sich.

Das Bezirksamt will der Sache nachgehen

Am Mittwoch findet Anika G. schließlich die Antragsbewilligung im Briefkasten – ein halbes Jahr nach ihrem ersten Besuch auf dem Amt. „Unheimlich mühsam“ sei das gewesen. Dass die Behörde Familien so hängen lässt, ärgert sie. „Mir fehlt das Geld sehr, daher hatte ich auf Unterstützung gehofft.“

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Das Bezirksamt Eimsbüttel kündigt auf MOPO-Anfrage hin an, dem Vorgang nachzugehen. „Wir prüfen den Sachverhalt“, sagt Pressesprecher Kay Becker.

Keine Reaktion, falsche Adresse: Phantom-Behörde lässt arme Familien im Stich wurde gefunden bei mopo.de

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