Kirchenasyl in der Nacht gestürmt: Erzbistum Hamburg kritisiert „brutales Vorgehen“

RMAG news

Ein 29 Jahre alter Flüchtling aus Afghanistan ist in der Nacht zu Montag aus einem Bergedorfer Kirchenasyl abgeschoben worden. Das Erzbistum Hamburg hatte sich vergeblich für den erkrankten jungen Mann eingesetzt und übt nun heftige Kritik an der Art und Weise, wie die Beamten sich mitten in der Nacht auf dem Gelände der Kirche verhalten haben. Das Vorgehen sei „brutal“ gewesen. Auch die grünen Koalitionspartner sind empört über das Vorgehen der SPD-geführten Innenbehörde

Der Mann, dem die katholische Pfarrei „Heilige Elisabeth“ nach Prüfung seiner Situation aus humanitären Gründen Unterschlupf geboten hat, ist Afghane, 29 Jahre alt und seit fast zehn Jahren auf der Flucht, wie das Erzbistum schreibt. 2015 war er nach Schweden geflüchtet, wo er bei Familienangehörigen lebte. Sein Asylantrag wurde abgelehnt und im März stellte der Mann einen neuen Asylantrag in Deutschland, der als unzulässig abgelehnt wurde. Mitten in der Nacht und ohne Ankündigung stürmten die Beamten die Pfarrei, um den Mann zurück nach Schweden abzuschieben, was – anders als in herkömmlichen Unterbringungen – beim Kirchenasyl nicht üblich ist.

Erzbischof: „Bin sehr betroffen“

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße äußert sich bestürzt: „Wenn eine Kirchengemeinde Kirchenasyl gewährt, macht sie sich die Entscheidung nicht einfach“, so Heße zur MOPO. „Jede Räumung eines Kirchenasyls bedeutet für alle Beteiligten eine große Belastung. Die Nachricht vom Bruch des Kirchenasyls in Hamburg macht mich daher sehr betroffen.“  Der Flüchtling habe sich „in einer überaus schwierigen Lage befunden“, so der Kirchenmann: ,„Die befürchteten humanitären Härten, auf die vonseiten der katholischen Kirchengemeinde aufmerksam gemacht wurde, fanden keine Berücksichtigung.“

Das Kirchenasyl sei „ein letztes Mittel zur Abwendung unzumutbarer humanitärer Härten“, so der Erzbischof, der auch Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz ist. „Es geht darum, im Austausch mit den staatlichen Stellen im konkreten Einzelfall eine verantwortbare Lösung zu finden. Das Kirchenasyl dient in diesem Sinne auch der rechtsstaatlichen Ordnung. Umso wichtiger ist es, dass die Behörden die Tradition des Kirchenasyls respektieren.“

Innenbehörde weist Verantwortung von sich

Der Sprecher der Innenbehörde weist die Verantwortung für den Einsatz von sich: „Die Prüfung und Entscheidung in solchen Fällen obliegt ausschließlich dem Bundesamt für Migration“, so Daniel Schaefer. „Die Ausländerbehörde Hamburg ist hier lediglich Vollzugsbehörde und verpflichtet, die Rücküberstellung organisatorisch durchzuführen.“

Warum die katholische Kirche sich auf die Seite des jungen Mannes stellte und beim BAMF ein Dossier zu ihm als „Härtefall“ einreichte, dazu will Beate Bäumer, Ständige Beauftragte des Erzbischofs bei Senat und Bürgerschaft, nicht ins Detail gehen. Nur so viel: „Weil er schwer erkrankt ist, hat die Pfarrei ihn aus humanitären Gründen aufgenommen. Dabei machen die Pfarreien sich generell die Entscheidung nicht leicht und prüfen sehr genau, ob eine besondere Härte vorliegt“, so Bäumer zur MOPO.

„Brutales Vorgehen ist ein Tiefpunkt“

Dann findet die Kirchenfrau deutliche Worte in Richtung Hamburger Innenbehörde: „Der Bruch eines Kirchenasyls und das brutale Vorgehen sind ein Tiefpunkt. Entgegen einer anders lautenden Information wurde die Abschiebung nicht angekündigt. Stattdessen standen mitten in der Nacht leitende Beamte aus der Innenbehörde, zahlreiche Polizisten und Handwerker auf dem Kirchengelände und haben das Kirchenasyl gestürmt. Die Pfarrei ist fassungslos über dieses Vorgehen, zumal auch jede Gelegenheit genommen wurde, den jungen, schwer kranken Mann auf die Situation vorzubereiten.“

Warum das Bundesamt für Migration (BAMF) das Dossier des Erzbistums nicht gelten ließ, ist unklar: „Leider ist für uns häufig nicht nachvollziehbar, warum das BAMF bestimmte Dossiers und Härten nicht anerkennt“, so die Beauftragte des Erzbischofs. „Oft bekommen wir einfach Textbausteine als Antwort.“

Das könnte Sie auch interessieren: Nächster Abschiebeflug aus Hamburg gestartet

Auch Michael Gwosdz, flucht- und religionspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion Hamburg, hat kein Verständnis für das harte Vorgehen der Innenbehörde unter Senator Andy Grote (SPD): „Es werden nur sehr ausgewählte Einzelfälle nach eingehender Prüfung ins Kirchenasyl aufgenommen. Daher ist die Zahl der Fälle inzwischen sehr gering. Vor diesem Hintergrund ist der Bruch des Kirchenasyls völlig unverständlich. Wir fordern den Innensenator auf, das Kirchenasyl auch weiterhin zu respektieren.“

Kirchenasyl in der Nacht gestürmt: Erzbistum Hamburg kritisiert „brutales Vorgehen“ wurde gefunden bei mopo.de

Please follow and like us:
Pin Share