Kostenlos! Hamburger baut jedem seiner 32 Mieter ein eigenes Balkonkraftwerk

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In Ohlsdorf will ein Vermieter jetzt eine kleine Revolution anzetteln: Christian Warsch (70) lässt für 32 Mieter eigene Balkonkraftwerke bauen. Und zwar aufs Dach und mit dazugehörigem Speicher im Keller. Der MOPO erklärt er, wie er dabei die überbordende Bürokratie und Technik umgeht, wieviel die Bewohner bei seinem Konzept „solidarischer Balkonkraftwerke“ sparen können und wie andere seinem Beispiel folgen.

„Eine Solaranlage sollte in Zukunft so selbstverständlich zu jeder einzelnen Wohnung dazugehören, wie ein Backofen oder ein Kühlschrank“, sagt Christian Warsch. Der gelernte Schiffbauingenieur aus Ammersbek verwaltet in Ohlsdorf 114 Wohnungen aus einem Familienerbe. Auf einem dieser Häuser (Kerbelweg/Salbeiweg) musste gerade das Dach saniert werden. Das hat der findige Technik-Experte zum Anlass genommen, um das gesamte Dach mit Solarmodulen auszustatten.

Vermieter spendiert Balkonkraftwerke

Das Besondere daran: Etwa die Hälfte (128) der Module sind Balkonkraftwerke, die auf dem Dach statt am Geländer montiert wurden. „Für jede Wohnung gibt es vier Module plus einen Speicher“, erklärt er. Und die Mieter müssen dafür zunächst keinen Cent zahlen, weder für die Solarmodule noch für den großen Speicher!

Wie bei klassischen Balkonkraftwerken kommt der gesamte mit Sonnenenergie erzeugte Strom der jeweiligen Wohnung zugute. Und jeder Mieter kann im Keller gucken, wie voll sein eigener Speicher (mit 4,3 Kilowattstunden) gerade ist. Überschüsse bei vollem Speicher gehen ins öffentliche Netz und es gibt dafür sogar noch eine Einspeisevergütung.

Erst nach und nach zahlen die Mieter die Investition zurück

Der Vermieter streckt die ganzen Investitionen vor und die Mieter zahlen einen Teil dann durch ein spezielles Modell mit ihren jährlichen Abrechnungen nach und nach zurück. Das Prinzip dabei: Der neue Stromverbrauch wird mit dem der drei Vorjahre verglichen, die Ersparnis an Kilowattstunden errechnet und die Hälfte der Ersparnis bekommt der Vermieter von seinen Mietern zurück – und zwar für 35 Cent pro Kilowattstunde.

Um das zu regeln, wird ein spezieller Vertrag aufgesetzt, der in Abstimmung mit dem Mieterverein entsteht. Nach ersten Berechnungen geht der Verwalter davon aus, dass die Mieter am Ende eines Jahres nach allen Abzügen durch den Solarstrom 4,11 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche sparen – das wären bei einer 70-Quadratmeter-Wohnung rund 280 Euro.

Mieterin hofft auf deutliche Ersparnis

Mieterin Margarita Saco-Artmann (59) ist begeistert von dem Projekt: „Ich habe bei der Installation auf dem Dach gesehen, was das für ein großer Aufwand war, der da betrieben wurde.“ Sie hofft nun auf eine deutliche Ersparnis bei der Stromrechnung. „Ich zahle derzeit 98 Euro monatlich und hatte trotzdem eine Nachzahlung von 200 Euro.“ Dabei seien ihre Elektrogeräte alle recht neu und sie gehe sparsam mit dem Stromverbrauch um.

Der Vorteil der Balkonkraftwerke auf dem Dach ist, dass sie eine bessere Leistung bringen, weil die Ausrichtung optimaler ist. „Außerdem muss man sich keine Gedanken um die Befestigung am Geländer machen und darum, dass das Gebäude noch ansprechend aussieht.“ Auch Fragen des Versicherungsschutzes fallen für die Mieter weg. „Und es ist gerechter“, so Warsch. „Sonst würden Balkonkraftwerke sich ja etwa für eine ältere alleinstehende Dame in einer Erdgeschosswohnung auf der beschatteten Nordseite nicht lohnen.“

Vermieter: „Alles einfach halten, das ist meine Devise“

Der Vermieter wiederum hat den Vorteil, dass er bei diesem Mieterstrom-Modell nichts anmelden muss und sich sehr viel bürokratischen Aufwand, teure Vorgaben und Installationen erspart, die bei anderen Mieterstrom-Modellen nötig sind. „Alles einfach halten, das ist meine Devise. Ich brauche doch kein Regelwerk wie für ein Atomkraftwerk, wenn ich Mieterstrom erzeugen möchte.“

Warsch hatte zuvor bereits bei einer Wohnanlage eine Mieterversammlung gemacht und über klassische Balkonkraftwerke informiert. Doch nur zwei Mieter waren interessiert, das auf eigene Initiative zu machen. „Jetzt mit unserem neuen Modellprojekt haben gleich alle 32 Mieter Ja gesagt. Denn sie müssen im Prinzip gar nichts tun.“ Außer ihre Zustimmung zu geben, dass sie dabei sind. Dazu trug sicherlich auch bei, dass bei der Vorstellung die Verbraucherzentrale eingeladen war und die Mieter sich dadurch sicher fühlten, dass alles Hand und Fuß hat.

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Handwerklich umgesetzt und mitgeplant hat das Projekt Solar-Pionier Holger Laudeley aus Ritterhude. Er gilt als Namensgeber des Begriffs „Balkonkraftwerke“. Er sagt: „Bei einem klassischen Mieterstrommodell profitieren die Mieter kaum. Daher, und wegen komplexer Messkonzepte und anderer Hürden haben wir das als Handwerksbetrieb quasi nie umgesetzt.“ Es gebe in ganz Deutschland daher bisher nur rund 9000 Mieterstrom-Modelle, obwohl mehr als 14 Millionen Haushalte in Mehrfamilienhäusern davon profitieren könnten.

„Ich glaube, dass wir nur auf die Weise wie bei unserem Modellprojekt mehr Mieter ins Boot holen und die energetische Wende hinbekommen“, sagt Warsch, der Geschäftsführer der WDM Asset Service & Immobilien ist. Die Investitionen in die Balkonkraftwerke sollen sich nach 15 Jahren amortisiert haben. Warsch hofft, dass sein Modellprojekt viele Nachahmer findet und berät auch gern andere Immobilienbesitzer. Er sagt: „Wir wollen damit nicht an den Mietern verdienen, sondern gemeinsam die Energiewende hinbekommen.“

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