Lenny Kravitz in der Sporthalle: Der Rock’n’Roll lebt!

RMAG news

Es ist 20.10 Uhr am Sonntagabend, und die Alsterdorfer Sporthalle ist mit 7000 Leuten bis zum Anschlag gefüllt. Die Bühne ist in nebulöses blaues Licht getaucht, ein brummender Ton ist zu vernehmen, Tausende Handys filmen mit, und man hat das Gefühl, es würde hier gleich ein Ufo landen! Tatsächlich warten aber alle auf Rockstar Lenny Kravitz, der nicht nur sein erstes Hamburg-Konzert seit neun Jahren spielt – eine Show in der Barclays-Arena wurde 2020 pandemiebedingt abgesagt – sondern auch den Tourauftakt seiner „Blue Electric Light Tour“. Ein Mega-Konzert!

Und wie sich Lenny Kravitz zurückmeldet! Wuchtige Stromgitarrenklänge und sein Hit „Are You Gonna Go My Way“ sorgen für einen fetten Start! Lenny Kravitz und seine Mitmusiker spielen sich mit ihren Saiteninstrumenten immer wieder an, manchmal auch Rücken an Rücken. Rock’n’Roll is dead? Nun, nicht an diesem Abend, das gibt der in New York geborene Künstler mit geballter Faust, die er triumphal Richtung Himmel streckt, unmissverständlich zu verstehen. Es ist, als wäre die Zeit stehen geblieben.

Lenny Kravitz in Hamburg – dieser ewige Jungbrunnen

Kravitz, dieser ewige Jungbrunnen, sieht auch mit 60 so fit aus wie in seinen Anfängen. Lange Dreadlocks, schwarze Sonnenbrille, Netzhemd und schwarze Lederhose am schlanken Körper – jüngst postete er ein Video, in dem man ihn in dem Beinkleid sogar im Gym trainieren sieht! Als Kravitz im März dieses Jahres einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame erhielt, ließ es sich seine Tochter, Schauspielerin Zoë Kravitz, nicht nehmen, ihren Vater mit seinem Markenzeichen-Look aufzuziehen: „Deine Beziehung zum Netzhemd ist wahrscheinlich deine längste. Und sie funktioniert.“ Aber auch die mit dem Publikum ist bestens, seit er vor 35 Jahren sein Debütalbum „Let Love Rule“ veröffentlichte. Immer wieder geht er ganz nach vorne auf die verschiedenen Bühnenpodeste, liefert eine Einlage mit seinem Lieblingsintrument, das er an diesem Abend immer wieder in den Fokus rückt, und lächelt. Lenny Kravitz ist 100 Prozent Charisma und Ausstrahlung.

„Do you hear me?“, ruft er. Und alle so: „Yeah!“ Dann entfaltet auch die Bühne ihr ganzes Können: Mit blauen LEDs dekorierte Treppen und rot leuchtende Neonröhren versprühen Achtziger-Charme. Beim dritten Song offenbaren sich auch gigantische mehrteilige Bildmonitore. Kravitz geht in die Knie, wackelt mit den Hüften, die Fans sind aus dem Häuschen. Ein Saxofonist gesellt sich zu ihm. „Can you feel it?“, fragt Kravitz nun. Und alle fühlen ihn!

Konzert in Hamburg: Plötzlich zeigt Krawitz seine spirituelle Seite

„Hallo! Es ist lange her. Wow!“, meint er beim Anblick des Publikums und zeigt seine spirituelle Seite. „Wir sind hier, ihr seid hier. Um im Licht zu sein, um im Licht zu leben und das Licht zu verbreiten in dieser düsteren und doch wunderschönen Welt voller wunderbarer Kreationen und wundervoller Leuten wie euch! I love you.“ Dann spielt er den Song „Believe“ von 1993, und es klingt schön poppig. Wenn er taumelnd hinter dem Mikrofonständer tanzt, hat man manchmal das Gefühl, man würde einem Fotoshooting beiwohnen – so perfekt sieht alles aus. Kravitz ist nicht in Eile. Steht manchmal auch einfach nur da, wenn die Leute seinen Namen rufen. Bei „Stillness Of Heart“ übernimmt das Publikum die Vocals und zeigt sich beeindruckend textsicher. Lenny lächelt beseelt, geht runter auf die Knie und verneigt sich vor dem Chor. „I love you so much“, sagt er erneut und muss aufpassen, dass er mit der Nummer nicht zum Michael-Jackson-Klon wird.

Im Mittelteil verliert er sich mit Band samt Saxofonisten in einer minutenlangen Jam-Session, die Rock, Funk und Jazz aufgreift. Es macht also doch Sinn, dass Kravitz demnächst beim „Montreux Jazz Festival“ auftritt. „Danke dafür“, meint er zum geduldigen Publikum, das ihm den Raum für den Spaß am Musizieren gibt. „Rock’n’Roll“, schreit einer. Was dann kommt, gleicht allerdings eher einer Retro-Future-Show: Der vielseitige Kravitz spielt „Black Velveteen“ von 1998 im Regenbogenlicht, ein weiblich ausschauender Android leistet ihm auf den Bildschirmen Gesellschaft.

Das könnte Sie auch interessieren: Rod Stewart in Hamburg: Sexyness ist keine Frage des Alters

Nun wird es aber höchste Zeit für seine größten Hits: „It Ain’t Over Till It’s Over“, „American Woman”, „Fly Away” und auch die neue Single „Human” ernten Riesenjubel. Mit der XL-Version von „Let Love Rule“ krönt er den Abend und schließt sich der Kreis – es ist so viel Liebe im Raum! Kravitz begibt sich unter die lieben Liebenden, läuft einmal durch den hitzigen, schwitzigen und überfüllten Innenraum und lässt sich für sein zweistündiges Live-Comeback feiern. Und das völlig zu Recht.

Lenny Kravitz in der Sporthalle: Der Rock’n’Roll lebt! wurde gefunden bei mopo.de