Lost Place im Norden: Was verbirgt sich hinter diesem geheimnisvollen Schild?

Lost Place im Norden: Was verbirgt sich hinter diesem geheimnisvollen Schild?

„Stop – Grundstück betreten verboten“: Das knallgelbe Schild mit diesem Text ist fast mannshoch und wirklich nicht zu übersehen. Jedem, der sich nicht daran hält, wird mit Anzeige gedroht. Was verbirgt sich Geheimnisvolles an der Bundesstraße 242 unweit von Bad Grund?

Wir spähen durch den löchrigen Zaun und sehen ein mit rostigem Wellblech verkleidetes Gebäude. Dahinter ein alter Förderturm. Aha, ein Bergwerk!

Auf der Website des Bergbaumuseums in Bad Grund machen wir uns schlau. Es handelt sich hier um die Überbleibsel des Bleibergwerks „Bergwerkswohlfahrt“.

Der Förderturm des Meding-Schachts bei Bad Grund stammt aus dem Jahr 1902.
Hirschbiegel

Der Förderturm des Meding-Schachts bei Bad Grund stammt aus dem Jahr 1902.

1822 wurden hier die ersten Schächte gegraben, und neben Blei wurde vor allem auch Zink gefördert. Betreiber des Betriebes war die Preußische Bergwerks- und Hüttengesellschaft (Preussag). Einst war das Grubengelände riesengroß und erstreckte sich kilometerweit entlang des Flüsschens Innerste. Neben verschiedenen Stollen gab es Erzbunker, eine Seilbahn, Walzwerk, Schmiede, Schlosserei und Materialmagazine.

Das könnte Sie auch interessieren: Die geheimnisvolle Teufelsmauer im Sagenwald

Das Gebäude, das sich hinter dem Zaun befindet, gehört zum Meding-Schacht. Er wurde 1829 gegraben, war rund 500 Meter tief und nach einem hannoverschen Minister benannt. Der Förderturm aus dem Jahr 1902, auf den wir blicken, ist ein echtes technisches Denkmal – das leider, wie die Gebäude, verfällt. Wenigstens die elektrische Fördermaschine, eine der ältesten in Deutschland überhaupt, wurde geborgen und befindet sich heute im deutschen Bergbaumuseum in Bochum. 

Schächte bis zu 900 Meter tief

1923 wurde die Grube „Bergwerkswohlfahrt“ mit der Grube „Hilfe Gottes“ zusammengelegt und es entstand das „Erzbergwerk Grund“. Unter Tage waren die Anlagen schon lange verbunden gewesen. Die Schächte, aus denen auch Silber und Kupfer gefördert wurden, waren bis zu 900 Meter tief.

Dieser Schacht befindet sich am Lautenthaler Kunstgraben, unweit von Wildemann.
Hirschbiegel

Dieser Schacht befindet sich am Lautenthaler Kunstgraben, unweit von Wildemann.

Bei diesen Fakten muss man sich vergegenwärtigen, dass der Harz über Jahrhunderte kein Erholungsgebiet, sondern ein gigantisches Industrie-Areal war. Davon zeugen bis heute im gesamten Harz künstlich angelegte Teiche, unterirdische Wasserläufe und Hunderte bauliche Relikte aus der Blütezeit des Bergbaus.

Dort, wo wir jetzt stehen, wurden noch 1978 jährlich 450.000 Tonnen Erz gefördert, doch 1992 war endgültig Schluss. Wegen der gesunkenen Weltmarktpreise für Metalle lohnte der Abbau nicht mehr, und 200 Bergleute verloren ihre Jobs. Mit der Schließung des Erzbergwerks Grund ging der Oberharzer Bergbau nach 450 Jahren endgültig zu Ende.


Lost Places

Der Autor: Thomas Hirschbiegel (re.) ging 1977 direkt von der Schule zur MOPO, war erst zehn Jahre Fotoreporter und dann ab 1987 Redakteur mit dem Spezialgebiet Polizei, Architektur und Stadtentwicklung.
Der Fotograf: Florian Quandt begann seine journalistische Tätigkeit beim „Elbe Wochenblatt“, absolvierte ein Redakteurs-Volontariat beim „Pinneberger Tageblatt“ und ist seit 2005 Fotoreporter bei der MOPO.

Heute sind die übrig gebliebenen Bergbau-Relikte Ziele von Wanderern und eben Lost-Place-Fans wie uns. Da der Eigentümer der alten Schachtanlage an der B252 offensichtlich keine Besucher mag, fahren wir ein paar Kilometer ins Tal der Innerste bis nach Wildemann. In diesem romantischen Örtchen beginnt der Wanderweg am „Lautenthaler Kunstgraben“. Er ist Bestandteil des „Oberharzer Wasserregals“, und der Graben versorgte ab 1570 den Bergbau im Nachbarort Lautenthal mit Wasser.

Der Wasserlauf ist heute zwar meist trocken, aber am Wanderweg sind Tunnel, Sperrwerke, eine stillgelegte Bahnstrecke und sogar kurze Abschnitte von Schächten zu erkunden. Niemand droht hier mit Strafanzeigen.

Zurück geht die rund 15 Kilometer lange Wandertour dann am Ufer der rauschenden Innerste. Mehr Harz geht nicht.

Lost Place im Norden: Was verbirgt sich hinter diesem geheimnisvollen Schild? wurde gefunden bei mopo.de