Mit der Regenwald-Zerstörung hat Tofu aber mal so gar nichts zu tun

Mit der Regenwald-Zerstörung hat Tofu aber mal so gar nichts zu tun

Kürzlich saß ich mit einigen Leuten zusammen, es gab Bratwurst und Kartoffelsalat – natürlich vegan. Plötzlich fragt einer, der sonst auch Fleisch isst, interessiert in die Runde: „Wie fühlt man sich denn als Veganer, wenn für die Sojawurst der Regenwald abgeholzt wird?“ Nun, sehr gut, antworte ich leicht irritiert. Ich hatte die Frage zwar schon öfter gehört, dachte aber, dass die Antwort mittlerweile auch der Letzte kennt. Denn die Regenwald-Zerstörung hat so gar nichts mit meinem Teller zu tun – aber ganz viel mit Fleischkonsum.

Tofu, das ist für einige immer noch der Inbegriff für Schmeckt-nicht – zumindest bei uns im Land, wo pflanzliche Lebensmittel von der „Fleisch ist mein Gemüse“-Fraktion schnell abgewertet werden. In Asien ist das ganz anders. Dort wird Tofu, der aus dem Eiweiß der Sojabohne gemacht wird, seit Jahrtausenden verwendet. Ein Pionier, der den gesunden Bohnenquark 1984 nach Hamburg gebracht hat, ist die Tofumanufaktur Nagel – das Familienunternehmen hat heute seinen Sitz in Ellerbek (Kreis Pinneberg).

In Südamerika wird Soja oft auf ehemaligen Regenwaldflächen angebaut

Die Fans von Schweinemedaillons und Chicken Wings müssen nun stark sein: Es ist der Fleischhunger in den reichen Industrienationen, der das weltweit in riesigen Monokulturen produzierte Soja zu zwei Dritteln im Trog der Tiere landen lässt, die in der Massentierhaltung gemästet werden. In Südamerika wird die Pflanze oft auf ehemaligen Regenwaldflächen angebaut – nicht selten verbunden mit Menschenrechtsverletzungen. Bei uns bekommen besonders Schweine und Hühner das Sojaschrot als Eiweißquelle zu essen, aber auch Rinder. Das Sojaöl findet sich in Lebensmitteln, ganz selten landet die Südamerika-Bohne in konventionellem Tofu – dafür im Tank von Dieselautos.


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Wer Tofu oder Sojagranulat in Bioqualität kauft, kann sich ganz sicher sein, dass er mit dem Frevel im Regenwald nichts zu tun hat – das regelt die Bio-Verordnung der EU. Was zum Essen auf dem Teller landet, wird mittlerweile sogar in Deutschland oder Europa angebaut. Da hat sich einiges getan, die Anbaufläche wird Jahr für Jahr größer.

Tofu kann sich im schlimmsten Fall wie Gummi anfühlen

„Für guten Tofu“, sagt Geschäftsführer Johannes Puls-Nagel, „braucht es ein gutes Gerinnungsmittel und gutes Wasser.“ Tofu Nagel setzt hauptsächlich auf Nigari als Gerinnungsmittel, ein Meersalzauszug mit hohem Gehalt an Magnesiumchlorid. Billiger Tofu wird nur mit Calcium geronnen, sagt Puls-Nagel, der habe aber keine gute Qualität: „Im schlimmsten Fall bekommt man einen Tofu, der zwischen den Zähnen quietscht und sich wie Gummi anfühlt.“

MOPO-Autor Frank Wieding (58) isst seit mehr als 40 Jahren kein Fleisch. Gras und Steine musste er trotzdem noch nie essen.
Florian Quandt

MOPO-Autor Frank Wieding (58) isst seit mehr als 40 Jahren kein Fleisch. Gras und Steine musste er trotzdem noch nie essen.

Das erinnert mich sehr an das Jahr 1983, als ich Vegetarier wurde. Weil ich damals zwei linke Kochhände hatte, musste sich meine Mutter am Tofu probieren. Ob es nun an der Qualität des Tofus, an den Kochkünsten im Hause Wieding lag oder eine unheilvolle Allianz aus beidem war – der Tofu war gummiartig und ziemlich ungenießbar.

Das Tofu-Trauma ist längst überwunden

Doch das Trauma ist längst überwunden, heute liebe ich Tofu, im Curry, paniert mit Alge umwickelt oder als veganes Rührei – und kann ihn auch alleine zubereiten. Und wenn es mal schnell gehen soll, gibt es von dem Oldenburger Food-Start-up Krydda Tofu-Finisher – das sind tolle Kräutermischungen, die mit Wasser und Sojasauce angerührt werden, um Tofu zu marinieren.

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Übrigens: Der beliebteste Tofu bei Nagel ist der Tofu Natur – gefolgt von der über Buchenholz geräucherten Variante. Beide finden sich meistens auch in meinem Kühlschrank. Wer im Handel nicht fündig wird, hat in den Produkten von Taifun (Freiburg; Baden-Württemberg), Tofutown (Wiesbaum; Rheinland-Pfalz) oder Lord of Tofu (Lörrach; Baden-Württemberg) würdigen Ersatz. Das Angebot an Bio-Tofu ist mittlerweile reichhaltig – auch wenn Experte Puls-Nagel weiß: „In Asien gibt es eine Wahnsinns-Vielfalt an Tofu-Produkten. Da können wir in Europa nur von träumen.“

Mit der Regenwald-Zerstörung hat Tofu aber mal so gar nichts zu tun wurde gefunden bei mopo.de

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