„Muss unser Ziel sein“: Jansen will wieder HSV-Profis im DFB-Trikot sehen

„Muss unser Ziel sein“: Jansen will wieder HSV-Profis im DFB-Trikot sehen

Nach knapp 24 Minuten war alles vorbei. Nicht nur in diesem Spiel, auch wenn er das in dem Moment noch nicht ahnte. Mit schmerzverzerrtem Gesicht humpelte Marcell Jansen am Abend des 5. März 2014 in Stuttgart vom Feld, noch immer kann er sich daran erinnern, was ihm auf den Metern zum Spielfeldrand durch den Kopf ging. „Ich wusste, dass es mich etwas schwerer erwischt hat“, sagt der heute 38-Jährige. „Aber ich habe nicht gedacht, dass das solche Folgen für mich haben würde.“ Nicht nur für ihn, sondern auch für den HSV. Denn bis heute hat nie wieder ein Hamburger für Deutschlands A-Nationalmannschaft gespielt. In der MOPO erinnert sich Jansen an den historischen Tag – und wünscht sich, bald wieder mehr HSV-Spieler im DFB-Dress zu sehen.

Für Jansens Mitspieler ging der Länderspielabend weiter, das DFB-Team gewann seinen WM-Test gegen Chile schmucklos mit 1:0. Für den Linksverteidiger aber sollte sein 45. Länderspiel zugleich sein letztes sein, eines, dem noch dazu eine traurige historische Bedeutung zukommt: Seit sich Jansen vor rund zehn Jahren in Stuttgart vom Platz schleppte, hat nie wieder ein HSV-Profi für Deutschland gespielt.

HSV-Fans haben sich an fehlende Nationalspieler gewöhnt

Natürlich ist die Raute auch bei dieser EM präsent, mehrere Banner mit dem blau-weiß-schwarzen Klubemblem sind während der deutschen Partien auf den Tribünen zu sehen. Und daran, dass längst kein HSV-Profi mehr mit dem Adler auf der Brust aufläuft, haben sich die Fans gewöhnt. Wie sollte es auch anders sein, ihr Verein geht in Kürze in seine siebte Zweitligasaison in Folge. Dennoch blutet vielen Anhängern dieser Tage mal wieder das Herz, wenn sie den Stars aus München, Dortmund, Leverkusen oder Stuttgart beim Fußballspielen zusehen. Jahrzehntelang war es schließlich normal, dass sich auch der eine oder andere HSV-Profi im Kader tummelte.


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Auch Jansen kann eigentlich kaum fassen, „dass ich wirklich der letzte Hamburger war, der für Deutschland gespielt hat“. Umso bitterer, dass sein letzter Tanz so brutal endete.

Einen Tag nach der Partie folgte schon die für Jansen niederschmetternde Diagnose: Außenbandriss im Sprunggelenk, eine OP war nötig. Sechs bis acht Wochen Pause. Mitten im Abstiegskampf mit dem HSV. Und vor allem: Kurz vor der WM in Brasilien, für die Bundestrainer Jogi Löw Jansen hinten links fest eingeplant hatte. „Rumpelsieg und Jansen kaputt!“, titelte die MOPO.

HSV-Boss Jansen verpasste verletzt den WM-Titel 2014

Was war passiert? „Ich habe schon nach wenigen Minuten einen Tritt bekommen“, erinnert sich Jansen an die folgenschwere Szene. Unbeabsichtigt war ihm Chiles Mauricio Isla auf den rechten Knöchel gestiegen. „Ich konnte nicht mehr rund laufen, mir war klar, dass ich raus musste.“ Isla, heute 36 Jahre alt, spielt noch immer Fußball, beim argentinischen Erstligisten Independiente in Buenos Aires. Jansen aber spielte nie wieder international und beendete ein Jahr nach der Verletzung seine Karriere.

„Rumpel-Sieg und Jansen kaputt!“ titelte die MOPO am 6. März 2014.
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„Rumpel-Sieg und Jansen kaputt!“ titelte die MOPO am 6. März 2014.

Es gehört zur besonderen Tragik des Abends, dass der heutige HSV-Präsident wegen dieses einen Trittes den WM-Titel verpasste. „Ich war unter Löw Stammspieler“, sagt Jansen, „er hat mir vertraut.“ Doch die Blessur war zu schwer. „Ich kam dann sogar in der Relegation gegen Fürth für den HSV zum Einsatz, obwohl das eigentlich viel zu früh war. Auch in den vorläufigen WM-Kader wurde ich noch berufen. Jogi wollte sehen, ob die Zeit für mich vielleicht noch reicht, fit zu werden.“

Mitte Mai aber strich der Bundestrainer vier Spieler: die damaligen Schalker Talente Leon Goretzka und Max Meyer, André Hahn (Gladbach) – und Jansen. Der erinnert sich: „Jogi rief mich an und hat es mir erklärt. Und er hatte ja Recht. Ich war einfach längst nicht soweit, dass ich ein Turnier hätte spielen können. Noch dazu in Brasilien, bei der Hitze.“

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So blieb der bittere Abend in Stuttgart sein letzter DFB-Auftritt. Seitdem wartet auch der HSV auf ein „Nati“-Comeback. „Es muss als Verein unser Ziel sein, insgesamt wieder deutlich mehr Spieler zu entwickeln, die dann vielleicht auch die Chance haben, auf diesem Niveau zu spielen“, sagt Jansen, der natürlich auch bei der EM mit dem DFB-Team mitfiebert. Mit etwas Wehmut im Herzen, wer kann es ihm verdenken.

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