Nach Altonale-Aus: So geht es Hamburgs Straßenfesten

Nach Altonale-Aus: So geht es Hamburgs Straßenfesten

„Das kann doch nicht wahr sein“, dachte sich Carlota Santos de Carvalho. Die Inhaberin des „Ribatejo“ in Ottensen hatte erfahren, dass das zweitägige Straßenfest der „Altonale“, seit jeher krönender Abschluss des mehrwöchigen Kulturfestivals, in diesem Jahr ausfällt. Ein wirtschaftliches Problem für sie und andere Gastronomen im Viertel. Die Veranstalter begründeten die Absage mit einer finanziellen Schieflage, in die das Fest aufgrund stark gestiegener Kosten geraten sei. Auch ein Blick nach Eppendorf und Niendorf zeigt: Mit Kostendruck haben andere Veranstaltungen ebenso zu kämpfen. In Ottensen nahm Santos de Carvalho die Dinge kurzentschlossen selbst in die Hand, zur großen Freude der Anwohner.

Manchmal muss man eben improvisieren. Mit nur drei Wochen Vorbereitungszeit stellte die Inhaberin der Tapas-Bar gemeinsam mit anderen Geschäften der Umgebung auf der Bahrenfelder Straße auf die Beine, was für die „Altonale“ in diesem Jahr nicht mehr umsetzbar war. Zwischen der Klaus- und der Arnoldstraße fand am ersten Juniwochenende das „Fest des guten Lebens“ statt, ein Straßenfest im Kleinformat – dafür mit reger Beteiligung der Nachbarschaft. „Es war bunter und familiärer als sonst“, sagt die Organisatorin. Zwar sei es sehr viel Arbeit gewesen, das Fest auf die Beine zu stellen, aber: „Es hat auch unglaublich viel Spaß gemacht.“ Wohltuend sei dabei vor allem der Zuspruch gewesen, den sie für die Mühe erhielt.

Kosten für Straßenfeste sind gestiegen

Sie sei froh, dass das „Ribatejo“ eingesprungen sei, sagt „Altonale“-Geschäftsführerin Heike Gronholz. „Es war uns einfach nicht mehr möglich.“ Das Konzept, mit den Standeinnahmen aus dem Straßenfest das Kulturprogramm zu finanzieren, sei jahrelang gut gewesen. „Inzwischen hat es sich jedoch überholt.“ Der Grund: Zuletzt sanken die Einnahmen stark, die Ausgaben in den Bereichen Logistik, Technik und Produktion hingegen seien gestiegen – die Rechnung ging nicht mehr auf.

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Für das Fest bedeutet das eine Neuausrichtung. Von der Konzeption entwickle sich die „Altonale“ in Richtung „48h Wilhelmsburg“, dem Musikfestival auf den Elbinseln, so Gronholz. Konkret heißt das: Weniger Bier- und Essensstände, mehr Musik und Kultur. Und davon gibt es zum Abschlusswochenende reichlich – auch ohne Straßenfest. Als Highlights gelten die Performance „Amour Mundi“ am 7. Juni oder der „Parkour für eine bessere Welt“ am 8. und 9. Juni, beides auf der Christianswiese.

Die Beliebtheit der Feste ist ungebrochen

Viel steht und fällt auch mit dem Wetter. Am ersten Juni-Wochenende waren Tausende bei Sonnenschein in Eppendorf unterwegs. „Hier gibt es viele tolle Essensstationen“, sagen Anni (31) und Alex (40) bei ihrem Besuch zur MOPO. „Allerdings sind die Preise inzwischen ganz schön hoch.“ Besonders mögen sie den Flohmarkt und die Kinderangebote. Der große Flohmarktteil ist es auch, der das Eppendorfer Landstraßenfest von einem „Geschwisterchen“ in der Osterstraße unterscheidet. Zudem steht in Eimsbüttel die Party mehr im Fokus.

Marius Röer
Anni (31) und Alex (40) schätzen auf dem Eppendorfer Landstraßenfest vor allem den Flohmarkt und die Angebote für Kinder.

Anni (31) und Alex (40) schätzen auf dem Eppendorfer Landstraßenfest vor allem den Flohmarkt und die Angebote für Kinder.

Marius Röer
Stefanie (38) sagt, sie fände es schade, wenn es keine Straßenfeste mehr geben würde.

Stefanie (38) sagt, sie fände es schade, wenn es keine Straßenfeste mehr geben würde.

Marius Röer
Philipp (44) kann sich eine Stadt ohne Straßenfeste kaum vorstellen.

Philipp (44) kann sich eine Stadt ohne Straßenfeste kaum vorstellen.

„Über den Flohmarkt bummeln, Leute treffen, essen und trinken“, fasst Stefanie (38) ihren Besuch auf dem Fest zusammen. Mit Blick auf die Altonale sagt sie, sie fände es sehr schade, wenn solche Stadtteilfeste nicht mehr stattfinden würden. Philipp (44) pflichtet ihr bei: „Straßenfeste dürfen nicht aussterben. Ich gehe generell gern mit der Familie auf solche Feste. Gerade hier auf dem Eppendorfer Landstraßenfest gibt es eine breite Auswahl an Essen und schöne Angebote für Kinder.“

Veranstalter: Können Mehrkosten nicht eins zu eins umlegen

Für den Veranstalter Uwe Bergmann war das diesjährige Fest „intensiv und erfolgreich“. Rund 60.000 Besucher seien am Wochenende dort gewesen. „Der Nachholbedarf nach Corona ist einfach groß“, sagt er. Auch die Nachfrage nach Ständen habe sich wieder stabilisiert. Doch habe man in vielen Bereichen mit Mehrkosten zu kämpfen gehabt. „Das konnten wir nicht eins zu eins auf die Standmiete umlegen.“

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Für das Niendorfer Tibargfest, das vom 7. bis 9. Juni in Niendorf stattfindet, berichtet Cordula Stein Ähnliches: Die wirtschaftliche Lage sei „nicht optimal“. „Wir spüren die Kostensteigerungen in allen Dienstleistungen“, so Stein. Die Preise für Händler könne sie aber noch halten.

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