Nach Herzinfarkt: Dieser Arzt will alle Hamburger zu Lebensrettern machen

Nach Herzinfarkt: Dieser Arzt will alle Hamburger zu Lebensrettern machen

Wüssten Sie, was zu tun ist, wenn vor Ihnen jemand einen Herzinfarkt erleidet und umkippt? Sehr viele Menschen würden diese Frage wohl mit „Nein“ beantworten. Das Fatale: Die Reaktion der Umstehenden kann lebensentscheidend sein. Der Arzt Dr. Martin Buchholz hat sich deshalb Großes vorgenommen: Er will Hamburg zur Herzretter-Stadt und alle Bürger zu Lebensrettern machen. Bei den Kindern fängt er an.

Martin Buchholz steht auf dem Schulhof der Grundschule Klein Flottbeker Weg (Othmarschen) und beobachtet das Treiben. Zwei Mädchen sind über eine Puppe gebeugt. Die Hände aufeinander gelegt pressen sie kräftig in den Brustkorb der Puppe.

Hamburger Arzt organisiert Herzretter-Trainings an Schulen

Anschließend zeigt Ann-Kristin Schulte-Westhoff, Organisatorin des Aktionstages an der Schule, den Mädchen noch, wie man einen Defibrillator anlegt. „Das Gerät hängt in vielen Unternehmen und Einrichtungen. Aber kaum jemand weiß, was damit zu tun ist“, sagt Martin Buchholz. „Dabei ist es ganz einfach: Das Gerät spricht zu einem und sagt, was zu tun ist.“

Kleine Lebensretterinnen: Emilia (10, r.) und Carlotta (10) lernen bei Ann-Kristin Schulte-Westhoff, wie man eine Herzdruckmassage macht und wie ein Defibrillator funktioniert.
Florian Quandt

Kleine Lebensretterinnen: Emilia (10, r.) und Carlotta (10) lernen bei Ann-Kristin Schulte-Westhoff, wie man eine Herzdruckmassage macht und wie ein Defibrillator funktioniert.

Wenn Kinder von Klein auf lernen, dass das so ist, haben sie später im Ernstfall keine Scheu, aktiv zu werden. So der Ansatz von Martin Buchholz, der vor neun Jahren den Verein „Herzretter“ gegründet hat – nachdem er selbst einen Herzinfarkt erlitten hatte.

„Meine Frau und ich waren im Urlaub in Myanmar“, erzählt Martin Buchholz von dem Tag, der sein Leben für immer verändern sollte. In einem entlegenen Dorf legte das Paar sich am Abend ins Hotel-Bett, als den damals 66-Jährigen plötzlich ein furchtbarer Schmerz hinter dem Brustbein durchfuhr.

Riesenschreck: Im Asien-Urlaub erlitt der Arzt selbst einen Herzinfarkt

„Mir war sofort klar: Das ist ein Herzinfarkt!“, erzählt Buchholz. Mit einem Taxi fuhren er und seine Frau ins nächste Bezirkskrankenhaus, von dort wurde er zwei Tage später mit einem Rettungsflieger nach Bangkok gebracht, weil es nur dort moderne Krankenhäuser gibt. Erst zwei Wochen später konnte er zurück nach Deutschland fliegen, wo er operiert wurde und mehrere Stents bekam.

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„Es war ein Riesenschreck für meine Frau. Als wir später mit Freunden sprachen, stellten wir fest, dass niemand wusste, wie man im Ernstfall zu reagieren hat.“

Dabei sind die Minuten nach dem Infarkt entscheidend. „Man hat nur drei Minuten Zeit, sonst kann ein neurologischer Schaden eintreten“, sagt Buchholz und weist darauf hin, dass es durchschnittlich schon acht Minuten dauert, bis der Krankenwagen da ist.

Deutschland ist Schlusslicht bei Überlebensquote von Herzinfarkten

„In Deutschland sterben unendlich viele Menschen, weil im Falle eines Herzversagens nicht richtig reagiert wird“, sagt Buchholz. Pro Jahr gebe es in Deutschland rund 60.000 Reanimationen. Nur zehn Prozent der Betroffenen überleben. In Dänemark ist das ganz anders: Dort überleben 45 Prozent. „In Dänemark sind Herzrettertrainings u.a. in Schulen seit 2005 gesetzlich verpflichtend“, so Buchholz.

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Er wünscht sich eine solche Gesetzeslage auch für Deutschland. Bis dahin organisiert er Trainings an Schulen, in Behörden, Kirchen, Unternehmen. Die Sozialbehörde und die Schulbehörde unterstützen ihn zu seiner Freude dabei. „Wir haben inzwischen mehr als 70.000 Schüler trainiert.“

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