„Prestigeobjekt hin oder her“: Warum die Elbtower-Büros leer bleiben könnten

„Prestigeobjekt hin oder her“: Warum die Elbtower-Büros leer bleiben könnten

Es wird leerer in Hamburgs Büros: Hunderttausende Quadratmeter liegen aktuell brach, seit Corona und Homeoffice ist die Nachfrage spürbar gesunken. Was passiert jetzt mit der ganzen ungenutzen Fläche? Im Gespräch mit der MOPO erklärt Stadtplaner Professor Thomas Krüger von der HafenCity Universität, welche neuen Wohnformen sich dafür eigenen würden, warum Investoren neue Büroflächen auch mal absichtlich leerstehen lassen und warum er bezweifelt, dass die Elbtower-Büros – sollten sie einmal fertig werden –Abnehmer finden werden.

MOPO: 4,8 Prozent der Hamburger Büroflächen stehen aktuell leer, vor der Corona-Pandemie pendelte diese Quote jahrelang um die zwei bis drei Prozent. Trotzdem werden immer noch neue Bürogebäude gebaut –warum?

Thomas Krüger: Das liegt daran, dass die Nachfrage für hochklassige Büroflächen eben nach wie vor da ist. Denn auch in wirtschaftlich schwachen Zeiten gibt es Unternehmen, die sich so etwas leisten können und möchten. Gleichzeitig sind da aber auch Firmen, die zum Beispiel aufgrund von Homeoffice weniger Platz benötigen. Was dadurch hinten herunterfällt, sind die alten Büroflächen aus den 50er oder 60er Jahren – die will wirklich keiner mehr.

Warum?

Viele davon stehen in eher unbeliebten Lagen, weit weg von der Innenstadt oder an Hauptverkehrsstraßen. Heutzutage spielt das Umfeld für die Unternehmen aber eine wichtige Rolle. Die Menschen wollen nicht mehr nur ins Büro und wieder weg, sondern auch zum Beispiel in der Mittagspause gut essen gehen. 

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Um die alten Gebäude vernünftig vermieten zu können, müssten sie zudem aufwendig renoviert werden. Oft sind die Fenster alt, die Toiletten abgewrackt und versifft, es gibt keine Außendämmung und so weiter und so weiter. Da müsste richtig viel Geld in die Hand genommen werden.

Wäre es dann nicht möglich, diese ungewollten Büroflächen in Wohnungen umzuwandeln?

Das ist leider nicht so einfach, wie es sich anhört. Das erste Problem ist schon der Grundriss: Auf 200 Quadratmetern Bürofläche gibt es vielleicht ein Bad und eine Kochküche. Entstehen dort aber drei bis vier Wohnungen, bräuchte es mehrere Bäder und Küchen. Dazu muss die komplette Gebäudetechnik neu verlegt werden. Büroflächen haben außerdem selten Balkone, und auch die Treppenhäuser sind ganz woanders, als sie bei Wohnungen gebraucht werden. Ein solcher Umbau ist dementsprechend teuer – es sei denn, dort entstünden neue Wohnformen.

Professor Thomas Krüger lehr an der HafenCity Universität (HCU) unter anderem Projekt- und Stadtentwicklung.
HCU

Professor Thomas Krüger lehrt an der HafenCity Universität (HCU) unter anderem Projekt- und Stadtentwicklung.

Wie sähen die aus?

Das wären dann nicht die üblichen 50 bis 80 Quadratmeter großen Wohnungen, sondern kleine Apartments für einzelne Personen, die sich dann Gemeinschaftsflächen miteinander teilen. Das könnten etwa eine Werkstatt, ein Co-Working Space oder auch eine größere Wohnküche für alle sein. Für Deutschland ist das noch eine ungewöhnliche Wohnform, es ist aber aus meiner Sicht eine, die Zukunft hat. 

Also so ähnlich wie die kleinen und sehr teuren Studenten-Apartments, wie es sie zum Beispiel in Altona an der Kieler Straße gibt?

Klar, weil Modernisierung und Umbau teuer sind, werden die Mieten nicht bei zehn Euro pro Quadratmeter liegen. In Hamburg, mit über 50 Prozent Single-Haushalten, davon bin ich überzeugt, gibt es aber für die kleineren Gruppen-Apartments oder Wohnungsgruppen eine Nachfrage. Ziehen diejenigen dann aus ihren größeren Wohnungen in die kleineren Apartments, wären die bisherigen Wohnungen wiederum frei für größere Familien.

Warum stehen aber auch neu gebaute Büroflächen manchmal leer?

Wer ein Büro errichtet und dabei ursprünglich mit einer Miete von über 30 Euro pro Quadratmeter kalkuliert hat, der findet jetzt nur noch schwer Abnehmer. Aus Investoren-Sicht macht es dann mehr Sinn, die Flächen leerstehen zu lassen, als sie für billiger zu vermieten. Denn dann müsste der ganze Gebäudewert nach unten korrigieren werden. Da geht es schnell um sehr große Beträge. Deshalb wird lieber gewartet.

Denken Sie denn, dass die Büroflächen im Elbtower – sollte er einmal fertig gebaut werden – Abnehmer finden?

Hochhäuser sind immer die teuersten Flächen, die es gibt, weil sie wegen der Höhe auch gewaltige Sicherheitsanforderungen erfüllen müssen. Ich habe meine Zweifel, ob diese riesigen Flächen dann tatsächlich zu so hohen Preisen vermietet werden können – Prestigeobjekt hin oder her. Dazu kommt auch, dass es dort aufgrund der Lage zwischen einer Bundesstraße und den Bahngleisen über die Elbe wirklich sehr laut ist. Erst wenn der Gebäudewert um, meiner Einschätzung nach, 30 Prozent nach unten korrigiert werden würde, kommen wir in einen realistischen Bereich. In diesem Fall würden die ursprünglichen Kreditgeber und Investoren des Signa-Projekts, wie zum Beispiel Klaus-Michael Kühne, erst einmal eine Menge Geld verlieren. 

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