Schimmel, Abzocke und dann noch blanker Hohn: Hamburger Mieter verzweifeln

Schimmel, Abzocke und dann noch blanker Hohn: Hamburger Mieter verzweifeln

Schimmel, überhöhte Nebenkosten – und dann auch noch eine Endlos-Baustelle: Seit drei Jahren wohnen Monika L. und ihre Nachbarn unter chaotischen Bedingungen. Ihr Vermieter ist bekannt dafür, Probleme zu verschleppen. Und dann hängt im Garten auch noch ein Plakat, das den Bewohnern wie blanker Hohn vorkommt.

Monika L. (54) zog 2018 in ein schönes Reihenhaus in einer ruhigen Straße in Bahrenfeld. Der Anschein täuschte. Bald verwandelte sich die Idylle für sie und ihre Nachbarn in den reinsten Miet-Horror. „Hätte ich das gewusst, dann wäre ich nicht eingezogen“, sagt sie. Ihr Vermieter ist die „Wentzel Dr. GmbH“. Und genau das scheint das Problem zu sein.

Zuerst ging es um die Nebenkosten. „Die Wasserabrechnung läuft bei mir über die Nebenkosten. Auf die Kosten meines Verbrauchs bei den Wasserwerken hat ,Wentzel Dr.‘ ungeheure Summen aufgeschlagen“. Statt 4 Euro pro Kubikmeter Wasser, was die Wasserwerke ihr 2020 in Rechnung stellten, forderte „Wentzel Dr.“ plötzlich 9,54 Euro, mehr als das Doppelte! Monika L. legte Einspruch ein. Das Geld bekam sie nach eigenen Angaben bis heute nicht zurück. Aber das war erst der Anfang.

Mieter in Hamburg: „Es wuchs ein Pilz aus der Wand!“

Ihr Nachbar Jürgen B. (58) hat im Keller große Schimmelflecken. „Vor ein paar Jahren wuchs ein Pilz aus der Wand“, erzählt er. Als Gegenmaßnahme bekam er von „Wentzel Dr.“ einen Heizlüfter. „Das sollte offiziell nur eine Übergangslösung sein“, erzählt Jürgen B. „Jetzt geht das schon zwei Jahre so. Gegen den Schimmel bringt das bisher wenig, ich kann in meinem Keller kaum Dinge lagern. Und der Erstattung der Stromkosten für den Lüfter muss ich ständig hinterherlaufen“.

Im Keller von Jürgen B. ist seit Jahren Schimmel.
Florian Quandt

Im Keller von Jürgen B. ist seit Jahren Schimmel.

Auch bei Monika L. läuft ein Heizlüfter, die Stromkosten wurden ihr bis heute nach eigener Aussage nicht erstattet. Ihre Nachbarn Susanne K. (47) und Stefan P. (46) zeigen auf Schimmel im Kinderzimmer und im Bad. Doch das ist nicht einmal das Schlimmste. „Schauen Sie sich diesen schönen Ausblick an“, sagt Susanne K. mit Bitterkeit in der Stimme. Die gesamte Rückseite des Hauses wird von einem Baugerüst eingehüllt, der Garten ist teils blockiert, um das Haus zu verlassen, muss man sich bücken.

Plakat im Garten: Reiner Hohn für die Mieter von „Wentzel Dr.“

„Diese Sanierungsmaßnahmen sollten eigentlich nur knapp zwei Monate dauern. Stattdessen steht das jetzt seit drei Jahren hier“, erzählt Susanne K. Von den 13 Wohneinheiten sind vier betroffen. „Wir heizen quasi zur Tür raus. Und dann haben sie auch noch ein Plakat in unserem Garten aufgehängt. Ohne uns zu fragen!“

„Zuhause, der schönste Ort der Welt“ steht dort auf dem Baugerüst. Für die Mieter der reine Hohn. Susanne K. und Stefan P. haben das Gefühl, dass „Wentzel Dr.“ sie rausmobben möchte. „Entweder die wissen nicht, wie man diesen Job macht, oder das ist Kalkül“. Auch Jürgen B. sagt: „Das riecht nach System“.

Die Fassade ist schon seit drei Jahren offen. Seitdem steht das Gerüst im Garten.
Florian Quandt

Die Fassade ist schon seit drei Jahren offen. Seitdem steht das Gerüst im Garten.

Die Immobilien gehören dem Staat

Wenn sie sich wegen eines Problems beim Vermieter meldeten, dann käme häufig keine Nachricht. Oder man würde hingehalten. Das berichten auch andere Kunden der Hausverwaltung. Erst in der vergangenen Woche sprach die MOPO mit einer ebenfalls betroffenen Mieterinitiative in Ohlsdorf: Bis zu 350 Wohneinheiten sind dort von Schimmel und Bleirohren betroffen, auch hier scheint „Wentzel Dr.“ nur langsam zu reagieren.

Die Google-Bewertungen zum Unternehmen deuten darauf hin, dass es sich eher um die Regel als um Ausnahmen handelt. Es hagelt 1-Sterne-Bewertungen, „Die scheißen komplett auf Kunden“ schreibt eine Person. „Seit Wochen keine Antwort“ schreibt jemand anders. Passend dazu ließ „Wentzel Dr.“ auch einen Fragenkatalog der MOPO lange unbeantwortet, dann folgte eine gemeinsame Stellungnahme mit dem Eigentümer des Gebäudes.

Jetzt soll es endlich losgehen – doch an einer Sache hakt es

Die Reihenhäuser, in denen Monika L. und ihre Nachbarn wohnen, gehören „Wentzel Dr.“ tatsächlich gar nicht. Das Unternehmen macht nur die Verwaltung, die Immobilien besitzt ausgerechnet der Staat, nämlich die „Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder“, kurz „VBL“.

Das könnte Sie auch interessieren: Bleirohre und Schimmel! Mieter in Ohlsdorf sauer: Wir werden im Stich gelassen

Laut der „VBL“ und „Wentzel Dr.“ verlief alles vorschriftsmäßig. Das Plakat im Garten solle sowieso bald entfernt werden, der Grund für die falsch abgerechneten Nebenkosten liege an einem Technikfehler, der bisher aber noch nicht gefunden worden sei. Die Verzögerungen an der Baustelle lägen an den ungeahnt hohen Behördenauflagen und dem schlechten Zustand des Gebäudes, jetzt würde eine Baustelle an der Straße den Baubeginn verzögern. „Sobald die Straßenbauarbeiten abgeschlossen sind, wird mit den bereits beauftragten Maßnahmen begonnen“, teilen „VBL“ und „Wentzel Dr.“ der MOPO mit. Das wäre rund drei Jahre später als geplant. Die Wut von Monika L. und ihren Nachbarn wird das kaum mindern.

Schimmel, Abzocke und dann noch blanker Hohn: Hamburger Mieter verzweifeln wurde gefunden bei mopo.de

Please follow and like us:
Pin Share