Schuss in Dönerladen: Als die Lage eskaliert, drückt Ardit B. ab – „ich hatte Angst“

Schuss in Dönerladen: Als die Lage eskaliert, drückt Ardit B. ab – „ich hatte Angst“

In einer regnerischen Nacht, es ist der 25. April 2023 um kurz nach 1 Uhr, ertönt in einem Dönerimbiss an der Reeperbahn ein Knall. Zwei Gäste stürmen aus dem Lokal und springen in einen schwarzen Audi, ein Dritter flieht kurz darauf zu Fuß. Auf dem Boden zurückgelassen liegt ein 31-jähriger Mann. In seinem Oberkörper klafft eine Schusswunde. Sie blutet stark. Die Pistolenkugel hat seine linke Niere verletzt und steckt noch im Bauch des Mannes. Nur durch eine Notoperation gelingt es Ärzten, sein Leben zu retten. Vor dem Landgericht Hamburg ist am Donnerstag der Prozess gegen den mutmaßlichen Schützen eröffnet worden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angeklagte das Opfer töten wollte.

„Mein Mandant wird sämtliche Fragen beantworten“, kündigt der Verteidiger gleich zu Beginn an. Neben ihm sitzt Ardit B. (30) und nickt. Er trägt ein weißes Hemd, Jeans und Vollbart. Sein Lebensweg ist der einer verkrachten Existenz: Vor zwölf Jahren kam er aus Albanien nach Deutschland, drei Mal wurde er bereits abgeschoben. Er kam immer wieder.

Landgericht Hamburg: Prozess um Bauchschuss auf Kiez gestartet

„Ich habe hier meine Freunde“, sagt er. B. schlägt sich mit Schwarzarbeit durch – und mit Dealen. Das spätere Opfer S. – ein Bekannter von ihm. Bei einem Überfall habe dieser Marihuana erbeutet und ihm verkaufen wollen. Doch der Deal kommt nicht zustande, Beleidigungen folgen. Eine Woche später habe der Cousin von S. auf ein Treffen gedrängt, im Dönerimbiss „Antep Gülbaba Köz“ auf dem Kiez.

Ardit B. fährt hin, gemeinsam mit seinem Freund Albano H., der gerade aus Spanien zu Besuch ist. Eine Glock-Pistole liegt auch im Auto. Angeblich sei der Laden voll zwielichtiger Gestalten gewesen. „Ich hatte Angst.“ Er steckte die Waffe ein und ging rein, S. und sein Cousin waren schon da.

Der Tatort auf der Reeperbahn: Im Dönerimbiss „Antep Gülbaba Köz“ sicherten Polizeibeamte Spuren.
Hamburg-News

Der Tatort auf der Reeperbahn: Im Dönerimbiss „Antep Gülbaba Köz“ sicherten Polizeibeamte Spuren.

Nach kurzer Zeit habe S. ihn wieder beleidigt. „Also habe ich ihn geschlagen“, sagt der Angeklagte. S. wehrt sich, Ardit B. zieht die Glock – und drückt ab. Die beiden Männer hauen ab, kurz darauf türmt auch der Cousin. „Ich wollte ihn nicht erschießen“, beteuert der Angeklagte. Er habe gewusst, dass S. überleben werde, diesen Satz wiederholt er mehrfach.

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Im Prozess ist dies eine wichtige Frage, denn Ardit B. ist wegen gemeinschaftlichen versuchten Mordes angeklagt. Sein Freund, Albano H., wurde in einem separaten Verfahren bereits zu zehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Vier Wochen nach der Tat nahm die belgische Polizei Ardit B. in Brüssel fest. Er wurde nach Deutschland ausgeliefert und sitzt seither in Haft.

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Nach der Einlassung des Angeklagten werden im Gerichtssaal Kameraaufnahmen aus dem Imbiss gezeigt, die den Tatablauf zeigen. Ardit B. kommentiert: „Schlecht gelaufen ist das“, und reibt sich die Augen. Der Prozess wird am Freitag, dem 14. Juni, fortgesetzt.

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