Schüsse in Hamburg: Opfer war Kickbox-Europameister – und im Milieu aktiv

Schüsse in Hamburg: Opfer war Kickbox-Europameister – und im Milieu aktiv

Neue Details nach dem Schuss im Harburger Phoenix-Viertel vor einer Woche: Bei dem Opfer (33) handelt es sich nach MOPO-Informationen um einen erfolgreichen Sportler, der vor einigen Jahren sogar Kickbox-Europameister wurde. Zuletzt fungierte er im Rotlichtmilieu offenbar als Streitschlichter. Hängt der Angriff auf ihn damit zusammen? Die Polizei fahndet nach dem Täter und einem Komplizen – die bei ihrer Flucht sogar direkt an einer Wache vorbeikamen. Das Opfer überlebte den Angriff womöglich nur durch einen glücklichen Zufall. Und Anwohner berichten von der bedrückenden Situation im Viertel.

Mitten am Tag wurde am vergangenen Dienstag auf der Wilstorfer Straße (Harburg) geschossen. Ein Streit im Rotlichtmilieu soll dort blutig eskaliert sein. Bei dem Opfer handelt es sich nach MOPO-Informationen um Eddy O., einen ehemaligen Europameister im K1-Kickboxen.

Der Harburger wurde 2018, nachdem er seinen Gegner im technischen K.O. nach fünf Runden besiegt hatte, in Krefeld zum Europameister gekürt. Während der Pandemie soll ihn eine Corona-Erkrankung schwer getroffen haben. Nach MOPO-Informationen soll die Erkrankung so schlimm gewesen sein, dass der Harburger sportlich nie wieder richtig auf die Füße kam.

Von Kickbox-Europameister zum Streitschlichter im Rotlichtmilieu

Daher fungierte er nach der Krankheit lediglich als Ringrichter. Zudem war der durchsetzungsstarke Kickboxer offenbar als „Streitschlichter“ im Rotlichtmilieu aktiv. So soll er auch am Tattag versucht haben, einen Streit in einem Bordell am Hammer Deich zu schlichten. Das Bordell galt früher als berüchtigt, es gab dort viele Polizeieinsätze. Warum Eddy O. kurz nach der versuchten Streitschlichtung in Harburg angeschossen wurde – unklar. Allerdings hätte der Angriff noch viel veheerender ausgehen können.

Die Wilstorfer Straße war für die Spurensicherung mehrere Stunden gesperrt.
Sebastian Peters

Die Wilstorfer Straße war für die Spurensicherung mehrere Stunden gesperrt.

Eddy O. überlebte vermutlich nur, weil die Tatwaffe klemmte

Denn nach Zeugenaussagen schrie der Schütze bei der Attacke: „Ich bringe dich um.“ Dass die Waffe nach dem ersten Schuss eine Ladehemmung hatte, rettete dem ehemaligen Kickboxer anscheinend das Leben. Eddy O. konnte sich anschließend verletzt davonschleppen. Seitdem fahndet die Polizei nach dem Verdächtigen. Der Mann soll circa 30 bis 35 Jahre alt sein und laut Polizei ein „südländisches Erscheinungsbild“ haben. Er trug einen Vollbart und kurze schwarze Haare. Mit einem Komplizen floh der Täter demnach auf einem E-Scooter in Richtung der Winsener Straße. Zeugen werden gebeten, sich unter der Rufnummer (040) 4286-56789 zu melden.

Nur wenige Meter von Tatort entfernt: die Polizeiwache der Wasserschutzpolizei. Während der Tatzeit war die Wache besetzt.
Sebastian Peters

Nur wenige Meter von Tatort entfernt: die Polizeiwache der Wasserschutzpolizei. Während der Tatzeit war die Wache besetzt.

Ob die Ermittler damit Erfolg haben, ist im Harburger Phoenix-Viertel jedoch umstritten. Vor nicht einmal einem Jahr, damals wurden zwei Männer niedergeschossen, berichtete die MOPO über die „Blutspur im Phönixviertel“ – denn regelmäßig kommt es hier zu schweren Gewalttaten. Verdächtige Beobachtungen behalten die dortigen Anwohner aus Angst oft lieber für sich, anstatt sie der Polizei zu melden – das berichten mehrere Nachbarn gegenüber der MOPO. Die immer wieder auftretende Gewalt im Stadtteil sowie die Verbreitung von Messern und sogar Schusswaffen führt dazu, dass die Bewohner Angst um die Sicherheit ihrer Kinder haben. Eine Anwohnerin berichtet, dass der Weg zur Schule oder Spielplatzbesuche nur unter Aufsicht der Eltern stattfinden. Sie und andere wünschten sich von der Polizei eine dauerhafte Präsenz im Viertel.

Das könnte Sie auch interessieren: „Behördenversagen“: Elfjähriger Intensivtäter wieder in Hamburg untergetaucht

Ein Bewohner aus einer Nebenstraße der Wilstorfer Straße bezweifelt jedoch, dass eine erhöhte Polizeipräsenz etwas ändern wird. „Die Gewalt steigt und steigt. Dabei gibt es direkt an der Wilstorfer Straße eine Polizeiwache. Verhindert hat diese die Schüsse auch nicht“, erzählt der etwa 40-jährige Bewohner, der bereits seit 20 Jahren im Viertel lebt. Namentlich genannt werden will er nicht – aus Sorge um seine Sicherheit.

Tatsächlich befindet sich in Sichtweite zum Tatort ein Gebäude der Wasserschutzpolizei. Vor der Tür stehen auch häufiger Einsatzwagen – und die Wache war zum Tatzeitpunkt besetzt. Der Täter konnte trotzdem unerkannt entkommen, er muss dabei an der Wache vorbeigefahren sein.

Schüsse in Hamburg: Opfer war Kickbox-Europameister – und im Milieu aktiv wurde gefunden bei mopo.de

Please follow and like us:
Pin Share