Sechs Wochen Streik! Kita-Mitarbeiterinnen in Hamburg auf Zinne

Sechs Wochen Streik! Kita-Mitarbeiterinnen in Hamburg auf Zinne

Sie kamen mit Fahnen und Tröten: Mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Elbkinder Kitas in Hamburg sind am Donnerstag in Harvestehude und Eppendorf auf die Straße gegangen, um für höhere Löhne zu demonstrieren. Ihr Motto: „Wir wollen nicht die Sparschweine der Elbkinder sein!“

Seit sechs Wochen streiken die Mitarbeiterinnen des Bereichs Hauswirtschaft bei dem städtischen Unternehmen für eine Tariferhöhung. Für die Kitas bedeutet das: Das Essen kommt nicht mehr aus der eigenen Küche, sondern wird Caterern angeliefert und schmeckt daher anders. Auch die Reinigung wird von externen Dienstleistern vollzogen, was teilweise zu Unzufriedenheit führt.

Gewerkschaft Verdi: Die Beschäftigten bekommen viel Unterstützung von den Eltern der Kita-Kinder

Die Gewerkschaft Verdi betont jedoch: „Die Frauen informieren an Streiktagen die Eltern vor den Kitas und bekommen dort viel Unterstützung. Die Eltern sehen die Not der Beschäftigten. So wird jetzt deutlich, welch wichtige Aufgabe die Hauswirtschaftsbeschäftigten im Kita-Alltag haben – und welche Auswirkungen es hat, wenn sie fehlen“, so Gewerkschaftssekretär Michael Stock.

Petra Solterbeck arbeitet seit 32 Jahren in der Hauswirtschaft bei dem städtischen Unternehmen. Sie kennt noch die Zeit, als für das Küchen- und Reinigungspersonal wie für alle anderen Angestellten der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst galt.

Ihre Kolleginnen können sich keine Avocado mehr leisten: Petra Solterbeck (55) ist hauswirtschaftliche Betriebsleiterin bei einer Elbkinder-Kita in der Neustadt.
Florian Quandt

Ihre Kolleginnen können sich keine Avocado mehr leisten: Petra Solterbeck (55) ist hauswirtschaftliche Betriebsleiterin bei einer Elbkinder-Kita in der Neustadt.

Doch 2005 war der Bereich Hauswirtschaft outgesourct worden. Seitdem verdienen sie und ihre Kolleginnen 30 Prozent weniger. „Wir mussten damals neue Arbeitsverträge unterschreiben. Sonst wären wir alle entlassen worden.“ Inzwischen könne man aber von dem Gehalt nicht mehr leben.

Stundenlohn von 13,10 Euro reicht nicht zum Leben

Eine Hausarbeiterin in der untersten Lohnstufe verdient 13,10 Euro die Stunde. Viele arbeiten in Teilzeit, viele sind alleinerziehend. „Neulich sagte eine Kollegin, sie würde so gerne mal wieder eine Avocado essen, aber sie könne es sich nicht leisten“, erzählt Solterbeck.

So ähnlich geht es auch Sultan Yilmaz (58), alleinerziehende Mutter von drei Kindern. „Ich verdiene 1100 Euro im Monat“, sagt sie. Die Miete für ihre Wohnung auf St. Pauli betrage 795 Euro. „Es geht nur, weil mein erwachsener Sohn mich unterstützt.“ Die Kleidung für sich und ihre minderjährige Tochter kaufe sie auf dem Flohmarkt oder beim Discounter. Aber auch nur, wenn es dort Sonderangebote gibt. „Meine Verwandten in der Türkei können es nicht fassen, dass es solche Zustände in Deutschland gibt.“

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Verdi-Sekretär Michael Stock sieht das genauso: „Es ist eine moralische Frage, wie die Stadt damit umgeht, dass Menschen in ihrem eigenen Betrieb so wenig Geld haben, dass sie Wohngeld beantragen müssen.“

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Die Geschäftsführung der Elbkinder betont, dass sie bei der Tarifauseinandersetzung eine Lohnsteigerung von 14 Prozent angeboten hätte. Dazu Michael Stock: „Das stimmt so nicht: Für das Jahr 2024 sind bisher nur vier Prozent angeboten.“ In der niedrigsten Lohngruppe würden Teilzeitbeschäftigte damit pro Tag gerade mal einen Euro mehr verdienen.

Sultan Yilmaz: „Das reicht hinten und vorne nicht.“

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