Sie haben viel vor: Das planen die neuen Macher des HSV Hamburg

Sie haben viel vor: Das planen die neuen Macher des HSV Hamburg

Der Eine: ein Handball-Idol, das seine aktive Karriere nach mehr als 25 Jahren beendet hat und nun endlich in neuer Rolle voll angreifen will – auch nach eigenem Geschmack ein paar Monate zu spät. Der Andere: ein Fachmann, wenn es um Sport, Wirtschaft, Marketing, Lizenzen geht – an schwierige Fälle gewöhnt, aber mit Handball bislang nichts am Hut. Ein bekanntes Gesicht und ein neues. Gemeinsam wollen Keeper-Legende Johannes Bitter (42) und Christian Hüneburg (49) den HSV Hamburg nach vorne bringen: Ersterer als Sportdirektor, Zweiterer als Geschäftsführer. Das neue Führungsduo des Bundesligisten hat viel vor – und eine schwierige Aufgabe vor der Brust.

Eines wird schnell klar: Der neue Geschäftsführer ist kein Sprücheklopfer, er scheut aber auch nicht das offene Wort. „Ich hätte gerne schon vor drei Monaten die Saison mitgestaltet“, sagte Hüneburg bei seiner offiziellen Vorstellung kurz vor dem Heimspiel-Kracher gegen Rekordmeister THW Kiel an diesem Freitag (20 Uhr, Barclays Arena), dem bereits sechsten Ligaspiel.

HSV Hamburg: Neuer Boss Hüneburg folgt auf Frecke

Von Null auf 110. Einstieg im laufenden Betrieb. Der Mecklenburger tritt die Nachfolge von Sebastian Frecke an, der Ende September nach offizieller Darstellung aus freien Stücken zurückgetreten war, nach MOPO-Informationen aber auch nicht mehr den nötigen Rückhalt im Verein hatte, um den Neustart federführend mitzugestalten. Der Klub wollte stattdessen „neue Ideen und Impulse“.

Hüneburg und Bitter, der Sportchef und zugleich Vize-Präsident ist, sind die neuen Frontmänner des HSV Hamburg abseits des Spielfeldes. „Die beiden werden die Geschicke des Vereins lenken“, sagt Präsident Kay Spanger, der erst seit einigen Wochen im Amt ist. Der Verein hat sich nach dem Lizenzchaos und Beinahe-K.o. im Frühsommer eine nahezu komplett neue Führungsebene verpasst. Die Personalien Bitter und Hüneburg sind die letzten Puzzleteile.

Die Aufgabenverteilung ist klar. „Ich mache alles außer Sport“, betont Hüneburg. Seine Kernkompetenzen: Finanzen, Vermarktung, Ticketing, Lizenzierung. Auf diesen Gebieten gibt es beim HSVH noch Luft nach oben. Er sehe „großes Potenzial“ im Bereich Sponsoring und Vermarktung und „viele Wachstumschancen. Das ist der erste Angriffspunkt und der größte Hebel“. Dem Handball wolle er „mit kleinen Schritten näherkommen“ und ihn „kennenlernen“.

Ex-Profi Jogi Bitter ist neuer Sportdirektor des HSVH

Den Bereich Sport verantwortet Bitter. Intensiver Austausch mit Trainer Torsten Jansen, Kaderplanung, Vertragsgespräche, Spielerverpflichtungen – was er übrigens schon in den vergangenen Monaten gemacht hat. „Natürlich werde ich eng und viel bei der Mannschaft sein“, kündigt Bitter an. Der 42-Jährige, der bis zuletzt die lange verletzten Neu-Keeper Robin Haug und Mohamed El-Tayar vertreten hatte, will künftig bei Spielen „halbverschwitzt hinter der Bank herumlungern“. Bitter gibt zu: „Ich bin froh, dass der Übergang jetzt endlich geschafft ist.“ Mit gesundem Respekt geht er die neue Aufgabe an. „Ich traue mir das zu, die Position des Sportdirektors auszufüllen, werde aber auch Fehler machen.“

Nächstes Topspiel gegen Kiel: Nach der Niederlage im Pokal treten Leif Tissier und der HSVH jetzt in der Liga gegen den THW an.
WITTERS

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Sportlich hat sich der HSVH seit dem Aufstieg 2021 längst in der Bundesliga etabliert und einen guten Namen gemacht. Wirtschaftlich gilt das nicht. Jahrelang gab es eine finanzielle Schieflage. Nur eine Geld-Spritze von insgesamt gut sieben Millionen Euro durch Investor Philipp Müller, mittlerweile im Aufsichtsrat, rettete im letzten Moment die Lizenz für diese Spielzeit und das Überleben des Vereins. Strukturell hinkt der Klub der Entwicklung seiner Mannschaft nach wie vor hinterher. „Da müssen wir schnellstmöglich nachziehen, um ein neues Level zu erreichen“, weiß Hüneburg. Bitter nennt es „nachwachsen“. Zumindest mit der personellen Neuaufstellung habe der HSVH „einen Riesenschritt gemacht“, ist er überzeugt.

Die zentrale Aufgabe der nächsten Jahre sei die Konsolidierung des Vereins und die Herstellung der Wirtschaftlichkeit, sagt Hüneburg. Klingt alles andere als sexy, ist aber existenziell. Dass Hamburg ein schwieriges Pflaster ist für Profisport außer Fußball, ist ihm bewusst.

Christian Hüneburg war Finanzboss bei Hansa Rostock

Schwierige Fälle schrecken den Familienvater (zwei erwachsene Kinder) nicht. Als früherer Finanzvorstand von Hansa Rostock hat er maßgeblich an der Sanierung des Traditionsvereins mitgearbeitet. „Das Brett, das wir hier bohren müssen, ist nicht so dick wie bei Hansa“, sagt Hüneburg, der zuletzt vier Jahre sehr erfolgreich als Geschäftsführer der Volleyball-Frauen des SSC Schwerin tätig war. „Wie dick, müssen wir schauen.“ Ein großes Problem ist und bleibt die Hallen-Situation, die Hüneburg aber nicht beklagen, sondern das Beste aus den Bedingungen machen will, denn eine neue Arena von mittlerer Größe in Hamburg wird es frühestens in ein paar Jahren geben – wenn überhaupt. Die Barclays Arena im Volkspark (13.000 Plätze) sei eine „Top-Halle, die ihren berechtigten Preis hat“, so Hüneburg. Für den HSVH ist sie aber in der Regel zu groß und bei nur halber Auslastung zu teuer. Die Sporthalle Hamburg sei eine „gute Halle“ mit besonderer Stimmung, die aber aufgrund ihrer Kapazität (3.800 Plätze) und ihres Alters die Möglichkeiten limitiert.

Es gelte, die Situation in beiden Hallen an Spieltagen „zu optimieren“, sagt Hüneburg, der ein Pragmatiker ist. Nicht monieren, sondern machen. Das scheint seine Devise zu sein. In der Tat sind die Möglichkeiten, mehr Menschen zu den Heimspielen zu locken, noch nicht ausgereizt. Nicht ausgeschlossen, dass das Interesse an Handball in Hamburg und Umland nicht so groß ist, wie die HSVH-Macher glauben oder hoffen – und es der Klub mittelfristig braucht. Der aktuelle Zuspruch ist jedenfalls nicht zufriedenstellend. Am Sport liegt das nicht. Das Team hat seit dem Aufstieg 2021 stark abgeliefert und in Relation zum Personaltetat auch im Ligavergleich überperformt.

Für den angestrebten nächsten sportlichen Schritt, der wiederum die Attraktivität des HSVH erhöht, muss jedenfalls mehr Geld her. Das weiß auch Hüneburg, der in Hamburg eine Wohnung sucht, während seine Frau in Schwerin wohnen bleibt. Das Gesamtkonzept des Klubs müsse „wirtschaftlich tragfähig sein, um dem Sport zu ermöglichen, zu wachsen“.

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Die Mannschaft sei aktuell und im Rahmen der Möglichkeiten gut aufgestellt, befindet Bitter. „Wir haben einen tollen Kader, aber der ist ziemlich schmal.“ Dennoch solle zunächst in die Spitze, dann in die Breite investiert werden. Der HSVH wolle auch künftig „schlau einkaufen“, Spieler weiterentwickeln, „aber kein Ausbildungsverein sein“, stellt der neue Sportchef klar. Sondern ein ambitionierter Klub, bei dem ambitionierte Spieler gerne bleiben wollen – und gehalten werden können. Oder wie es Hüneburg formuliert: „Wir wollen die Geschichte des HSV Hamburg größer machen.“ Die Herausforderung: riesengroß.

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