Süddeutschland ächzt unter Hochwasser – Hoffnung auf Entspannung

Süddeutschland ächzt unter Hochwasser – Hoffnung auf Entspannung

Das Wasser hat Bayern und Baden-Württemberg weiter im Griff, auch wenn es mancherorts Entwarnung gibt. Doch wo das Wasser zurückgeht, kommen die schlimmen Folgen ans Licht.

Ein Auto, wie Spielzeug auf einen Stadtbrunnen gespült. Braune Fluten, die sich in einem gewaltigen Schwall auf eine Bundesstraße ergießen, als eine Lärmschutzmauer dem Druck des Wassers nicht mehr standhält und birst. Menschen, die mit Biertischen versuchen, ihre Häuser vor den Fluten zu schützen – die Bilder, die das Hochwasser in weiten Teilen Süddeutschlands hinterlässt, sind dramatisch. Die Folgen auch. Wo sich das Wasser zurückzieht, werden nicht nur die massiven Schäden und Massen an Schlamm sichtbar. Am Montag bergen die Einsatzkräfte drei Tote in Kellern in Bayern und Baden-Württemberg.

Entsetzen über die Toten in den Flutgebieten

Die Lage in den Überflutungsgebieten ist immer noch dynamisch: Viele kleine Gemeinden sind betroffen, Tausende Helfer weiter im Einsatz. Dämme in Bayern drohen zu brechen, das Hochwasser könnte sich nun stärker in den Osten des Freistaats verlagern. In Baden-Württemberg machen die Behörden derweil vielerorts vorsichtig Hoffnung und heben Warnungen auf. 

Doch es bleibt das Entsetzen über die Toten in den Flutgebieten: Eine 43-Jährige wird am Morgen leblos im Keller eines Hauses im oberbayerischen Schrobenhausen gefunden – eine vermisste 43-Jährige, nach der seit Sonntag gesucht worden war. Die Leichen eines Mannes und einer Frau werden im besonders vom Hochwasser betroffenen Rems-Murr-Kreis in Baden-Württemberg entdeckt – ebenfalls in einem Keller, der zuvor überflutet gewesen war. Die genauen Umstände ihres Todes sind noch unklar. Schon am Wochenende kam ein Feuerwehrmann im Fluteinsatz um, in Schwaben wird zudem ein weiterer Feuerwehrmann vermisst. 

Bundeskanzler Scholz reist ins Flutgebiet

Noch sind die beiden Toten in Baden-Württemberg nicht bekannt, als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Vormittag in Süddeutschland eintrifft, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Der Kanzler hat schon traurige Flut-Routine. „Das ist in diesem Jahr das vierte Mal, dass ich in ein konkretes Einsatzgebiet gehe und mir anschaue, was dort ist“, sagt Scholz vor der Einsatzzentrale der Feuerwehr im oberbayerischen Reichertshofen. 

Bundeskanzler Olaf Scholz (r., SPD), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (M., CSU) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (l., CSU) im vom Hochwasser betroffenen oberbayerischen Reichertshofen.
dpa

Bundeskanzler Olaf Scholz (r., SPD), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (M., CSU) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (l., CSU) im vom Hochwasser betroffenen oberbayerischen Reichertshofen.

In Gummistiefeln hat er sich zuvor zeigen lassen, wie das kleine Flüsschen Paar die Marktgemeinde am Vortag zum Teil überschwemmt hat. Ganze Straßenzüge wurden hier vom Wasser überspült – so wie in vielen anderen Landesteilen Bayerns und Baden-Württembergs. Der Dauerregen vom Wochenende hat Zigtausenden Menschen eine neue Flutkatastrophe beschert. Tatsächlich, sagt Scholz, nehme die Zahl der Katastrophen zu. „Wir werden also die Aufgabe, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten, nicht vernachlässigen dürfen“, betont er. „Auch das ist eine Mahnung, die aus diesem Ereignis und dieser Katastrophe mitgenommen werden muss.“

Anwohner kämpfen mit Barrikaden gegen die Fluten

Während hier in Reichertshofen schon Pumpen und Generatoren rattern, um vollgelaufene Keller leer zu Pumpen, kämpfen Menschen andernorts noch immer gegen die Fluten. Fotos zeigen Anwohner der Stadt Burgau östlich von Ulm, die die Zugänge zu ihren Anwesen notdürftig verbarrikadiert haben – etwa mit Sandsäcken und Biertischen. Im benachbarten Günzburg berichtet ein Anwohner der „Tagesschau“, er sei bereits seit 5 Uhr auf den Beinen. „Keller und Wohnzimmer – alles unter Wasser“, sagt er. Eine ältere Frau, in deren Haus schon Helfer beim Aufräumen sind, sagt in dem Bericht weinend: „Das ist mein Haus!“

Ein Anwohner versucht sein Haus mit Biertischen und Sandsäcken vor dem Hochwasser zu schützen.
picture alliance/dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Ein Anwohner versucht sein Haus mit Biertischen und Sandsäcken vor dem Hochwasser zu schützen.

In Baden-Württemberg scheint sich die Lage etwas zu entspannen. Zuletzt hatte vor allem die Region um Stuttgart und weiter östlich im Fokus der Einsatzkräfte gestanden. In Rudersberg im Rems-Murr-Kreis nordöstlich der Landeshauptstadt haben Wassermassen Autos mit sich gerissen, mehrere landen an Bahngleisen, eines auf einem Brunnen in der Innenstadt, wie auf Bildern vom Montag zu sehen ist. 

Regensburg ruft Katastrophenfall aus

Auf einem Brunnen in Rudersberg steht ein durch ein Hochwasser weggespültes Auto.
picture alliance/dpa | Bernd Weissbrod

Auf einem Brunnen in Rudersberg steht ein durch ein Hochwasser weggespültes Auto.

Auf verschlammten Straßen liegt aus Häusern weggespülter Hausrat, ein Turnschuh, Puzzleteile. Auf einer Brücke hat sich massenhaft angespülter Unrat gesammelt. In Miedelsbach, einem Stadtteil von Schorndorf, nur wenige Kilometer entfernt, haben Wassermassen in der Nacht Autos übereinander gestapelt. Immerhin gibt es in der Region am Montag Zeichen der Entspannung, Warnungen werden zurückgenommen. Der Innenminister des Landes, Thomas Strobl, nennt die Lage „angespannt statisch“. 

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In Bayern wiederum richten sich bange Blicke nun vor allem auf die Donau. „Wir sehen, dass das Hochwasser jetzt wandert“, sagt Söder, der mit Scholz auf Hochwasser-Visite ist. Die Stadt Regensburg ruft am Montag bereits den Katastrophenfall aus. Wie schlimm es wirklich wird, wird sich zeigen. Es heiße nun: „Hoffen, dass wir die nächsten Tage gut überstehen“, sagt Söder. „Wir bleiben in Hab-Acht-Stellung.“ (dpa)

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