Traumhafte Ansichtskarten: Die schönsten Hamburg-Motive aus der „Belle Époque“

Traumhafte Ansichtskarten: Die schönsten Hamburg-Motive aus der „Belle Époque“

Hätten Sie das gewusst? Auf dem Heiligengeistfeld, dem Platz, auf dem der Dom stattfindet, stand einmal eine Windmühle. Sie befand sich genau dort, wo heute der Eingang zum U-Bahnhof Feldstraße ist. Manch ein betagter Hamburger kann sich vielleicht noch an sie erinnern, denn erst 1939 wurde sie abgerissen. Dagegen gibt es niemanden mehr, der den Berliner Bahnhof auf dem Gelände der heutigen Deichtorhallen mit eigenen Augen gesehen hat. Zum Glück aber gibt es alte Ansichtskarten ausgegraben, die zeigen, wie schön Hamburg vor mehr als 100 Jahren war – und wie der Alltag der Menschen damals aussah. Ein muss für Hamburg-Fans! 

Vor gut 150 Jahren, am 25. Juni 1870, wurde in Deutschland die Postkarte eingeführt. Anfangs bestand sie lediglich aus Text, später kamen Fotos hinzu. Die Ansichtskarte – sie war um die Jahrhundertwende der ganz große Renner, ein Massenkommunikationsmittel ähnlich wie E-Mail, SMS oder WhatsApp heutzutage. 440 Millionen Stück beförderte die Reichspost allein im Jahr 1900. Bis Kriegsausbruch 1914 wurden in Deutschland viele Milliarden Postkarten hergestellt, verkauft und verschickt.

Getreidemühle auf dem Heiligengeistfeld: Sie wird 1816 erbaut und ist bis 1912 in Betrieb, wird danach als Lager genutzt. 1939 wird sie abgerissen. Die Mühle stand in etwa dort, wo sich heute die U-Bahn-Station Feldstraße befindet.
Bokelberg

Getreidemühle auf dem Heiligengeistfeld: Sie wird 1816 erbaut und ist bis 1912 in Betrieb, wird danach als Lagerort genutzt. 1939 wird sie abgerissen. Die Mühle stand in etwa dort, wo sich heute die U-Bahn-Station Feldstraße befindet.

Niemand weiß, wie viele Hamburg-Postkarten damals produziert wurden. Aus den schönsten Motiven hat der Hamburger Fotograf und Sammler Werner Bokelberg ein Mäppchen zusammengestellt, das er Interessierten zum Kauf anbietet (www.bokelberg.com, Preis: 9,90 Euro). Daraus stammen die Postkarten, die wir hier präsentieren. Sie zeigen Hamburg zur Zeit der Belle Époque, die etwa von 1890 bis 1914 reichte.

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Wirtschaftlicher Aufschwung zog damals einen regelrechten Bauboom nach sich. Nie zuvor hat sich das Stadtbild in solch rasanter Geschwindigkeit verändert. Ab 1883 wurde die Speicherstadt gebaut, 1906 der Hauptbahnhof eingeweiht und drei Jahre später war die Mönckebergstraße fertig, die anfangs schlicht „Durchbruch“ genannt wurde – ein Prachtboulevard, der das ebenfalls neue Rathaus mit dem Hauptbahnhof verband. Nicht zu vergessen der Elbtunnel, den damals noch niemand den „alten“ nannte – er war 1911 fertig.

Der 1906 eingeweihte Hauptbahnhof. Nach dem Gare du Nord in Paris ist er heute der meistfrequentierte Bahnhof Europas.
Bokelberg.com

Der 1906 eingeweihte Hauptbahnhof. Nach dem Gare du Nord in Paris ist er heute der meistfrequentierte Bahnhof Europas.

Unsere Ansichtskarten zeigen auch, wie hell, freundlich und weltoffen sich Hamburgs City präsentierte. Das hatte mit einer Katastrophe zu tun, die damals schon ein paar Jahrzehnte zurücklag: Der Große Brand hatte 1842 weite Teile der Innenstadt vernichtet – und Platz geschaffen für einen städtebaulichen Neuanfang. Hamburg wurde zum „Venedig des Nordens“: Weiß und elegant, mit eindrucksvollen Kaufmannshäusern rund um die Binnenalster, wunderschönen Alsterarkaden im Stil der italienischen Renaissance, einem riesigen Rathausmarkt und einem neuen Staubecken, der Kleinen Alster.

Schon um 1900 war Hamburg so schön, dass von überall her die Touristen kamen

Die Stadt war damals so attraktiv, dass sie schon um 1900 Touristen anlockte. Auf einer der Ansichtskarten ist zu sehen, wie sie vor dem „Café Belvedere“ am Ballindamm in die großen offenen Kutschen der Hammonia-Rundfahrt-Gesellschaft steigen. Einmal rund um die Alster, zu den Landungsbrücken und weiter bis nach St. Pauli. Jeder wollte schließlich die berühmte Reeperbahn gesehen haben. Und zur Stärkung wurde ein Stopp eingelegt in der „Hamburg-Amerika-Bar“ am Spielbudenplatz, die sich um 1900 rühmte, die „größte Bar Deutschlands“ zu sein.

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Allerdings konnten sich so was nur die feinen Herrschaften leisten. Die einfachen Leute mussten hart arbeiten: etwa die Bäuerinnen aus den Vierlanden, die mit ihren Kähnen an der Holzbrücke im Nikolaifleet anlandeten, um dann ihr Gemüse auf dem nahen Hopfenmarkt feilzubieten. Oder die Arbeiter auf den Werften, die mit ihrem Hammer die Nieten in den Schiffsrumpf schlugen, zwölf Stunden täglich. Abends fielen sie todmüde und schweißgebadet ins Bett und verdienten doch so wenig, dass sie sich kaum die Miete für die winzigen feuchten Behausungen leisten konnten, in denen sie auf engstem Raum mit ihren Familien lebten. Denn auch wenn der Abriss schon begonnen hatte – weite Teile der Gängeviertel, in denen 1892 die Cholera wütete, standen um die Jahrhundertwende noch.

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Der alte Berliner Bahnhof, der sich in etwa dort befand, wo heute die Deichtorhallen sind. Der Berliner Bahnhof in Hamburg war der westliche Endpunkt der 1846 eröffneten Berlin-Hamburger Bahn. Er entstand aus der Erweiterung des zuvor an dieser Stelle von Alexis de Chateauneuf erbauten Bahnhofs für die Hamburg-Bergedorfer Eisenbahn von 1842. Der Berliner Bahnhof wurde 1857 fertiggestellt und 1903 stillgelegt.

Der alte Berliner Bahnhof, der sich in etwa dort befand, wo heute die Deichtorhallen sind. Der Berliner Bahnhof in Hamburg war der westliche Endpunkt der 1846 eröffneten Berlin-Hamburger Bahn. Er entstand aus der Erweiterung des zuvor an dieser Stelle von Alexis de Chateauneuf erbauten Bahnhofs für die Hamburg-Bergedorfer Eisenbahn von 1842. Der Berliner Bahnhof wurde 1857 fertiggestellt und 1903 stillgelegt.

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So sah die Wandrahmsbrücke zur Kaiserzeit aus.

So sah die Wandrahmsbrücke zur Kaiserzeit aus.

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Hamburger Milchhöker: Sie kaufen den Bauern die Milch ab und mit solchen Karren verkaufen sie sie an die Endverbraucher.

Hamburger Milchhöker: Sie kaufen den Bauern die Milch ab und mit solchen Karren verkaufen sie sie an die Endverbraucher.

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Der Alsterpavillon, genauer gesagt, der vierte, der 1900 eingeweiht wurde und den Spitzenamen „Kachelofen“ trug. 1914 wurde er durch einen Neubau ersetzt. Der erste Alsterpavillon war 1799 erbaut worden. Er wurde im Laufe der Jahrzehnte immer wieder erneuert. Der heutige Alsterpavillon, der 1953 auf dem Sockel des im Krieg zerstörten Vorgängerbaus errichtet wurde, ist der sechste.

Der Alsterpavillon, genauer gesagt, der vierte, der 1900 eingeweiht wurde und den Spitzenamen „Kachelofen“ trug. 1914 wurde er durch einen Neubau ersetzt. Der erste Alsterpavillon war 1799 erbaut worden. Er wurde im Laufe der Jahrzehnte immer wieder erneuert. Der heutige Alsterpavillon, der 1953 auf dem Sockel des im Krieg zerstörten Vorgängerbaus errichtet wurde, ist der sechste.

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Der Hamburger Segelschiffhafen.

Der Hamburger Segelschiffhafen.

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Der Messberg: Ab dem 17. Jahrhundert diente der Platz vor allem Bauern aus den Vier- und Marschlanden als Marktplatz für ihre landwirtschaftlichen Produkte.

Der Messberg: Ab dem 17. Jahrhundert diente der Platz vor allem Bauern aus den Vier- und Marschlanden als Marktplatz für ihre landwirtschaftlichen Produkte.

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Geschäftiges Treiben auf dem Altonaer Fischmarkt um die Jahrhundertwende.

Geschäftiges Treiben auf dem Altonaer Fischmarkt um die Jahrhundertwende.

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Blick auf die Straße An der Alster. Wir sehen die Heilige Dreieinigkeits- Kirche (v.l.), St. Jacobi, St. Katharinen, St. Petri und St. Nikolai.

Blick auf die Straße An der Alster. Wir sehen die Heilige Dreieinigkeits- Kirche (v.l.), St. Jacobi, St. Katharinen, St. Petri und St. Nikolai.

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Bei den St. Pauli Landungsbrücken. Im Vordergrund sehen wir die Straßenbahn, die bereits elektrifiziert ist – wenige Jahre davor wurde sie noch von Pferden gezogen.

Bei den St. Pauli Landungsbrücken. Im Vordergrund sehen wir die Straßenbahn, die bereits elektrifiziert ist – wenige Jahre davor wurde sie noch von Pferden gezogen.

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Blick in den Hambuger Hafen zur Kaiserzeit: Das Bild wird geprägt von den Masten der großen Segelschiffe.

Blick in den Hambuger Hafen zur Kaiserzeit: Das Bild wird geprägt von den Masten der großen Segelschiffe.

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Kutschen der Hammonia-Rundfahrt-Gesellschaft warten vor dem Hotel de l’Europe auf Gäste. Es befindet sich am Alsterdamm (heute Ballindamm).

Kutschen der Hammonia-Rundfahrt-Gesellschaft warten vor dem Hotel de l’Europe auf Gäste. Es befindet sich am Alsterdamm (heute Ballindamm).

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Zwischen 1900 und 1914 residiert im Gebäude Spielbudenplatz 26 die „Hamburg-Amerika-Bar“, angeblich die „größte Bar Deutschlands“. Das Lokal gilt als neuartig und sensationell: Tag und Nacht geöffnet, locken neben der prächtigen Saalausstattung die Bardamen und Mixerinnen. Getränke aus dem Schüttelbecher gelten noch als eine „amüsante, unbekannte Angelegenheit“.

Zwischen 1900 und 1914 residiert im Gebäude Spielbudenplatz 26 die „Hamburg-Amerika-Bar“, angeblich die „größte Bar Deutschlands“. Das Lokal gilt als neuartig und sensationell: Tag und Nacht geöffnet, locken neben der prächtigen Saalausstattung die Bardamen und Mixerinnen. Getränke aus dem Schüttelbecher gelten noch als eine „amüsante, unbekannte Angelegenheit“.

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An der sogenannten Holzbrücke, die das Nikolaifleet überspannt, laden Bauern und Bäuerinnen aus den Vierlanden ihre Gemüsekähne aus.

An der sogenannten Holzbrücke, die das Nikolaifleet überspannt, laden Bauern und Bäuerinnen aus den Vierlanden ihre Gemüsekähne aus.

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Die Ansichtskarten, die wir hier zeigen, stammen aus diesem Mäppchen, das der Verlag Bokelberg.com für 9,90 Euro zum Kauf anbietet.

Die Ansichtskarten, die wir hier zeigen, stammen aus diesem Mäppchen, das der Verlag Bokelberg.com für 9,90 Euro zum Kauf anbietet.

Auch das gehört zur Wahrheit der Belle Époque: In starkem Kontrast zu den hübschen Postkartenmotiven mit den verschnörkelten Fassaden steht das himmelschreiende Unrecht, von dem das Kaiserreich geprägt war. Es gab einige wenige reiche Pfeffersäcke, die vom Aufschwung profitierten. Gleichzeitig aber war da ein Heer von sehr armen Arbeitern, ohne die dieser Reichtum gar nicht möglich gewesen wäre, die aber politisch kaum Rechte und Einfluss hatten.

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Es brodelte bereits in der Gesellschaft. Zum Ausbruch kam die Wut der Massen erst im Zuge der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg. Arbeiter und Soldaten fegten die alte Ordnung hinweg. Das war das Ende der Belle Époque, der Beginn der ersten deutschen Demokratie.

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