„Wir brauchen Sport“: Ukrainischer Verein in Hamburg hilft Tausenden Geflüchteten

„Wir brauchen Sport“: Ukrainischer Verein in Hamburg hilft Tausenden Geflüchteten

Der SC Feine Ukraine hilft nicht nur Geflüchteten, sondern schießt auch viele Tore. Seine Fußballer sind extrem ambitioniert – und wollen nun den USC Paloma aus dem Pokal kegeln.

Das Flutlicht an der Walddörferstraße leuchtet über 22 Kreisklassen-Kicker. Eine Trainingsbeteiligung, von der andere Vereine in Hamburgs unterster Spielklasse nur träumen können. Aber es sind auch besondere Kreisklassen-Kicker. „Alle Jungs geben im Training mehr als sonst“, berichtet Artur Podkopayev. Der 25-Jährige koordiniert die Sportangebote des Vereins Feine Ukraine, ist Kapitän des SC Feine Ukraine (SCFU) und Doppel-Torschütze beim jüngsten 8:0 gegen Oststeinbeks 3. Herren.

SC Feine Ukraine tritt im Lotto-Pokal gegen Paloma an

Am 3. Oktober (13 Uhr) kommt ein härterer Gegner in den Sportpark Hinschenfelde: Dann tritt der SCFU in der vierten Runde des Lotto-Pokals gegen den Oberliga-Klub und Vorjahres-Finalisten USC Paloma an. „Die Vorfreude ist riesig“, sagt Podkopayev. Der Tag der Deutschen Einheit wird zum Feiertag für den SCFU – und zum Gradmesser für die Mannschaft, die in der Kreisklasse B4 chronisch unterfordert ist. Sieben Siege und 48:1 Tore stehen zu Buche. Allein Valentyn Hrechyshnykov hat den Gegnern bereits 14 Buden eingeschenkt.

SCFU-Kapitän Artur Podkopayev (r.) im Trainings-Duell mit Dmytro Basarab
WITTERS

SCFU-Kapitän Artur Podkopayev (r.) im Trainings-Duell mit Dmytro Basarab

Der SC Feine Ukraine ist der sportliche Teil des Gesamtvereins Feine Ukraine – ein humanitärer Zusammenschluss, der sich die deutsch-ukrainische Zusammenarbeit und Integration von Ukrainern in Hamburg zum Ziel gesetzt hat. 2011 gegründet, verschärfte sich die Situation mit der russischen Annexion der Krim im März 2014. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 haben die rund 300 Ehrenamtlichen mit der Betreuung Geflüchteter alle Hände voll zu tun. Derzeit leben rund 40.000 Ukrainer in der Hansestadt, nach Angaben des Vereins haben bislang etwa 28.000 die Angebote der Feinen Ukraine wahrgenommen, sei es die Kinderfreizeit, die Kleiderkammer, die Sozialberatung, die Kriegsverletztenbetreuung, psychologische Unterstützung – oder eben Sport.

Feine Ukraine will Geflüchteten mit Sport helfen

„Nach dem Ausbruch des Krieges wurde klar, dass wir etwas mit Sport machen müssen“, sagt Anna Rempel, Mitgründerin und Vorsitzende des Vereins: „Viele kamen zu uns und sagten: ,Ich halte es nicht aus, wir brauchen Sport.‘“ Seit Mai 2023 bietet der SCFU Fußball an, daneben auch Sportarten wie Ju-Jutsu oder Karate. Das Angebot schaffe ein Stück Normalität und trage zur psychischen und auch physischen Auslastung bei, betont Rempel.

Artur Podkopayev koordiniert das Sportangebot der „Feinen Ukraine“ – und ist Kapitän der Ersten Herren.
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Artur Podkopayev koordiniert das Sportangebot der „Feinen Ukraine“ – und ist Kapitän der Ersten Herren.

„Der Gedanke war, die Jungs von den Bolzplätzen zusammenzubringen und eine Community zu erschaffen“, erzählt Kapitän Podkopayev, in dessen Mannschaft auch einige ukrainische Ex-Profis spielen: „Wir sind ein Hamburger Sportverein mit ukrainischen Traditionen.“ Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Selbstentwicklung seien die Werte, denen im SCFU nicht nur Ukrainer, sondern auch Kicker aus Moldau, Aserbaidschan, Bulgarien, Portugal und Deutschland folgen.

SC Feine Ukraine ist Community für Fußballbegeisterte

„Fit im Kopf, fit im Körper“, übersetzt Podkopayev das altrömische Motto vom gesunden Geist im gesunden Körper in die Gegenwart. Für die Juristin Rempel ist ihr Vereinsamt derweil längst zum Vollzeit-Job geworden: „Seit zweieinhalb Jahren wachen Menschen jeden Morgen mit der Hoffnung auf, nach Hause zu können.“ Sie wünscht sich, „dass der Krieg vorbei ist und die Menschen sich nach ihren Herzen entscheiden können“.

Anna Rempel gründete den Gesamtverein 2011 und kümmert sich als Vorsitzende um die humanitären Anliegen der „Feinen Ukraine“.
WITTERS

Anna Rempel gründete den Gesamtverein 2011 und kümmert sich als Vorsitzende um die humanitären Anliegen der „Feinen Ukraine“.

Zwar äußerte Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj unlängst, die Ukraine sei „dem Frieden näher, als wir denken“ – doch während die Hoffnung vage bleibt, strukturiert der Spielplan den fußballerischen Alltag. Angesichts der hohen Trainingsbeteiligung hat der SCFU-Coach und A-Lizenz-Inhaber Andriy Horban die Qual der Wahl, wen er zum Topspiel gegen die Barmbeker auflaufen lässt.

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„Wir müssen gucken, mit welchem Fuß Paloma am Donnerstag aufsteht“, blickt Kapitän Podkopayev auf das Pokalspiel: „Unser Ziel ist es, irgendwann in der Oberliga zu spielen und mit den Großen mitzuhalten. Da ist ein Gegner wie Paloma natürlich spannend. Wir werden jedenfalls bis zur letzten Sekunde kämpfen.“

„Wir brauchen Sport“: Ukrainischer Verein in Hamburg hilft Tausenden Geflüchteten wurde gefunden bei mopo.de

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