Bandidos-Chef Peter B. nach Untersuchungshaft wieder auf freiem Fuß

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Der bislang inhaftierte Bandidos-Chef Peter B. ist in der vergangenen Woche aus der Untersuchungshaft entlassen worden – gegen den Willen der Staatsanwaltschaft. Gemeinsam mit mehreren Komplizen soll er an mindestens zwei Wohnungseinbrüchen beteiligt gewesen sein. Mehrere Wochen saß Peter B., der als Chef der Rocker-Gruppierung Bandidos im Norden Deutschlands gilt, deshalb in Kiel in Untersuchungshaft. Jetzt aber wurde er überraschend freigelassen, sehr zum Unmut der Staatsanwaltschaft. Die Richter am Landgericht Kiel, deren Entscheidung t-online vorliegt, sehen demnach keine Wiederholungsgefahr und kritisieren in ihrem Beschluss die Staatsanwaltschaft und das Amtsgericht. Die Strafverfolgungsbehörden hätten nicht gut genug begründet, warum sie eine Wiederholungsgefahr bei dem mehrfach wegen unterschiedlicher Delikte verurteilten Peter B. sähen. Und das Amtsgericht hätte dies nicht ausreichend geprüft. Peter B. ist deshalb seit Ende vergangener Woche wieder auf freiem Fuß. Eine Fluchtgefahr sieht sein Anwalt nicht, die Staatsanwaltschaft hält dagegen. Bandidos-Chef in Haft Der Bandidos-Chef im Norden, Peter B., gilt als einer der harten Jungs. Zunächst Mitgliedschaften in der NPD in Schleswig-Holstein, zu dessen Sprecher er Anfang der 2000er wurde. Dann die Mitgliedschaft in der mittlerweile verbotenen Rocker-Gruppierung der Bandidos in Neumünster , Verstöße gegen das Waffengesetz, Schlägereien und auch eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung nach einer Messerstecherei . Aber: Die Straftaten, die Peter B. jetzt vorgeworfen werden, spielten sich offenbar in einem vollkommen anderen Deliktfeld ab und sollen Anfang des Jahres passiert sein. Die Staatsanwaltschaft wirft B. vor, gemeinsam mit anderen Beschuldigten in Wohnhäuser in Schleswig-Holstein – einmal in Neumünster und einmal in Kronshagen in der Nähe von Kiel – eingebrochen zu sein. Dabei sollen B. und die anderen auch Schmuck, Bargeld und Goldbarren gestohlen haben. Die Beweislage für die Staatsanwaltschaft ist gut. Es gibt Augenzeugen und sogenannte Abhörprotokolle – die Tatfahrzeuge waren offenbar mit Wanzen ausgestattet. Seit 1. April in U-Haft Peter B. und die anderen Beschuldigten wurden deshalb bei einer Razzia am 1. April dieses Jahres verhaftet und saßen in Untersuchungshaft. Die örtliche Lokalzeitung “Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag” (SHZ) schrieb damals, die Verhaftung soll im Landeskriminalamt “für stille Freude gesorgt haben, da Peter B. versucht haben soll, in Kiel ein ‘Bandidos’-Chapter zu etablieren.” Peter B. gilt als Intimfeind der Polizeibeamten in Kiel. Denn bei den Ermittlungen rund um seine letzte große Straftat, die Beteiligung an einer Messerstecherei in einem Schnellrestaurant in Neumünster im Januar 2010, hatte das Landeskriminalamt schwere Ermittlungsfehler gemacht und damit einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss ausgelöst. Intern wurden entscheidende Hinweise nicht oder nur unzureichend weitergeleitet, Beamte beschwerten sich deshalb wegen Mobbings, der Landespolizeipräsident musste sein Amt abgeben und auch ein Innenminister verlor deshalb seinen Job. Das Landeskriminalamt geriet heftig in die Kritik. Auch, weil im Untersuchungsausschuss bekannt wurde, dass es einen von den Behörden verheimlichten Zeugen gab, der Peter B. in Bezug auf die Messerstecherei damals entlastete. Dieser Skandal wurde “Rockeraffäre” genannt, obwohl Politiker und Beobachter schnell eher von einer “Behördenaffäre” sprachen. Neuer Lapsus der Staatsanwaltschaft Ein neuer folgenschwerer Lapsus ist der Staatsanwaltschaft nun offenbar auch bei der Beantragung des Haftbefehls passiert. Denn die Behörde begründete die Untersuchungshaft unter anderem mit einer Wiederholungsgefahr. Doch für diese mögliche Wiederholungsgefahr muss es sehr konkrete Anhaltspunkte geben, damit sie für eine Untersuchungshaft ausreicht. Peter B.s Anwalt Andreas Meyer aus Kiel legte deshalb Beschwerde beim Landgericht in Kiel ein und hatte Erfolg. Aus dem Beschluss des Landgerichtes geht hervor, dass Peter B. zwar sehr wahrscheinlich an den vorgeworfenen Diebstählen beteiligt gewesen sei, eine Wiederholung solcher Straftaten aber eher unwahrscheinlich sei. Landgericht Kiel: keine Wiederholungsgefahr Das Gericht begründet das mit der Kriminalgeschichte von Peter B., der zwar auch schon Gefängnisaufenthalte wegen Körperverletzungen hinter sich habe, aber nicht durch Diebstähle aufgefallen sei. Und das sei Voraussetzung für eine Wiederholungsgefahr: ähnliche Straftaten wie die aktuell vorgeworfene. “Das ist eine Klatsche für die Staatsanwaltschaft”, sagt Andreas Meyer, Anwalt von Peter B. Eine Untersuchungshaft sei ein heftiger Eingriff und der müsse gut begründet sein, sagt er. “Hier hat es sich die Staatsanwaltschaft zu leicht gemacht”, so Meyer. Die Behörde selbst will das nicht auf sich sitzen lassen. Sie hat nun Beschwerde beim Landgericht eingereicht. Sie sieht neben der Wiederholungs- auch die Fluchtgefahr bei Peter B., denn der hätte von geplanten Aufenthalten in der Schweiz gesprochen. Ob sie Erfolg hat und der Rocker-Chef wieder in Haft muss, wird sich in den kommenden zwei bis drei Wochen zeigen. So lange können sich die Gerichte Zeit lassen.