Flavio Kiener: Ein Schweizer am Ohnsorg-Theater – und am Wochenmarkt-Stand

Flavio Kiener: Ein Schweizer am Ohnsorg-Theater – und am Wochenmarkt-Stand

Spielbein im Theater, Standbein als Anbieter auf dem Wochenmarkt: Flavio Kiener lebt seinen Alltag im Spagat. Nun fiebert der junge Schweizer Schauspieler – seit dieser Saison fest im Ohnsorg-Ensemble – der „Sommerfest“-Premiere entgegen. In der Komödie über Heimkehr, Lebensfragen und die Bedeutung von Heimat spielt er die Hauptrolle des Theaterschauspielers Stefan Zöllner, der in seine Heimatstadt Kiel zurückkehrt, um das Haus des verstorbenen Vaters zu verkaufen. Dort trifft er auf alte Freunde, schräge Figuren und seine Jugendliebe Charlie – und wird tief in seine Vergangenheit zurückgeführt.

MOPO: Sie leben seit 2011 in Hamburg – würden Sie die Stadt als zweite Heimat bezeichnen?

Flavio Kiener: Also, Hamburg ist auf jeden Fall mein Zuhause geworden. Aber Heimat? Nein, das ist für mich die Schweiz, sind meine Familie und meine Freunde dort. Dennoch – wenn man wie ich aus einem Vorort von Bern kommt, ist es einfach toll, in Hamburg zu leben. Weil sich einem so viele Möglichkeiten bieten, auch kulturell. Zu Beginn meines Schauspielstudiums war ich bestimmt an vier bis fünf Tagen die Woche in Theatern und Museen unterwegs. Und auch die Nähe zum Wasser gefällt mir sehr.

Nach Stationen am Ernst-Deutsch-Theater, an den Kammerspielen und am Altonaer Theater sind Sie nun im Ohnsorg-Ensemble. Ist das jetzt Ihre künstlerische Heimat?

Ja, das kann man sagen. Ich bin sehr froh, seit Beginn dieser Spielzeit wieder einmal festes Ensemblemitglied zu sein. Eine Festanstellung bietet eine gewisse Sicherheit. Und sich auf ein einziges Theater konzentrieren zu können ist einfacher, als immer nur für bestimmte Projekte an unterschiedlichen Häusern zu gastieren.

Plattdeutsch war für Sie als Schweizer keine Hürde?

Nein. Die plattdeutschen Texte zu lernen fällt mir nicht schwer. Die Sprache so zu verinnerlichen, dass sie wie selbstverständlich rüberkommt, ist natürlich ein längerer Prozess. Dazu muss ich mich im Vorfeld intensiv mit der Sprache auseinandersetzen. Das erfordert zwar einen Mehraufwand an Vorbereitung, aber daran habe ich immer große Freude. Einerseits, weil ich mich sehr für Sprachen interessiere. Andererseits ist man in der Schweiz vielleicht auch eher daran gewöhnt, mit anderen Sprachen in Berührung zu kommen. In Bern hört man zum Beispiel viele unterschiedliche Dialekte. Und es wird auch viel Französisch gesprochen.

Hilft Ihnen die Beschäftigung mit der plattdeutschen Sprache, sich hier oben im Norden noch mehr zu verwurzeln?

Ich finde, sich mit einer weiteren Sprache zu beschäftigen ist immer ein Gewinn. Doch allmählich, gerade wenn ich mich im Probenprozess intensiv damit beschäftige, schleicht sich das Plattdeutsche auch schon mal in meine Alltagssprache ein. Die Oma meiner Freundin, die aus Dithmarschen stammt und perfekt Platt snackt, findet es zwar amüsant, aber auch toll, dass ich jetzt ausgerechnet am niederdeutschen Theater engagiert bin. Und mich begeistert es, Teil derer zu sein, die eine Sprache wie das Plattdeutsche am Leben erhalten.

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Dank einer Superidee sind Sie in der Corona-Zeit, als alle Spielstätten schließen mussten, gut über die Runden gekommen. Ihr Stand auf dem Wochenmarkt war ein Renner. Haben Sie jetzt überhaupt noch Zeit, Ihre Kunden mit Schweizer Käse zu versorgen?

Ja, habe ich. Wir sind mittlerweile total etabliert, haben auf dem Wochenmarkt Stammkunden, die auch unsere Aufführungen besuchen, und Theaterleute, die an unserem Käsestand kaufen. Der Wechsel zwischen Stand- und Spielbein ist zwar manchmal organisatorisch etwas schwierig. Denn wenn der Sonnabend um fünf Uhr früh beginnt und erst spätabends nach zwei Vorstellungen am Theater endet, ist das schon ein langer Tag. Aber meine Freundin hilft mir oft am Marktstand. Und wenn die Arbeit Spaß macht, kriegt man das auch alles hin.

Ohnsorg-Theater: ab 26.5., diverse Uhrzeiten,ab 31,36 Euro


MOPO

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