„Ist ein guter Spieler, aber…“: Bornemann erklärt St. Paulis Bundesliga-Planung

„Ist ein guter Spieler, aber…“: Bornemann erklärt St. Paulis Bundesliga-Planung

Coach Fabian Hürzeler bezeichnete ihn als „Architekt des Aufstiegs“, und damit ist dann auch schon das Wichtigste gesagt: Im fünften Jahr seines Wirkens beim FC St. Pauli erfuhr Sportchef Andreas Bornemann die bisherige Krönung. Über 50 Spieler hat er seit Juli 2019 geholt, unterm Strich steht aktuell eine der besten Mannschaften, die je für den Kiezklub aufgelaufen ist. Im Gespräch mit der MOPO gibt der 52-Jährige einen Einblick in seine Emotionswelt, lässt Spielern wie Staff und Klubumfeld hohe Wertschätzung zukommen und spricht auch über die Personalplanung.

Der Party-Montag: „Auf dem Weg zum Rathaus gingen einmal die Schleusen auf, danach gab es nur noch blauen Himmel, Sonnenschein – ein super Fest, von A bis Z. Man kann es wirklich nicht besser machen, es ist nicht zu toppen. In der Emotionalität nimmt man viele Dinge vielleicht auch überhöht war oder verklärt. Aber es war einfach perfekt, schön, ein toller Abschluss.“

Andreas Bornemann feierte mit den Video-Analysten Ole Marschall und Sami Pierau den Titelgewinn.
picture alliance / Selim Sudheimer

Andreas Bornemann feierte mit den Video-Analysten Ole Marschall und Sami Pierau den Titelgewinn.

Die kurzfristige Planung des Events: „Ich hatte vehement darauf gepocht, dass niemand aus dem sportlichen Bereich in irgendwelche Planungen mit eingebunden sein sollte. Ich wollte nichts hören, nichts lesen, dass wir schon irgendwo irgendwelche Balkone reserviert haben. Das ist schon so oft schiefgegangen. Was dann das Orga-Team mit Oke Göttlich, Luise Gottberg, Sven Brux und wie sie alle heißen in den knapp drei Wochen aus dem Boden gestampft hat in Verbindung mit der Demo – unfassbar! Da kann man nur den Hut ziehen. Das war genauso eine Meisterleistung wie die Schale und der Aufstieg. Alle, die damit zu tun hatten, waren bereit, das noch auf ihr Tagesgeschäft obendrauf zu packen.“

Bornemann wusste, dass St. Pauli Meister werden will

Die Motivation der Mannschaft in Wiesbaden: „Die Woche nach Osnabrück, als es dann endlich geschafft war, war toll – und trotzdem: Nachdem die Mannschaft zwei Tage frei gehabt hatte, haben wir am Mittwoch gesagt, dass wir in keiner Weise Luft an die ganze Sache ranlassen wollen. Dass man sich das nach drei Halbserien, in denen man unter den besten Zwei stand, nicht mehr nehmen lässt, dass wir diese großartige Zeit mit der Schale, mit dem Titel als beste Mannschaft der Saison abschließen wollen. Das war cool, und man hat es auch bei der Mannschaft gemerkt, dass sie überhaupt nicht bereit ist, irgendetwas abzuschenken.“


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– Interview: Ex-Bahn-Chef Rüdiger Grube über seinen Aufstieg aus ärmsten Verhältnissen in Moorburg
– 20 Seiten Sport: St. Paulis Sportchef Bornemann im exklusiven Interview & alles zum Boss-Beben beim HSV
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Die Leistung beim Saison-Finale: „Mit der Chronologie des Spieltags, der frühen Führung von Kiel, dem Rückstand von uns und einem eigentlich guten Spiel, wo du aber irgendwann denkst: Mit 70 Prozent Ballbesitz, 25:3 Torschüssen und 18 Ecken verlässt du am Ende doch als Verlierer den Platz – das war schon krass. Aber das Gefühl war bei mir nur von kurzer Dauer. Ich war mir sicher, auch wenn ich nicht sagen konnte warum, dass die Mannschaft das Spiel gewinnen wird, weil sie es einfach wollte und dafür gearbeitet hat. Und dann so ein Verlauf … Für mich persönlich war es auch besonders, weil meine Eltern dabei waren, meine Frau, mein Kleiner. Toll, dass sie so etwas live erleben konnten.“

Ein Resümee der Spielzeit: „Wenn ich Drehbuch-Autor für einen Saisonverlauf wäre, würde ich anfangen in der Vorbereitung. Im Trainingslager im Passeiertal war schon spürbar, was da entsteht, und das hat sich die gesamte Saison über bestätigt. Wir hatten ja auch eine tolle Pokal-Serie, das darf man nicht vergessen. Bis ins Viertelfinale vorzustoßen, ist nicht selbstverständlich. Ein Aus im Elfmeterschießen muss man akzeptieren. Und dann jetzt die Torschützen in Wiesbaden: Andreas Albers und Danel Sinani plus Vorlagengeber Scott Banks – sagenhaft, ein Wahnsinn. Dieses Motto mit dem Traum, das passt komplett. Aber es ist alles nicht zufällig so gekommen, Dinge passieren nicht einfach so.“

Bornemann: St. Pauli will sich in der Bundesliga etablieren

Die nächsten Wochen: „Wir haben es geschafft, der Mannschaft am Montag mitzugeben: Wir sind jetzt aufgestiegen, ja, aber es wird die Frage sein, ob wir ein Bundesligist sind. Den Nachweis gilt es zu erbringen. Die Mannschaft darf mit diesem Gefühl des Aufstiegs in den Urlaub gehen, zumal so vieles leichter fällt. Aber wir müssen den Blick nach vorne richten, weil es nicht nur eine Episode sein soll. Das ist die neue Challenge, die große Herausforderung. Aber was ich auch mag an diesem Team: Ich habe nicht das Gefühl, dass sich jetzt alle zurücklehnen, weil die Mission erfüllt ist. Das gefällt mir sehr, da vertraue ich ihnen. Es geht allen auch da­rum, in einer guten Verfassung aus der Sommerpause herauszukommen, wenn es in die Vorbereitung geht. Alle haben einen guten Plan, ein gutes Programm mitgekriegt, damit wir nicht völlig bei null anfangen müssen.“

Mögliche Nachfolger für Marcel Hartel: „Es wird nicht so sein, dass wir verzweifelt den ,neuen Cello‘ suchen, am besten für kein Geld. Analog zum vergangenen Sommer, als wir auch keinen neuen Leart Paqarada gesucht haben.“

Potenzielle Neuzugänge generell und das Gerücht um Elversbergs Jannik Rochelt: „Das ist ein guter Spieler! Aber zum einen steht da ein ordentliches Preisschild dran, vor allem aber suchen wir keinen Rechtsfuß für die linke Seite. Das ist nicht das Profil. Aber ich mag generell diese Personaldiskussionen nicht, wenn immer irgendwelche Namen gespielt werden. Natürlich gehen wir alle relevanten Namen aus den deutschen Ligen durch, aber nicht immer entsteht daraus eine Verpflichtung.“

Bornemann will St. Paulis Kader bis August geplant haben

Ein entscheidendes Kriterium für mögliche Kader-Kandidaten: „Trotz des Vorhabens, nicht auf Verhinderungsfußball umzustellen, sind Wucht und Härte gegen den Ball wichtig. Die Spieler in der Bundesliga rennen dich über den Haufen. Die knallen dich um, da wird dir angst und bange – und das gepaart mit fußballerischen Qualitäten. Du hast da ganz viele Maschinen, die kicken können.“

Der Zeitraum für Transfers: „Wir müssen natürlich in der Vorbereitung gucken, ob das funktioniert, was wir uns so überlegt haben. Und wir müssen uns die Option offen lassen, zu einem späteren Zeitpunkt noch reagieren zu können. Wir haben drei, vier Monate Zeit. Bis Ende August ist es noch lange hin. Wir sind aber auch mit den Spielern, die jetzt schon da sind, einsatz- und wettkampffähig. Trotzdem werden wir gucken, dass wir bis zum Vorbereitungsstart schon ein bisschen was erledigt haben, aber wahrscheinlich eben noch nicht alles.“

Die kommende Saison wird eine gute, wenn: „ … jeder, wie auch in dieser Saison, bereit ist, diesen Extra-Meter zu gehen.“

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