Not im Hafen: Der Elbe gehen die Segler aus – „kommen nur noch zum Kaffee trinken“

Not im Hafen: Der Elbe gehen die Segler aus – „kommen nur noch zum Kaffee trinken“

Samstagnachmittag. Eigentlich sollte hier richtig was los sein. Es weht einigermaßen viel Wind, der Himmel ist zwar wolkenverhangen, doch der ein oder andere Sonnenstrahl lässt sich trotzdem immer mal wieder blicken. Perfektes Wetter für Jeans und Pullover. Perfektes Segelwetter. Und dennoch liegt der Hamburger Yachthafen an der Elbe in Wedel fast schon verlassen da. Die wenigen Segler, die sich an den Holztischen vor dem kleinen Hafen-Café unterhalten, sind alle dem Anschein nach über 60 Jahre alt. Wo sind die jungen Leute, die einst Leben in diesen Hafen brachten?

„Vor 40 Jahren war am Wochenende der Hafen leer, und die Elbe war voll“, meint Uwe Dettmer, ein alter Segler, mit einem traurigen Lächeln. Er erinnert sich noch an eine Zeit, in der Motorboote im Hamburger Yachthafen verboten waren.

Heute ist das anders. Immer weniger Segelboote liegen im Hafen in Wedel. Fast zwei Drittel der Hafenplätze scheinen von Motorbooten besetzt zu sein. Viele der Schiffe, die einen Hafenplatz besetzen, werden kaum noch ausgefahren. „Der Hafen ist zu alt. Die kommen hier alle mit dem Rollator, um einen Kaffee zu trinken, und gehen dann wieder. Segeln tun die kaum noch“, führt Dettmer weiter aus und nippt seinerseits an einem Kaffee.

Yachthafen Wedel: Mehr Motorboote, weniger Segler

Um den Nachwuchs steht es tatsächlich eher schlecht. Gab es vor 30 Jahren noch um die acht bis zehn Jugendkutter, können heute noch einer, maximal zwei besetzt werden. Die Kutter, auf denen je nach Mannschaft sechs bis acht Jugendliche Platz finden, gingen oft auf Elbtour und fanden in den Sommerferien von da aus ihren Weg auf die Ostsee. Doch die Zeiten, in denen sich Jugendliche am Elbufer und auf dem Wasser tummelten und sich alle Mühe gaben, den legendären Kutterpokal oder den Kutterzirkus zu gewinnen, sind vorbei.

„Es fehlen einfach die Interessierten“, sagt Hilke Schuldt (56), die als Jugendliche selbst Kutter fuhr und noch immer einen der zwei verbliebenen Kutter alle zwei Wochen ausfährt, um das alte Boot in Bewegung zu halten. „Die Ansprüche der Jugend haben sich einfach geändert“, erklärt sie schulterzuckend. „Viele haben keine Lust mehr, in engen Kojen zu schlafen und ganze Tage auf dem Wasser zu verbringen.“ 

Hilke Schuldt lässt sich auch durch Regen nicht von den Kutterfahrten alle zwei Wochen abhalten.
Nele Bachmann

Hilke Schuldt lässt sich auch durch Regen nicht von den Kutterfahrten alle zwei Wochen abhalten.

„Die Verschlickung ist schon ein großes Problem“

Auch Jan Knütel, Betreiber des Segelausstatters „Yachtprofi“ in Wedel, meint, dass sich die Gesellschaft, und mit ihr der Segelsport geändert habe: „Früher blieben die Leute, die als Kinder Jollen segelten, beim Segeln und kauften sich irgendwann ihr eigenes Schiff.“

Heute verlieren seiner Meinung nach viele ihre Verbindung zum Wassersport, was zum Teil dem enorm breiten Angebot an Freizeitaktivitäten geschuldet ist. Andererseits aber auch den Veränderungen der Natur, die nun mal die Grundlage des Segelns darstellt. „Das hat auch mit der Struktur der Elbe zu tun“, sagt Knütel resigniert. „Die Verschlickung ist schon ein großes Problem.“

Jan Knütel sagt die Umsätze im „Yachtprofi“ wären gleich geblieben. Nur die Segler werden immer weniger.
/ Florian Quandt

Jan Knütel sagt die Umsätze in seinem Laden, dem „Yachtprofi“, wären gleich geblieben. Nur die Segler werden immer weniger.

Die Elbe wird dank der Elbvertiefung zu einem immer ungemütlicheren Revier. Die Strömung hat so gewaltig zugenommen, dass man mit einem Sportboot kaum noch gegenankommen kann. Und während die Fahrrinne in der Mitte der Elbe immer tiefer wird, verschlicken die Ränder und somit all die kleinen Häfen am Elbufer immer mehr und sind für viele Segler gar nicht mehr anlaufbar.

Hafenmeister: „Es ist ruhig geworden auf der Elbe“

Das bestätigt auch der Wedeler Hafenmeister Sven Nagel: „Es ist ruhig geworden auf der Elbe.“ Zwar vergibt er Jahr für Jahr noch die gleiche Anzahl Hafenplätze, doch davon gehen immer weniger an Segelboote und immer mehr an kleine Motorboote. Viele Segler seien zwar noch Mitglieder im Hamburger Yachthafen. Doch sie würden ihr Boot nur fürs Winterlager nach Wedel bringen, die Sommermonate aber lieber an der Ostsee verbringen und dort auch einen permanenten Liegeplatz haben. 

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Die Zahl der Segler in Hamburg sinkt. Immer mehr Menschen entscheiden sich für ein Motorboot – und von jenen Bootsführern, die noch segeln, legen immer weniger ihr Schiff noch an die Elbe. Was früher einmal als Hamburger Kulturgut galt, wird heute zunehmend von den Alten bewahrt, die kaffeetrinkend im Hafen sitzen. Schlechte Aussichten für einen Teil von Hamburgs Erbe als Hafenstadt. (nba)

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