Sahra Wagenknechts Quartett der Abtrünnigen aus Hamburg

Sahra Wagenknechts Quartett der Abtrünnigen aus Hamburg

Rund 800 Hamburger kamen in dieser Woche zum Auftakt des „Bündnisses Sahra Wagenknecht“ für die Europawahl auf dem Fischmarkt zusammen. Neben Wagenknecht selbst wetterten auf dem Podium auch die ehemaligen Linken-Bundestagsabgeordneten Fabio De Masi und Zaklin Nastic gegen die Ampel-Koalition. Dem Publikum gefiel es. Einen Landesverband gibt es bisher noch nicht in Hamburg – gerade mal 16 Mitglieder zählt die Partei hier – doch das soll sich ändern. Die MOPO stellt die Köpfe des BSW vor.

De Masi: Der selbst ernannte „Finanzdetektiv“

Fabio De Masi beim Gründungsparteitag der neuen Wagenknecht-Partei.
dpa

Fabio De Masi beim Gründungsparteitag der neuen Wagenknecht-Partei.

Die Rückkehr von Fabio De Masi aufs politische Parkett dürfte viele überrascht haben. „Meine Entscheidung ist nicht Teil einer Flügelauseinandersetzung und ich habe nicht vor, mich in absehbarer Zeit in einer anderen politischen Formation zu engagieren“, sagte er 2022 nach seinem Austritt aus der Linkspartei. Vorher saß der 44-jährige Wahlhamburger von 2014 bis 2017 für ebendiese schon einmal im Europäischen Parlament, danach im Bundestag.

Als Finanzexperte machte De Masi sich einen Namen, zum Beispiel bei der Aufklärung des Wirecard- oder des Cum-Ex-Skandals. 2021 schmiss er zuerst im Bundestag hin, ein Jahr später trat er bei der Linken aus. De Masi sprach von einem „eklatanten Versagen“ der maßgeblichen Akteure und kritisierte im Stil von Wagenknecht die linke Sozialpolitik und den Umgang der Genossen mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.

Warum jetzt die Rückkehr? „Die Ampel treibt mit ihrer Wirtschafts- und Energiepolitik die deutsche Wirtschaft in den Keller und hat die AfD in Umfragen gestärkt. Ich bin von zahlreichen Menschen, darunter auch Sahra Wagenknecht, gebeten worden, mich daher noch einmal einzubringen“, sagt er der MOPO. Außerdem habe er sich in den letzten Jahren weiter in Finanzthemen engagiert. „Als Abgeordneter hat man hierzu jedoch die besseren Instrumente, und leider gibt es nicht viele in der Politik, die diese Arbeit leisten.“ Die Linke sei laut De Masi aufgrund eigener Fehler keine politisch relevante Kraft mehr und kaum noch in der Arbeits- und Lebenswirklichkeit zahlreicher Menschen verankert.

Im Europaparlament will der selbst ernannte „Finanzdetektiv“ zum Beispiel für eine gerechtere Besteuerung großer US-Konzerne sorgen und den „Druck auf diplomatische Initiativen im Ukraine-Krieg und im Gaza-Krieg erhöhen“.

Nastic: Die Hamburger Frontfrau

Zaklin Nastic.
dpa

Zaklin Nastic.

Die Bundestagsabgeordnete Zaklin Nastic soll den Landesverband des BSW in Hamburg auf die Beine stellen. Wann das so weit sein wird, steht allerdings in den Sternen. Auf MOPO-Anfrage gab es weder von der 44-Jährigen noch von der Partei eine aktuelle Auskunft.

In den Bundestag gewählt wurde Nastic 2017 für die Linke – als einzige Abgeordnete der Genossen aus Hamburg. Zuvor war sie bereits Landessprecherin gewesen.

Doch als Nastic sich zunehmend für Sahra Wagenknechts Positionen einsetzte, wurden die Gräben zwischen ihr und dem Landesverband immer tiefer. Zwei Beispiele: Im Februar 2023 starteten Wagenknecht und Alice Schwarzer eine „Friedensdemo“ in Berlin, mit der Hamburgs Linkspartei nichts zu tun haben wollte, weil nach rechts keine Abgrenzung stattfand. Nastic ging trotzdem mit.

Zuletzt sprachen Nastic und der Landesverband nicht mehr miteinander. Nachdem sie ihren Austritt verkündet hatte, behielt die 44-Jährige das Mandat und ging zum BSW. Ende letzten Jahres war Nastic es, die Wagenknechts Bewegung in Hamburg den potenziellen Wählern vorstellte. Dabei inszenierte sie das Bündnis als politische Heimat für all jene, die wie sie sagt „diffamiert“ würden: Egal, ob Gender-Gegner, Impfgegner, Gegner von Klimaaktivisten oder besorgte Bürger.

Sollte das BSW rechtzeitig vor der Bürgerschaftswahl 2025 noch einen Landesverband gründen und hier antreten, ist es wahrscheinlich, dass Nastic dabei eine wichtige Rolle spielen wird.

Kaya: Der Unzufriedene

Metin Kaya – früher bei der Linken, heute beim BSW.
Imago/Lenthe

Metin Kaya – früher bei der Linken, heute beim BSW.

Metin Kaya war 18 Jahre lang Mitglied der Linken, zuletzt saß er für die Fraktion als Migrations-Experte in der Hamburgischen Bürgerschaft. Kurz nachdem sich das BSW gegründet hatte, wechselte er die Partei. Sein Mandat hat der 62-Jährige behalten.

Die politische Richtung der Linken habe sich derart verändert, dass sie mit seiner Vorstellung von Sozialismus nicht mehr übereinstimme, schrieb er in einer Erklärung. Jegliche Kritik und abweichende Meinung innerhalb der Partei werde seiner Ansicht nach mit „Rechtsoffenheit“ etikettiert.

Bei der Vorstellung des BSW in Hamburg zeigte Kaya seine Einstellung zum Thema Migration: „Wer in seiner Heimat politisch verfolgt wird, hat Anspruch auf Asyl.“ Andere Gründe würden für ihn nicht gelten. Rechtsoffen findet er diese Haltung nicht.

So wie viele, die zum BSW wechseln, stört ihn auch die Friedens- und Migrationspolitik der Linken. Das Verteidigungsbündnis NATO bezeichnet er als „Kriegsbündnis“ und kritisiert Waffenlieferungen an die Ukraine. Vor Kurzem verbreitete er für das BSW auf „X“ sogar eine Falschmeldung, die besagte, dass NATO-Partner Frankreich Truppen in die Ukraine geschickt habe.

Traversin: Die Streitbare

Angelika Traversin.
Die Linke/Hamburg-Nord

Angelika Traversin.

Angelika Traversin war bisher als streitbare Fraktionschefin der Linken in Hamburg-Nord bekannt. 2023 wurde sie in der Bezirksversammlung abgemahnt, weil sie unerlaubt ans Pult trat und losredete. Dem vorausgegangen waren ein Antrag der Linken auf eine Schweigeminute, „um der palästinensischen Kinder und aller Todesopfer im Nahost-Konflikt zu gedenken“.

Die anderen Fraktionen lehnten ihn ab: Nicht alle Menschen seien eingeschlossen und die Hamas werde nicht als Ausgangspunkt des Krieges benannt. „Wenn man das will, dann kann man das so interpretieren, aber es war nicht so gemeint“, sagte Traversin damals der MOPO.

Anfang dieses Jahres trat sie aus der Linken aus und dem BSW bei. Die Linke würde sich in Fragen der Wohnungspolitik „immer mehr den Grünen anbiedern“ und eine veraltete Sozialpolitik machen, sagte Traversin der MOPO zu den Gründen. „In der Corona-Zeit hat man sich nicht getraut, sich gegen Grundrechtseingriffe zu wehren“, so ihre Auffassung. Deshalb brauche es eine neue Form der Politik, um wieder mehr Meinungsfreiheit zu haben.

Sahra Wagenknechts Quartett der Abtrünnigen aus Hamburg wurde gefunden bei mopo.de

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