„So eine Notsituation gab es noch nie“: Hilferuf aus Hamburgs Kitas

„So eine Notsituation gab es noch nie“: Hilferuf aus Hamburgs Kitas

Der Druck in Hamburgs Kitas steigt. Immer mehr Erzieherinnen und Erzieher klagen über massive Mehrarbeit. Gleichzeitig gibt es einen hohen Krankenstand und hohe Fluktuation. Jetzt haben auf Initiative von Verdi 1853 Beschäftigte eine symbolische Gefährdungsanzeige gestellt.

„So eine langanhaltende Notstandssituation gab es noch nie – es wird von Woche zu Woche schlimmer. Wenn nicht bald etwas passiert, bricht alles zusammen,“ so Martina Meyer, Vorsitzende der Bundesfachgruppe Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit bei Verdi.

Sozialbehörde duckt sich weg auf MOPO-Nachfrage

Verdi nennt den Offenen Brief unter dem Motto „SOS – Kita – Kinder und Beschäftigte gefährdet!“ eine „kollektive Gefährdungsanzeige“, und eine Delegation aus Hamburg wird ihn heute bei der Jugend- und Familienministerkonferenz in Bremen übergeben. Sie ist nicht zu verwechseln mit offiziellen Gefährdungsanzeigen, die Beschäftige direkt bei ihren Vorgesetzten stellen.


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Auf Nachfrage bei der Sozialbehörde hieß es, man kommentiere grundsätzlich keine offenen Briefe. Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) ist auch in Bremen bei der Sitzung. Dort äußerte sich nur die Bremer Ministerin, „Frau Schlotzhauer äußerte sich nicht, das fanden wir sehr schade“, so Michael Stock, bei Verdi in Hamburg zuständig für die Kitas.

Kita-Überlastung bundesweites Problem

In der Zeit von Februar bis Mitte April 2024 unterschrieben bundesweit mehr als 27.000 Leitungs-, Fach- und Ergänzungskräfte der Kitas den Offenen Brief, in dem sie zum Ausdruck bringen, dass es ihnen der Teufelskreis aus Überlastung, Erkrankung, Fluktuation und einer immer dünner werdenden Personaldecke in den Kitas nahezu unmöglich macht, den Auftrag der Erziehung, Bildung und Betreuung der Kinder zu erfüllen. 

„Wenn mehr als zehn der Beschäftigten eine Gefährdung anzeigen, dann sollten nicht nur die Alarmglocken angehen, dann sollte sofort gehandelt werden!“ sagt Michael Stock und weiter: „Bundesweit sind die Bedingungen nicht optimal. Leider ist Hamburg da keine Ausnahme. Es wird Zeit, dass die Sozialsenatorin handelt.“ 

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„Wir erwarten von den Landesministerinnen und -ministern, dass sie sich bei der Bundesregierung und in ihren jeweiligen Ländern dafür einsetzen, dass Bund und Länder verantwortlich zusammenarbeiten und die Instabilität des Kita-Systems endlich zur Chefsache machen“, betont Christine Behle, stellvertretende Verdi-Vorsitzende.

Dies ist der Forderungskatalog der Beschäftigten:

Entlastende Sofortmaßnahmen – Professionelle Kräfte für Küche, Hausarbeit, Hausmeisterdienste und Verwaltung würden die pädagogischen Fachkräfte von nicht pädagogischer Arbeit entlasten und so helfen, dass sie sich auf ihre Arbeit mit den Kindern konzentrieren können. Stabilisierung des bestehenden Kita-Systems: die Verbesserung der Personalschlüssel für Fach- und Leitungskräfte würde wesentlich zu einer Stabilisierung beitragen und ermöglichen, dass die Beschäftigten ihrem Bildungs- und Erziehungsauftrag nachkommen können.  Stopp des Abbaus der Qualitätsstandards: Vergrößerung der Gruppen und die Beschäftigung von unqualifiziertem Personal bedeuten ein Risiko für das Wohl der Kinder und ihrer Bildungsprozesse. Sie werden zu einer Belastung für die Fachkräfte und befördern, dass diese sich andere Arbeitsfelder suchen. Veranstaltung eines bundesweiten Kita-Gipfels: Die Kita-Misere muss zur Chefsache werden. Bund und Länder sind gleichermaßen in der Pflicht, Abhilfe zu schaffen, einen Maßnahmenkatalog für die Stabilisierung und den Ausbau des Systems zu entwickeln und die Verantwortung für dessen Realisierung zu übernehmen.Beteiligung des Bundes: Der Bund profitiert maßgeblich von den Steuereinnahmen durch die Beschäftigung der Eltern. Er ist in der Pflicht, sich dauerhaft und in einem relevanten Umfang an der Finanzierung und der fachlichen Weiterentwicklung des Systems Kita genauso wie an der sozialpädagogischen Ausbildung zu beteiligen. Wir erwarten – wie im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbart – die Fortführung der Qualitätsentwicklung im Rahmen eines Qualitätsentwicklungsgesetzes und die Verstetigung der Mittel. Stufenplan zum Ausbau der Erzieher/innen-Ausbildung: Die Stabilisierung des Systems und der geplante Ausbau der Kitas funktionieren nicht ohne den Stufenplan zum Aufbau des nötigen Fachpersonals. Beides muss miteinander synchronisiert werden. Dafür werden abgestimmte Pläne und die Zusammenarbeit von Bund und Ländern benötigt. Geplanter und abgestimmter Kita-Ausbau: Der Ausbau des Kita-Systems zur Erfüllung der Bedarfe und Rechtsansprüche der Eltern ist durch den Bund und die Länder planvoll zu steuern, dabei ist der Aufbau des Fachpersonals so zu berücksichtigen, dass der quantitative und qualitative Bedarf der Kitas gedeckt werden kann.

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