Von der Ballett-Bühne in den Foodtruck: Hamburgs coolste Gastro-Quereinsteiger

Von der Ballett-Bühne in den Foodtruck: Hamburgs coolste Gastro-Quereinsteiger

Nochmal alles auf Anfang: Dario Franconi war Ballett-Tänzer in der Compagnie von John Neumeier. Markus Deibler brach als Profi-Schwimmer sogar einen Weltrekord. Doch sie gaben all das auf – und starteten in der Gastronomie neu durch. Wovon sie heute leben, wie sie den Neuanfang geschafft haben und ob sie ihre Entscheidung bereuen – die MOPO hat mit den beiden gesprochen.

Dario Franconi: Von der Ballett-Bühne in den Foodtruck

Es ist der Traum vieler Ballett-Tänzer: Dario Franconi (47) und seine Frau Carolina Agüero (48) tanzten 13 Jahre lang als Solisten in John Neumeiers Compagnie. Von „Die Kameliendame“ bis „Die Möwe“ – in allen großen Stücken standen sie auf der Bühne der Hamburger Staatsoper. Doch für Dario Franconi kam 2019 das Aus: „Ich war 42 und habe mich für das Tanzen zu alt gefühlt“, sagt er. Ein Bandscheibenvorfall machte ihm zu schaffen. Und dann kam auch noch Corona: „Während des Lockdowns konnten wir Tänzer nicht auftreten, es gab keine Vorstellungen. Und mir war klar, dass ich etwas anderes machen will.“

2008: Dario Franconi (vorne links) und Carolina Agüero (vorne rechts) im Ballett „La Sylphide“ an der Hamburger Staatsoper
Jens Ressing dpa/lno

2008: Dario Franconi (vorne links) und Carolina Agüero (vorne rechts) im Ballett „La Sylphide“ an der Hamburger Staatsoper

Eine Kollegin brachte ihn schließlich auf die Gastronomie-Idee: „Sie war bei mir zum Essen eingeladen und es gab Empanadas. Ich komme aus Córdoba in Argentinien. Schon meine Oma und meine Mutter haben sie sonntags oft gemacht. Und die Kollegin sagte: ,So gute Empanadas kannst du in Hamburg nicht kaufen!’“ Dario Franconi besorgte sich daraufhin kurzerhand einen Foodtruck und optimierte das Familienrezept. „Das Ganze war eine große Challenge. Ich hatte keinerlei Erfahrungen in der Gastronomie. Aber eines habe ich beim Ballett definitiv gelernt – Disziplin!“

Argentinische Teigtaschen: Die Empanadas gibt es bei Dario Franconi mit 15 verschiedenen Füllungen.
Florian Quandt

Argentinische Teigtaschen: Die Empanadas gibt es bei Dario Franconi mit 15 verschiedenen Füllungen.

Seit vier Jahren verkauft Franconi seine gefüllten Teigtaschen auf Wochenmärkten – auf dem Isemarkt (Harvestehude) und auf dem Markt am Goldbekufer (Winterhude). Seine Frau ist mittlerweile auch fest dabei. „Wir machen alles selbst, möglichst traditionell und mit Liebe“, so Franconi. Seine Empanadas gibt es mit 15 Füllungen – zum Beispiel mit Huhn oder mit Mozzarella und Tomate. Die vegane Variante ist mit Mais, Paprika, Zwiebeln und einer Béchamelsoße aus Erbsenmilch gefüllt.

Das könnte Sie auch interessieren: Gastronomin muss umbauen – weil die Hamburger eine Sache extrem stört

Das Geschäft läuft gut: „Kunden kommen extra aus Poppenbüttel oder Rissen zu uns auf den Isemarkt.“ Auch einen festen Laden kann Dario Franconi sich in Zukunft gut vorstellen. Ob er das Tanzen vermisst? „Ab und zu schon!“, sagt er. „Aber wir gehen oft als Zuschauer ins Ballett, sitzen dann da und genießen einfach.“

Markus Deibler: Vom Schwimm-Weltmeister zum Eiskönig

Alles klang nach einer Traumkarriere als Schwimmer: 2012 schwamm Markus Deibler auf Platz 8 bei den Olympischen Spielen in London. Zwei Jahre später sicherte sich der Hamburger sogar einen Weltmeistertitel inklusive neuem Weltrekord. Doch dann traf der damals 24-Jährige eine Entscheidung, mit der wohl kaum jemand rechnete: Nur neun Tage später schmiss er hin – und beendete seine Karriere als Leistungssportler.

2014 in Doha: Markus Deibler wurde Weltmeister über 100 Meter Lagen – und stellte mit 50,66 Sekunden einen neuen Weltrekord auf.
Imago

2014 in Doha: Markus Deibler wurde Weltmeister über 100 Meter Lagen – und stellte mit 50,66 Sekunden einen neuen Weltrekord auf.

„Zehn Mal die Woche schwimmen, fünf Mal die Woche Kraft- oder Lauftraining, dazu Mentaltraining, Physiotherapie und immer auf die Ernährung achten – mein ganzes Leben war auf den Profisport ausgerichtet“, erzählt Markus Deibler der MOPO. „Das Ganze hat mir einfach keine Freude mehr gemacht.“

Dafür packte ihn etwas ganz anderes: Das Eis-Business. Schon parallel zur Schwimmkarriere hatte er mit seiner guten Freundin Luisa Mentele 2013 eine Eisdiele auf St. Pauli eröffnet. „Luisa kam von einem Auslandssemester in Bologna wieder und schwärmte vom italienischen Eis“, so Deibler. Die Idee der beiden: „Wir haben angefangen, ungewöhnliche Eissorten herzustellen wie Franzbrötchen, Kokos-Maracuja, gebrannte Mandel oder Karamell-Salz. Und wir legen Wert darauf, dass das Eis natürlich ist, ohne Farbstoffe und Aromen. Der Geschmack kommt nur aus den reinen Zutaten.“

Das könnte Sie auch interessieren: Für dieses Eis stehen die Hamburger Schlange

Was für ihn zuerst nur nebenbei lief, wurde nach dem Ende seiner Sportkarriere zu seinem Hauptberuf. „Anfangs haben wir in Luisas Küche einfach viel rumexperimentiert, haben aber auch Kurse belegt, unter anderem an einer ,Eis-Uni’ in Italien“, so Deibler. Der große Durchbruch gelang 2017, als sie in der VOX-Show „Die Höhle der Löwen“ ihr Konzept vorstellten – und den Unternehmer Frank Thelen als Investor gewannen. Über Nacht wurde „Luicella’s Ice Cream“ in ganz Deutschland bekannt.

Bald eröffnet der zweifache Vater seine elfte Filiale in Hamburg, auf 120 Quadratmetern in der HafenCity. Mittlerweile führt er das Unternehmen allein. „Wir haben bisher mehr als 1000 Eissorten produziert“, sagt er. Sogar Spargel- und Oliven-Eis waren dabei: „Diese Sorten haben die Kunden zwar gern auf einem Probierlöffel getestet, gekauft hat sie aber kaum jemand“, sagt Deibler und lacht. Einen siebenstelligen Umsatz bringt „Luicella’s“ pro Jahr, mehr als 200 Mitarbeiter sind in den Sommermonaten beschäftigt.

Ob er es jemals bereut hat, das Schwimmen aufzugeben? „Nein!“, sagt Markus Deibler. „Es macht so viel Spaß, ,Luicella’s’ wachsen zu sehen.“

Von der Ballett-Bühne in den Foodtruck: Hamburgs coolste Gastro-Quereinsteiger wurde gefunden bei mopo.de

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *